Читать книгу Infiziert - Teri Terry - Страница 18
ОглавлениеSHETLAND INSTITUTE, SCHOTTLAND
Time Zero: 22 Stunden
Ich folge dem Wissenschaftler durch einen Gang und durch noch einen weiteren. Wir gelangen zu einer dieser Doppelsicherheitstüren. Mit einem Ausweis öffnet er sie. Ich bin ihm wieder dicht auf den Fersen.
Vor der nächsten Tür bleibt er stehen und hält sein Auge außen an ein Gerät. Die Tür gleitet auf. Und erst als sie sich hinter uns schließt, wird mir klar, dass wir uns in einem Fahrstuhl befinden.
Ich hasse Fahrstühle. Überhaupt hasse ich es, eingepfercht zu sein, doch Fahrstühle sind am schlimmsten. Zitternd rolle ich mich in einer Ecke zusammen, aber es ist nicht der Fahrstuhl allein. Dieser ganze Ort, die langen Flure, Labore, nirgends gibt es Fenster. Nirgends. Ich will hier raus! Endlich mal die Sonne, den Himmel sehen, ein paar Bäume, selbst ein halb vertrockneter Park in einer grauen Großstadt wäre mir recht.
Wir sind eine ganze Weile in dem Fahrstuhl. Fahren wir rauf oder runter? Ich spüre keine Bewegung und über der Tür werden auch keine Stockwerke angezeigt.
Endlich geht der Fahrstuhl auf. Der Wissenschaftler steigt aus, ich folge ihm wie ein Schatten durch einen merkwürdigen Tunnel aus Plastikplane. Erst tritt er unter einen Wasserstrahl, dann unter einen Nebelstrahl und anschließend durch einen Bereich mit seltsamen blauen Lichtern. Mir kommt es vor, als würden wir durch eine Autowaschanlage marschieren. Am Ende zieht er den Anzug aus, legt den Helm und den ganzen Krempel ab und steckt ihn in eine Klappe. Nun sieht er nicht mehr wie ein Alien aus, sondern eher wie ein griesgrämiger alter Mann in zerknautschtem Hemd und knittriger Hose.
Er streicht sich das Haar glatt und hält das Auge mal wieder vor ein Gerät bei der Tür. Als sie aufgeht, stehen wir in einem großen Raum. Auch wenn es keine Fenster gibt, ist der Saal zumindest geräumig, und meine Panik legt sich. Die Menschen hier tragen keine Schutzanzüge, sondern normale Klamotten. Manche haben ziemlich ausgefallene Röcke und Anzüge an, andere laufen mit weißen Laborkitteln über der Kleidung rum und wieder andere mit Arbeiterkleidung und schweren Stiefeln. An der Wand hängen riesige Monitore, davor stehen Schreibtische mit Computern. Alle wirken aufgedreht, etwas liegt in der Luft.
»Da bist du ja. Ich dachte schon, du verpasst den ganzen Spaß hier unten«, sagt eine Ärztin im weißen Kittel zu dem Mann, mit dem ich gekommen bin.
»Ich wurde aufgehalten«, sagt er. »In der Kühlkammer gab es ein Problem mit der Temperatur. Habe ich es verpasst?«
»Nein. T minus zwei Minuten bis zur Strahlung«, sagt sie.
Allmählich kommen die Stimmen im Raum zur Ruhe. Eine große Digitaluhr über den Bildschirmen zählt die letzte Minute herunter. Es herrscht Stille.
3 … 2 … 1 …
Alle scheinen die Luft anzuhalten, während sie auf den großen Bildschirm in der Mitte starren.
Ein schwaches Piepen ertönt und auf dem Monitor leuchtet ein grelles Licht auf.
Allgemeiner Jubel. Die Leute unterhalten sich aufgeregt, schütteln sich die Hände. Offenbar gratulieren sie sich gegenseitig. Ich schnappe Bruchstücke der Unterhaltung auf: Noch ein Erfolg … Immer eine spannende Sache … Wir haben es wieder geschafft …
Und das für so ein bisschen Leuchten am Bildschirm?
Aber es gibt auch besorgte Gesichter. Etwas abseits starren Leute auf andere Monitore und eine hitzige Diskussion entbrennt. Ich schwebe rüber, um zu lauschen.
»Siehst du? Alles okay. Besteht kein Grund zum Runterfahren. Fünf Durchgänge sind noch drin, bevor …«
»Verzögert die Kollision. Überprüft mal Sektor 24.«
»Nicht nötig. Die Messungen zeigen …«
»Mach einfach.«
Von den Leuten in Arbeitskleidung verlassen einige den Raum. Neugierig schlüpfe ich hinter ihnen her.
Die Arbeiter laufen einen endlosen Flur entlang, fluchen leise vor sich hin. Offenbar sind sie nicht froh über den Job, den man ihnen zugeteilt hat. Im Boden sind Luken. Die Männer laufen immer weiter, bis sie endlich vor einer stehen bleiben.
Ein Arbeiter bückt sich und öffnet die Luke. »So was sollte man während der Strahlung nicht machen«, murmelt er. Der andere Arbeiter hat die Augen weit aufgerissen. Sie steigen in die Luke und klettern über eine Leiter hinunter, tiefer und immer tiefer. Ich schwebe an ihnen vorbei.
Am Ende des Schachts folgt ein gebogener, sehr breiter Tunnel. In diesem steckt eine gigantische Apparatur, die sich durch den Tunnel windet wie ein riesiger metallischer Erdwurm – ein rundes Ding mit allen möglichen technischen Geräten an der Unterseite.
Mich interessiert dieser Wurm und ich hänge mich obendrauf, lausche. Summt es im Inneren? Das hat was mit mir zu tun. Was genau, weiß ich aber nicht.
Die beiden Männer machen sich an den Maschinen unter der riesigen Röhre zu schaffen. Ich lasse sie hinter mir und fliege über den Wurm, so weit und so schnell ich kann. Über mir endlos viele Luken, wie die, durch die wir gekommen sind. Hin und wieder stoße ich auf große Räume mit noch mehr seltsam anmutendem Wissenschaftskrempel und Menschen, vielen Menschen. Ich sehe mich um. Als ich gerade an einem dieser Räume vorbei bin, dringt eine Stimme an mein Ohr.
Eine besonders schrille Frauenstimme. Die kenne ich. Ich halte inne und horche.
Das ist Dr. 6, die meinen Rollstuhl zur Heilung geschoben hat. Ich habe sie noch nie richtig gesehen, nur im Schutzanzug. Irgendwie merkwürdig, wenn die Person dann ganz normal vor einem steht. Dr. 6 läuft auf eine Tür zu, hinter ihr ein paar weitere Leute. Auch wenn mich der Wurm fasziniert, muss ich ihr irgendwie folgen. Hinter der Tür halten sie an, ziehen ihre Schutzanzüge über. Und schon verschwinden die Menschen hinter Visieren und Plastik.
Dann geht es wieder durch eine Menge Sicherheitstüren. Mir wird mulmig zumute. Wäre ich doch bloß im Tunnel geblieben und hätte dem Summen des Metallwurms gelauscht.
Ich mag nicht, wohin wir gehen. Doch die Ärzte laufen unbeirrt weiter. Natürlich könnte ich zurückbleiben, aber dann stecke ich nachher in diesem schmalen Gang fest.
Mein Grauen wächst.