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DER VAMPIR-SERIENMÖRDER

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Limonade. Aha. Snyder zog es alles zusammen, zumindest alles im Mund und drumherum. „Umpf.“

Sie spitzte die Lippen.

„Birklich blecker.“

Eine gustatorische Begegnung der dritten Art. Rahil reichte mit Grandezza gelb fluoreszierende Limonade. Die einem den Arsch wegätzt, dachte Snyder.

Es war noch nicht Zeit auszugehen, also hockten sie in Rahils Appartement auf dem Boden.

„Freut mich, dass es dir schmeckt“, sagte Rahil. „Ich könnte es hektoliterweise trinken. So lecker.“

„Birklich?“

Rahil schickte sich an nachzuschenken.

Snyder japste: „Banke. Banke. - Basser, bitte.“

Rahil stand auf und ging zum Food-Automaten, um Snyders Wasser zu holen.

„Kann ich dich etwas fragen?“

Sie reichte Snyder das Glas.

„Berne“.

Snyder stürzte das Wasser herunter.

„Bas…?“ Sie schüttelte sich. „Was - Was willst du mich fragen?“

„Es geht um …“

Rahil zögerte.

„Nessie?“

„Nessie?“

„Nestor.“

„Ja.“

„Also. Es gibt eine Sache, die du wissen musst, um zu verstehen, wer er ist und was für eine bedeutende Rolle er spielt. Also.“

Rahil faltete die Hände in ihrem Schoß und schenkte Snyder all ihre Aufmerksamkeit. „Also?“

Also begann Snyder Rahil die Geschichte von Nestors legendärem Fall zu erzählen.

Der Schock saß tief. Ein Schock, der lähmte, der sich tief eingrub, in die Gemüter der Wenigen, die die Leichen sahen aus beruflichen Gründen. So etwas hatte noch nie zuvor ein Vampir einem anderen angetan.

Sie fanden das dritte Opfer zwei Tage nach dem Juli-Halbmond. Dieselbe Handschrift wie zuvor, von unvorstellbarer Grausamkeit. Drei Tote. Serial Killer, Nestor war der erste, der es laut auszusprechen wagte. Gerüchte sickerten durch. Es wurde nun immer schwieriger die Morde vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Nestor sah auf den Schatten den der Pflock warf, ein Schatten wie von einer Sonnenuhr, die anzeigte, dass jemandes Zeit nun endgültig abgelaufen war.

Der Serienkiller tötete die Opfer wie früher die Menschen mit einem Holzpflock, den er Zentimeter um Zentimeter, langsam - unendlich langsam - in ihre Herzen trieb. Er musste ihnen dabei tief in die Augen gesehen haben und er musste dort irgendetwas gefunden haben, was ihn mit tiefer Befriedigung erfüllte, was ihm zu einer Art Lebenselixier geworden sein musste. Die vorangehenden Folterungen machten sich eher wie ein Präludium aus zu diesem letzten, großen Moment voll Schmerz und Endgültigkeit.

Doch die Morde hatten eine perfide Steigerung durchlaufen. Der Killer lernte dazu von Mord zu Mord, er begann mit leichteren Qualen, er setzte seine Opfer auf Blutentzug, er ließ sich Zeit, dann folterte er sie mit Dosen von Sonnenlicht, die er weiter und weiter steigerte, bis sie Verbrennungen dritten Grades hervorriefen. Er musste über ein abgeschottetes, einsam gelegenes Refugium verfügen. Als Vorspiel des terminalen Aktes, ätzte er seinen Opfern ein Kreuz in die Brust. Er zog sie hoch, schleppte sie durch den Raum herüber und platzierte sie vor einem mannshohen Spiegel, so dass sie das Kreuz sehen konnten, das auf ihrer Brust brannte, und Nestor wusste, er ließ sich viel, viel Zeit, weidete sich an ihrer Qual, bevor er den Holzpflock hervorholte und sie im Spiegel ihren eigenen, qualvollen Tod miterleben ließ in einer erbarmungslosen Zeitlupe.

Er würde nie aufhören zu morden, wenn sie ihn nicht schnappten. Es hielt ihn am Leben, es musste das Einzige sein, was ihn noch am Leben hielt. Nestor suchte einen, der im Tod lebte und in seinem Morden nur den eigenen Tod vorwegnahm - oder den eines geliebten Menschen nachvollzog.

Das Foltern entsprang, so sah es Nestor, weniger einer sadistischen Veranlagung, es musste eher so etwas wie eine Prüfung darstellen, etwas, das diesem Existieren noch einen Wert verlieh, das dem Leben einen Wert verlieh und dem Tod einen noch immenseren Schrecken abrang.

Der Fall des serienmordenden Vampirs war einzigartig, der erste seiner Sorte in der Geschichte. Kein Vampir konnte denken, was dieser Vampir dachte, keiner konnte empfinden, was dieser Vampir empfand. Die Störung, die Krankheit, die ihn befallen haben musste wie ein verzerrender Virus, war nicht fassbar für die Vampire, sie war unerklärlich, mit ihren Maßstäben nicht verrechenbar. Ein Vampir, der andere Vampire abmetzelte? Ein Vampir-Serienkiller. Unvorstellbar. Undenkbar. Der Fall verlangte nach einer besonderen Vorgehensweise.

Nach dem dritten Mord kamen General Vlad und die Wissenschaftler unabhängig voneinander zu einem ungewöhnlichen Gedanken, der dem „ungewöhnlichen“ Verhalten ein ebensolches nicht-menschliches, nicht-vampirisches, doch von beidem durchdrungenes Verhalten und Denken und Empfinden entgegen setzen sollte.

Sie waren sich vom ersten Moment des Experimentes Nestor darüber im Klaren, dass sie keine Maschine erschaffen hatten, dass sie mit ihm etwas in der Hand hielten, was zu Besonderem bestimmt war…

Er würde freie Hand bekommen. Er würde den Fall lösen.

Und er hatte freie Hand bekommen. Und er löste den Fall. Nicht nach dem dritten nicht nach dem sechsten Mord, drei weitere würden noch folgen müssen, bevor er den Täter zur Strecke brachte, aber er brachte ihn zur Strecke.

Wie?

Nun, indem er dachte und empfand und handelte wie ein Vampir und wie ein Mensch. Und wie eine bio-synthetische Maschine. Und Nestor, die menschlich-vampirisch-bio-synthetische Maschine, die keine Maschine war sondern ein Organismus, begann zu pulsen. Er musste Monate pulsen, um sich Stück für Stück in den Täter hineinzuversetzen, zu riechen, was er roch, zu schmecken, was er schmeckte, zu denken, was er dachte und zu jubilieren, wie er jubilierte. Er fühlte das Herz des Anderen schwer pochen, schlagen gegen die Hülle seiner Existenz, wenn er es tat, wenn er sie folterte, verätzte, den Pflock Stück für Stück in sie hineintrieb. Sein Herz pumpte und pumpte, die Ewigkeit pochte unerträglich qualvoll in seinem Innersten. Das Sein hämmerte gegen seine Schläfen, hämmerte dagegen, bis es zerbarst. Der Mörder starb als sei es seine Erlösung. Und das war es auch.

Nestor hatte den Fall gelöst. Man entschied, die Öffentlichkeit nicht durch einen Prozess zu verwirren.

Es war die Zeit vor der Entwicklung der Triple-Terminierungswaffen. General Vlad nickte militärisch abgehackt, wandte den Blick zur Seite. Mit einer Träne im linken Auge. Nestor, Vlad und der Zodiak hoben ihre Waffen, zielten. Vlad atmete schwer, er gab das Kommando, seine Stimme war nur mehr ein Flüstern. Sie drückten ab. Vlad sah nicht hin, als er den Abzug drückte.

Vampire Blues 2

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