Читать книгу Vampire Blues 3 - Thomas Barkhausen - Страница 15
ERSTE MONDFRAU
ОглавлениеEs war ein hübscher, gemeiner, kleiner Motherfucker geworden, dachte sie und klopfte sich insgeheim auf die eigene Schulter. Snyder hatte ihren Trojaner in Dymasts System eingeschleust. Der kleine Ficker würde nichts zerstören, er blockierte die Sicherheitseinstellungen und simulierte gleichzeitig, dass sie intakt seien, tarnte sich als Baustein innerhalb des Sicherheitssystems. I love you, pretty bastard, dachte sie.
Sie kaute auf irgendetwas, das laut Packung nach Kirsche schmecken sollte, was es aber nicht tat.
Snyder hatte eine unverdächtige Verbindung der Kommunikation nach außen unterminiert und so Zugriff auf Dymasts UltraCom und die Server, über die die Kommunikation lief. Sie hatte ein wenig an den Passwörtern zu knacken, Teile waren in Diné bizaad verschlüsselt. Ne alte Idee aus dem 2. Weltkrieg des letzten Jahrhunderts. Dumme Idee! Nicht sonderlich originell.
Snyder erinnerte sich an die Gerüchte über die illegalen Zodiak-Kämpfe. Arana lehnte sie offiziell ab, aber man tuschelte... Sie gab ihren Kämpfern Namen, Namen in den Sprachen der amerikanischen Ureinwohner. Snyders Augen glitten über das Dictionary der Diné bizaad, jenes südwestlichen Stammes, den die amerikanischen Kolonialisten Navajo nannten.
Der Code lautete in Diné: „Tłéhonaa’é - Asdzání - Łáá’íí“, übersetzt „Mond - Frau - Eins“, in Spiegelschrift geschrieben, letzteres ein ziemlich plumpes Manöver, wie Snyder leicht enttäuscht registrierte.
Sie spuckte das rote Irgendwas aus. Spuckte neben den Teller. Natürlich! Bist ne schlechte Spuckerin, Snyder!
„Erste Mondfrau“. Was hatte das zu bedeuten?
Code in Diné bizaad, Aranas Passion für die nordamerikanischen Ureinwohner. Hatte Arana die Passwörter kreiert in dieser fast vergessenen Sprache?
Sie stopfte sich ein Kaugummi in den Mund, sollte nach Cola schmecken, schmeckte nach Cola. Snyder nickte zufrieden.
Im Subkortex des Systems hatte sie eine Anzahl versteckter Dateien aufgespürt. Eine von ihnen trug einen Zahlencode, der aufgeschlüsselt alpha ergab. Das zweite Mal alpha. Die Datei war extrem gut gesichert und Snyder konnte sie nicht kopieren, ohne dass man ihre Spur würde zurückverfolgen können.
Ok, alpha, der erste Buchstabe, die erste Frau, die erste Mondfrau?
Sie hockte im Schneidersitz vor ihrem UltraCom, die Tastatur auf den Oberschenkeln. Sie war nicht direkt autorisiert, Dymasts CO einer näheren Betrachtung, wie sie es nannte, zu unterziehen. Was solls, dachte sie, mit Colageschmack im Mund.
Die Verbindungen zum Labor waren ungewöhnlich, die zu General Vlad nicht. Vlad musste den Vorsitzenden des Konventes und den Fünfer-Senat über alles von Bedeutung informieren. Die letzte Verbindung zu Vlad war jetzt sechs Stunden alt. Dymast war aber nicht mehr in der Lage, Nachrichten zu empfangen oder zu versenden, denn Dymast war tot. Nett! Jemand mit Zugang zum UltraCom von Dymast musste den Kontakt mit Vlad aufrechterhalten.
Die Codes in Navajo, Arana und ihr Faible für nordamerikanische Ureinwohner und der Kontakt zu General Vlad. Hing das alles zusammen?
Snyder klimperte gedankenverloren auf ihrer altmodischen Tastatur herum. Dann weckte etwas ihre Aufmerksamkeit.
„Na, ist da noch einer?“
Sie murmelte vor sich hin. Noch ein Verbindungsweg nach draußen.
„Ja. Da sind deine Spuren, Spion. Aber wo hast du dich versteckt?“
Ihre kleine Katzenzunge huschte hellwach über die Oberlippe.
„Wo bist du denn? Puttputtputt! Wo hast du dich denn versteckt? Mein Kleiner, wo bist du?“
Die Tastatur klackerte.
„Puttputtputt! Komm zu Mami! Komm, mein Kleiner!“
Rote Fingernägel, die klapperten.
„Komm, komm! Ja. Hierher, genau hierher. So ist es brav!“
Sie lockte ihn, sie wusste, was sie tat.
„Braver Junge! Da haben wir dich ja. Hallo, kleiner Freund.“
Acht Umleitungen über codierte Server, zwei wären schon viel gewesen.
Zur Sonderabteilung.
Was hatte Dymast mit der Sonderabteilung zu tun gehabt, das so geheim bleiben musste?
Wenn er auf den Stand der Dinge gebracht werden wollte, genügte eine Anfrage an Vlad auf einer ganz simplen, offiziellen Leitung, verschlüsselt natürlich, schließlich ging es um interne Angelegenheiten. Aber warum die direkte Anfrage an die Sonderabteilung unter der Geheim-Adresse der Sonderabteilung? Und dazu noch die Achterbahnfahrt über Server und Subserver, die Snyder keine Schwierigkeiten bereitete, aber dem Absender eine Menge Arbeit und auch Kenntnis abgefordert hatte. Wozu der Aufwand?
Die letzte Nachricht an die Sonderabteilung war vor drei Tagen versandt, die Inhalte automatisch gelöscht worden.
Snyder hackte sich in die Sub-Ebene. Was sie fand, war eine Liste, eine Liste mit Posten darauf, vielleicht auch Orten und Zeiten. Sie waren zuvor clever verschlüsselt und clever gelöscht worden. Nicht clever genug für Snyder.
Der Cola-Geschmack war raus, Snyder spuckte die Gummimasse in Richtung Teller. Daneben. Natürlich!
Fragmente des Gelöschten konnte sie retten. Das waren diese Listen. Sie klickte den Button für die Rekonstruktion mit dem mathematisch-semantischen Plausibilitäts-Programm. Sie würde es die halbe Nacht lang durchlaufen lassen müssen.
Snyder, rotes Genie, Baby, sei stolz auf dich! Dir guter, alter, unbemannter Daten-Archäologin entgeht nichts! Kein Zahn der Zeit ist dir gewachsen und erst recht kein Lösch-Programm.
Sie kaute auf der Unterlippe, sah auf die Gummiklumpen neben dem Teller. Was bedeuteten die Datenreihen in diesen Listen? Cola war eindeutig besser als Kirsche. Sie würde den Morgen abwarten müssen.