Читать книгу Vampire Blues 3 - Thomas Barkhausen - Страница 8

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Archill hielt den Kopf im Nacken und sah hinaus ins Nachtdunkel, die sonnenlicht-undurchlässigen Jalousien waren aufgezogen und gaben den Blick frei auf ein Nichts mit Sternen. Es schien als dächte er nach, er dachte aber nicht nach, vielmehr versuchte er einem schwer zu beschreibenden Etwas in sich nachzuspüren.

Dieser Anfall war arg gewesen. Er hatte nicht mehr die Kraft gehabt, etwas dagegen zu unternehmen. Es hatte ihn erwischt wie ein dumpfer Schlag in den Nacken. Es war auf dem Vorplatz der Ruine passiert. Er wollte gerade den Weg zum versteckten Friedhof einschlagen, da fiel es ihn an, wie noch nie zuvor. Er merkte nicht einmal mehr, dass er zu Boden ging. Er strauchelte, das wusste er noch, dann schoss ihm das schwarzweiße Flimmern vor die Augen und von da an wusste er nichts mehr. Er ertrank in dem tosenden Meer flimmernder Partikel, die alle Konturen fortnahmen, seinen Willen aufsogen in einem Strudel von Licht und Nichtlicht.

Irgendwann kam er wieder zu sich. Eine Hand strich über seine Schläfe, seine Wange, den Kopf gebettet in einen Schoß, lag er still mit geschlossenen Lidern. Seinen Körper spürte er kaum noch, nur die Finger, die über sein Gesicht glitten, behutsam, beschützend wie die einer Mutter. Irgendwer musste ihm das Mittel eingeflößt haben, das Granulat aufgelöst haben. Ja, in seinem Mund schmeckte er den Limes-Wodka und den süßlich-herben Geschmack des Granulats.

I miss you - I'm not gonna crack

Beugte sie sich zu ihm herab? Suchten ihre Lippen die seinen? Er wusste es nicht mehr. Es war einfach geschehen. Sie hatte ihn geküsst. Es lag keine Absicht dahinter, keine bewusste Entscheidung, die in dem, was sie tat, etwas bezweckte. Es war auch kein wie auch immer gearteter Versuch, um etwas über ihre Gefühlswelt herauszufinden, es gab keine Rechtfertigung dafür. Es war einfach passiert.

Archill erholte sich, sie half ihm auf, er folgte ihr. Sie nahmen sich bei der Hand. Zwei Schiffbrüchige auf einer Insel.

Und sie brauchten keine Titanketten. Und es war kein Kampf gewesen, wie Synder es beschrieben hatte. Es war - sie wusste nicht, was es war. Vielleicht eine Begegnung? Ja, vielleicht. Vielleicht war sie in ihm sich selber begegnet. Aber das war verrückt…

Er strich ihr struppiges Haar beiseite, um sie auf den Hals zu küssen, da stockte er. Unter dem struppigen, gelben Haaransatz im Nacken, war eine Art Strichcode eintätowiert. Vorsichtig tasteten seine Fingerkuppen die Linie der Tätowierung nach.

„Was ist das?“

Rahil drehte sich herum und sah ihn an.

„Das ist meine Modell-Nummer“, sagte sie.

„Das ist ein Strichcode.“

„Ja.“

„Damit wurden früher Waren und Gegenstände codiert.“

„Und?“

„Du bist kein Gegenstand.“

Rahil lächelte, sie strich mit dem Finger über seine Brust: „Nein, bin ich nicht.“

Archill nahm ihren Finger und küsste ihn.

„Weißt du mehr darüber?“

„Es ist meine Nummer. 129811821Z4Y3. Z4Y ist die Baureihe, ich bin Nummer 3 der Baureihe, Z4Y3, Nummer 1 und Nummer 2 gibt es nicht mehr.“

„Warum gibt es Nummer 1 und 2 nicht mehr?“

„Sie waren fehlerhaft, sagen sie.“

Archills Hand glitt an ihrer Hüfte herab zum muskulösen Oberschenkel. Er ließ die Hand dort ruhen, spürte ihre Wärme und die Härte der Muskeln.

„Was für Fehler waren das?“

„Ich weiß nicht.“

„Waren sie wie du?“

„Ja, fast.“

„Sie haben sie …“

Er sprach das Wort nicht aus.

Rahil nickte ernst.

„Untersuchen sie dich?“

„Ja, regelmäßig.“

„Worauf?“

„Emotionen. Sie wollen sie nicht ausufern lassen.“

„Sie wollen Gefühle kontrollieren?“

Rahil nickte.

„Das geht nicht.“

„Doch“, sagte sie.

Rahil grinste, sie beugte sich vor und biss ihn spielerisch in die Schulter. Sie hob den Kopf und bleckte die Zähne.

„Das ist der Vampir in mir. Vielleicht musst du mich in Titanketten legen.“

Sie biss ihn erneut an derselben Stelle, diesmal aber kräftiger. Archill zuckte, sah auf das gelbe Haar und die Tätowierung

„Deine Nummer, hat die eine Bedeutung?“

„129811821Z4Y3. - Rate!“

„Ein Geheimcode?“

„Wenn du so willst.“

„Soll ich dich ab jetzt 129811821Z4Y3 nennen?“

„Willst du das?“

Archill schüttelte den Kopf: „Ein Scherz.“

„Ein Scherz, aha.“

„Also was bedeutet die Nummer.“

„Es ist ein simpler Buchstaben-Code.“

„Dein Name?“

„Lies ihn rückwärts!“

„Lihar.“

„Und jetzt setzt die Zahlen ein.“

Archill zählte an den Finger das Alphabet ab.“ L ist 12, i ist 9, H ist 8, A ist 1, R ist 18. 12 - 9 - 8 - 1 - 18. - So kann man sich die Nummer gut merken. Rahil, Lihar. Und Z4Y ist die Baureihe.“

Er zögerte: „Wofür steht die 21?“

„Ich weiß es nicht.“

Sie war ihm gefolgt, auftragsgemäß. Bis hin zur Ruine. Sie wollte ihn schützen, sie wusste nicht, warum.

Er krampfte, dann fiel er. Sie hatte das mysteriöse Medikament in einer der Phiolen aufgelöst. Sie flößte es ihm ein und sie hatte ihn zu sich nach Hause gebracht. Sie wusste nicht, warum.

Sie hatte ihn geküsst, nicht er sie. Dann war es einfach geschehen. Danach lag er mit dem Kopf in ihrem Schoß, ihre Fingerkuppen spielten gedankenverloren mit seinem Ohr. Sie lauschte den Versen seines Lieblingsdichters nach, die er ihr gesagt hatte. Sie strich ihm durchs Haar, es war weich, seine Augen so blau - und fern.

Scheiße, dachte Rahil, was passiert hier? Scheiße, dachte Rahil, warum benutze ich Ausdrücke wie Snyder? Was, dachte Rahil, passiert hier? Scheiße, dachte Rahil. Sie strich durch sein Haar.

Vampire Blues 3

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