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EINBRUCH MIT FOLGEN

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Archill fläzte in einem der Empire-Sessel im Arbeitszimmer seines Vaters. Er war ein Stück weit zufrieden mit sich. Der Konvent hatte überraschend schnell und unkompliziert zugestimmt. Jetzt kam die offizielle Nachricht aus dem Mediencenter. Er klickte den Ton an und sah auf den UM. Das bekannte kantige Gesicht verlas die Meldung.

„Nachrichten aus dem Konvent. Heute hat überraschend der Sohn von Arras, Archill, einen Untersuchungsausschuss beantragt. Es dreht sich um die Sonderabteilung des Zentrallabors. Alle Daten sollen nun sichergestellt und durchgearbeitet werden. Der Konvent stimmte überraschend schnell zu. Man ist jetzt innerhalb der Fraktionen mit der Bildung des Ausschusses beschäftigt. - Viele Geheimnisse, Gerüchte, Vermutungen ranken sich um diese Sonderabteilung. Man weiß, dass sie sich unter anderem mit der Weiterentwicklung der Zodiaks beschäftigt und für die Herstellung und Optimierung von Blutsubstrat für unseren bedauernswerten kranken Mitbürger zuständig ist.

Birgt dieses so scharf gesicherte Sonderlabor aber noch andere Geheimnisse? Gibt es Verbindungen, wie man munkelt, zu einflussreichen Häusern unserer Gemeinschaft? Werden hier private Süppchen gekocht? Gibt es Unregelmäßigkeiten? Und warum wurde dem Konvent bisher nur in äußerst allgemein gehaltener Form Bericht über die Vorgänge in der Sonderabteilung erstattet?

Fragen, die nicht nur Archill beschäftigen. Seien wir gespannt auf die Ergebnisse der Arbeit des Untersuchungsausschusses. - Dies war Ihre Miranda di Cardinale aus der Medienzentrale. Haben Sie noch eine schöne - und vielleicht auch aufregende - Nacht!“

Als sie wieder im Off war, schüttelte sie sich innerlich. Das war keine gute Idee gewesen mit der Koketterie - „vielleicht auch aufregende Nacht“. Sie war eine ernst zu nehmende Journalistin. Was war nur in sie gefahren?

Archill ließ das Kantengesicht in sich nachwirken und deren Worte. Eine gute Nachricht. Eine andere hatte er heute noch bekommen. Er würde handeln. Archill nahm die Füße vom Tisch, er atmete tief durch.

Die botanischen Wächter, die drei Eichen links vom ihm, neigten neugierig ihre Häupter im Wind, als wollten sie den nächtlichen Besucher beschnuppern wie Hunde. Ein Zweig knackte unter den Kreppsohlen seiner Schuhe. Es hallte wie ein Schuss in seinen Ohren. Archill erstarrte, er sah sich um. Doch der verlassene Park hinter Dymasts Anwesen lag wie schlafend. Im Haus regte sich nichts.

Der Tipp war auf seinem MM eingegangen, anonym, vor drei Stunden. Die Nachricht enthielt ein Passwort und die Log-Daten zu einem versteckten Server, auf dem geheime Dateien abgelegt seien. Zugang könne man nur direkt über Dymasts CO erlangen. Unterzeichnet war mit: „Einer, der Arras ehrte und ehrt und einer, der den Frieden wahren will…“

Ein Mann von Ehre, der alles, was er unterzeichnete mit Tinte unterzeichnete.

Heute würde Dymasts Anwesen fast verwaist sein. Aramis war auf einer Party, den Dienstboten war freigegeben worden. Arana war ebenfalls nicht dort, wohin sie ging, wusste keiner, aber sie würde nicht hier sein. Gut! Nur ein Leibwächter würde in den hinter der Villa gelegenen Unterkünften die Überwachungskameras kontrollieren. Es war der ideale Zeitpunkt. Der ideale Zeitpunkt. Es konnte keinen besseren geben.

Archill zögerte nicht lange. Sein Vater war nicht schuldig, niemals. Er würde es finden, das entlastende Material. Er war sein Vater. Er war geflogen mit ihm, zu dem Ort mit dem Moos und seiner Mutter, die lag unter dem Moos und dem Stein.

Die Flügeltüren im ersten Stock, die auf die weitläufige Terrasse führten, würden angelehnt sein. Der Tipp war anonym. Er musste von jemandem sein, der Mitglied des Dymastschen Haushaltes war. Die Türen waren angelehnt, ein zusammengerolltes Handtuch zwischen ihnen, damit sie nicht zuschlugen oder klapperten.

Archill schwang sich hinauf, er gelangte über die Terrasse durch die Halle hinunter in Dymasts Arbeitszimmer. Es war ein Kinderspiel gewesen - und es ging als Kinderspiel weiter.

Archill tappte durch den Saal. Dymasts CO. Er musste den CO nicht booten, er stand auf Standby. Verdammt unvorsichtig. Oder verdammt sicher.

Archill fand mühelos den angegebenen Pfad. Die Informationen, die er bekommen hatte, waren präzise und detailliert. Archill loggte sich auf dem Server ein. Der Monitor warf eine kleine, helle, bläuliche Lichtinsel in den dunklen Raum und zeichnete die Konturen seines Gesichts mit scharfen Schattenfingern.

Archills Oberkörper bewegte sich sparsam und konzentriert. Drei Ordner lagen auf dem versteckten Server. Sie hießen Arras, Alpha und 129811821Z4Y3. Er schluckte. Er kannte diese Nummer. Er sah sie vor sich. Er wischte es fort wie eine Fliege. Archill ging systematisch vor, er öffnete als erstes den Ordner mit dem Namen seines Vaters.

Du bist des Todes, Dymast! Selbstverliebter Idiot! Er konnte es nicht glauben. Er rieb sich in einer hilflosen Geste die Augen, als wolle, als könne er das Gelesene von der Netzhaut wieder tilgen.

Dateien, die von Arras CO gehackt und auf Dymasts CO gebracht worden waren. Die Signaturen waren authentisch. Archill überprüfte sie. Kein Zweifel!

Aber es konnte nicht sein, was er hier las. Es durfte nicht sein. Nein. Klare, unmissverständliche Anweisungen, unterzeichnet von seinem Vater. Er beauftragte drei seiner Leibwächter Dymast zu terminieren. Es waren dieselben Leibwächter, die zu einer Mission nach Hongkong aufgebrochen waren, in derselben Nacht, in der Dymast ermordet worden war. - Sie kamen nie in Hongkong an.

Die Datei hatte keinen Kopierschutz, was ihn einen Moment lang verwunderte, Archill kopierte sie auf sein MM.

Er sah das Gesicht seines Vaters vor sich, entschlossen, keinen Widerspruch duldend, fast unbarmherzig, fast grausam, purer Machtwille in den Augen, die nun schmal waren, die Pupillen eng, dann wechselte der Ausdruck, die Augen wurden weiter, fast rund - gütig.

Archill schluckte, sein Hals schmerzte ihn. Er riss sich zusammen und öffnete den zweiten Ordner Alpha. Diese Dateien waren verschlüsselt, er konnte sie zwar mit dem Passwort öffnen, aber vor seinen Augen zeigten sich nur kryptische Zahlen- und Buchstabenkombinationen verbunden mit mathematischen Operatoren.

Jetzt zum Schluss klickte er den dritten Ordner an. 129811821Z4Y3, er kannte diese Zahlenfolge, seine Fingern zitterten leicht. Er öffnete die einzelnen Dateien, aber auch sie waren codiert. Er fand einen regen Nachrichtenaustausch zwischen Dymast und der Sonderabteilung des Labors, der erschöpfte sich aber in Andeutungen, die angehängten Dateien waren verschlüsselt. Archill fand nur heraus, dass es sich um ein Elite-Zodiaks-Programm drehte und dass es in irgendeiner Weise mit Alpha zusammenhing.

Archill kopierte die Seiten mit den kryptischen Zeichen und speicherte sie auf seinem MM. Er setzte den CO wieder auf Standby zurück. Der Monitor erlosch und Archill brauchte ein wenig Zeit, bis sich seine Augen wieder an das Dunkel um ihn herum gewöhnt hatten. Er stand auf, schlich zur Tür und legte die Hand auf die Klinke.

Er war gerade im Begriff die Klinke herunterzudrücken, da flog die Tür auf und warf ihn zurück in den Raum, seine Reflexe waren noch ganz gut in Schuss, obwohl er in letzter Zeit kaum trainiert hatte. Er rollte nach hinten ab und sprang auf die Füße. In diesem Moment zündeten sie die Blendgranate, drei Gestalten stürzten sich auf Archill, der blind um sich tappte. Sie warfen ihn zu Boden, einer drückte ihm sein Knie ins Kreuz. Während der Andere ihm Titan-Handschellen anlegte, hielt ihm der Dritte eine unscheinbare kleine Pistole gegen die Schläfe und flüsterte: „Ganz ruhig, mein Lieber! Du willst sicher nicht, dass dieses kleine Spielzeug hier losgeht, nicht wahr? Denn es ist kein Spielzeug.“

Später konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, dass sie auf ihn gewartet hatten.

Nestor brummelte etwas Undeutliches vor sich hin, von dem er selbst nicht wusste, was es war. Braunbärbrummeln. Zwei uniformierte Zodiaks hielten Archill zwischen sich untergehakt.

„Ihr könnt ihn loslassen!“, befahl Rahil. Ihr Tonfall war schärfer als nötig. „Wir brauchen euch jetzt nicht mehr.“

Die beiden Uniformierten postierten sich neben der Tür.

Nestors MM summte. Er drehte sich ab, mit dem Rücken zum Gefangenen, General Vlad sah ihn vom Display aus an.

„Was ist das nun wieder für eine Sauerei?“, grunzte er ungehalten.

Archill gab ihr mit den Augen ein Zeichen. Rahil trat näher. Archill bewegte kurz die Schultern und nickte mit dem Kopf zur Seite. Er sah auf Rahils Handgelenk. Sie verstand, klickte ihr MM auf Aufnahme, langte hinter Archills Rücken, wo seine Hände mit Handschellen gefesselt waren und betätigte an seinem MM „Play“.

Archill flüsterte: „Arthur.“

Die Daten wurden übertragen. Nestor sprach mit leiser Stimme in sein MM. Er nickte. Die beiden Zodiaks, die die Tür flankierten, sahen mit versteinerten Mienen in den Raum.

Nestor drehte sich um, er sah Archill an.

„Wir nehmen Sie jetzt mit in die Zentrale zum Verhör. Danach stehen Sie auf Anweisung von General Vlad unter Hausarrest. Wir werden Ihnen zwei Sonder-Zodiaks an die Seite stellen, die Ihren Hausarrest überwachen. - Ach, ehe ich es vergesse, Ihr Multimeter bitte!“

„Schau an, schau an!“, sagte Snyder.

Sie ließ den Blick über die kryptischen Zahlen- und Buchstabenreihen gleiten. Sie stammten aus zwei verschiedenen Dateien und Ordnern, oben in den Titelzeilen standen 129811821Z4Y3 und Alpha. Der erste Dateiname sagte ihr nichts, den zweiten kannte sie - aus Arras CO. Sie klickte den Ordner Arras auf, die Dateien ließen sich ohne Probleme öffnen, sie waren nicht verschlüsselt wie die anderen. Snyder ließ einen Pfiff zwischen mitternachtsroten Lippen los. Rahil und Nestor wandten sich um.

Nestor las sich die Nachricht durch.

„Wir müssen General Vlad informieren.“

Snyder brütete immer noch über den Zahlenreihen. Wer oder was steckte hinter Alpha? Was war die Verbindung zu der Alpha-Datei auf Arras CO? Und was bedeutete 129811821Z4Y3? Wieso waren beide mit der Sonderabteilung verbunden?

Nestor brummelte vor sich hin. Rahil war in ihr Appartement verschwunden.

„Sprichst du mit mir, alter Zodiak-Mann?“

Nestor schüttelte den Kopf, es war keine Antwort auf ihre Frage.

„Cui bono?“, murmelte er.

Snyder sah von ihrem Laptop auf und drehte sich um: „Was?“

„Wem nützt dies?“

Snyder wiederholte: „Was?“

„Ich denke nur so vor mich hin.“

„Ok, lass hören, Nessie.“

Snyder sah ihn aufmunternd an.

„Also. Archill sagt, dass er einen anonymen Tipp bekommen hat.“

„Ja.“

„Die Flügeltüren im ersten Stock waren nur angelehnt. Keiner zu Hause. Archill geht rein. Er findet im CO Informationen. Als er weg will, überwältigen ihn drei Leibwächter.“

„Und?“

„Das Ergebnis: Arras hat den Mord an Dymast befohlen. Die Mörder sind verschwunden.“

„Alles passt. Ist es das, was dich stört?“

„Cui bono?“, sagte Nestor.

Er langte in seine Jackett-Tasche, es war kein Schokoriegel mehr da. Es war nicht das Einzige, was er bedauerte.

Vampire Blues 3

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