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Hochzeitsvorbereitungen Palast von Colepa’Taru, in den frühen Abendstunden desselben Tages

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Nukulahi war aufgeregt wie nie zuvor in seinem Leben. Nachdem er und Tongaro sich getrennt hatten, hatte ihn die Hektik der Festvorbereitungen schnell eingeholt. Wohin er sich auch wandte, traf er auf emsig arbeitende Diener, die damit beschäftigt waren, den alten Königssitz in seiner ganzen Pracht erstrahlen zu lassen. Und wo immer er auch auftauchte, verneigten sich die Palastbewohner in tiefer Ergebenheit vor ihm.

Er fühlte, daß die Freude der Diener echt war und sie ihm seinen Festtag von Herzen gönnten. Türschnitzer und Tuchweber, Rüstgießer und Silberschmiede, Vergolder und Perlensticker, Käferbäcker und Blumenbinder – Nukulahi gab es irgendwann auf, die Heerschar an Bediensteten zu zählen, die in diesen Tagen die Flure und Gänge des Palasts bevölkerten. Er war sich längst sicher, daß es keinen fähigen Handwerker in ganz Colepa’Taru mehr gab, der nicht zum Dienst in den Palast einbestellt worden war. Viele der Diener waren eigens dazu eingeteilt, die Solare, die bereits eingetroffen waren, mitsamt ihrem Gefolge zu beköstigen. Die einzigen, die eine gewisse Ruhe in das aufgeregte Treiben brachten, waren die Palastwachen in ihren blinkenden Kriegsschürzen. Ihre nackten Oberkörper waren mit duftendem Öl eingerieben, und mit ihren prachtvoll schimmernden Prunkschildern und Speeren glänzten sie wie die Felsen an der Küste Nuku’atepes im Sonnenlicht. Und wie diese Felsen, so wollte es ihm scheinen, hielten sie dem Auf und Ab der Brandung um sie herum gelassen stand.

Nur wenig später hatte ihn seine Mutter, Königin Hai’pale, in der Perlschnurbibliothek des Palasts aufgespürt, kaum daß er den Hofbarbier mit einem unaufschiebbaren Besuch beim Schärpenknüpfer, diesen mit einer Anprobe beim Sandalenmacher und jenen wiederum mit dem Barbier vertröstet hatte.

Die Königin war in ein schulterfreies, purpurnes Wickelkleid gehüllt. Ihr hochgestecktes Haar wurde von einem schlichten goldenen Kamm gehalten. Passend dazu trug sie einen Gürtel, bestehend aus goldgefaßten Gemmen, die allesamt die Gestalt von Jovokäfern aufwiesen.

Selten nur hatte er seine Mutter so aufgeregt erlebt wie in den letzten Tagen. Ohne Unterlaß sprudelten aus ihrem Munde Ermahnungen und Anweisungen, wie er sich morgen zu verhalten habe und was man von ihm erwarte. Er kannte, wie er lächelnd feststellte, jede einzelne von ihnen; Mutter und Vater wiederholten sie bereits seit Wochen.

Im Grunde seines Herzens verstand er, wie seine Eltern fühlten, und es erfüllte ihn mit Freude zu sehen, wie sie mit ihm fieberten. Immerhin galt es, das Fest der Feste auszurichten, und immerhin standen für ihren einzigen Nachkommen die beiden bedeutendsten Ereignisse seines Daseins an. Und beide sollten an einem einzigen Tag geschehen.

Hai’pale auf dem Fuße folgte ein ganzer Troß von Tuchwebern, Gürtlern, Färbern, Bilderstechern, Gelbgießern und anderen Bediensteten, die alle noch einmal Maß an ihm nehmen, seine Meinung zu diesem und jenem wissen oder sich einfach nur ins rechte Licht setzen wollten. Währenddessen besprach seine Mutter mit ihm die Einzelheiten des Festmahls und ging mit ihm noch einmal alle Namen der dreiundvierzig Solare und ihrer wichtigsten Familienmitglieder durch.

Der Prinz lächelte innerlich, als ihm plötzlich gewahr wurde, daß seine Mutter nicht nur so aufgeregt, sondern auch so anhänglich wie selten zuvor war. Aber vielleicht ging dies allen Müttern so, wenn sie ihre Söhne mit einer anderen Frau teilen mußten.

Mit einemmal fiel die Hektik der vergangenen Tage von ihm ab und machte dem Gefühl einer tiefen Liebe und Verbundenheit Platz. Er betete zu Eomes, daß ihm genau wie seinen Eltern das Glück einer friedvollen Ehe beschieden sein werde. Vor allem nahm er sich fest vor, seine künftige Frau ebenso in Ehren zu halten, wie es sein Vater zeit seines Lebens mit seiner Gattin gehalten hatte.

Tuilaepe ... Es war der Name der ersten Menschenfrau, die durch ihre Liebe zu Eomes Vollkommenheit erreicht hatte. Es hieß, erst mit ihr habe die Schönheit Einzug in die Welt gehalten. Keine Frau kam ihr an Vollendung gleich. Eine der ältesten Legenden des Reichs der Tausend Inseln, die Sage von der Walbraut, schilderte, wie Eomes beim Anblick Tuilaepes verzückt zu singen anhob. Seinen Gesang aber hörte der ferne Weltenvater, und so sandte er den verdienstvollsten und stärksten seiner sterblichen Krieger aus: den König der Wale. Er war der einzige seines Gefolges, der stark genug war, das Weltenmeer von einem Ende bis zum anderen zu durchschwimmen. Als Eomes das Reich der Tausend Inseln verließ, tröstete der Krieger des Meeres sie in ihrem unstillbaren Schmerz. Über Jahr und Tag verliebten Tuilaepe und der Wal sich ineinander, und so feierten sie Hochzeit. Ihren Kindern aber war es von nun an und für alle Tage bestimmt, über das Inselreich zu gebieten. Eines Tages jedoch starb Tuilaepe, und der Walkönig weinte bitterlich um sie. So legte auch er sich in Eomes’ Inselreich zum Sterben nieder, und von diesem Tage an hielten es alle Wale des Welteismeeres wie er. So entstand der Nooga’Ka’ata, der heilige Friedhof der Wale.

Diese Geschichte kannte jedes Kind auf Coleopa. Konnte es also ein besseres Vorzeichen geben, als daß seine Braut den Namen ihrer aller Urmutter trug?

Nukulahi schreckte aus seinen Träumereien, als ihm seine Mutter eine lange Perlschnur überreichte. Der Schnur war zu entnehmen, daß als einziger Inselherrscher Fatafehi, der Solar von Jama’tape und bester Freund seines Vaters Halapua, abgesagt hatte. Er war von einen Fieber niedergeworfen worden, was ihm die lange Reise zur Königsinsel unmöglich machte.

Der Prinz bedauerte das Fernbleiben Fatafehis, da er den alten Solar sehr mochte. Noch viel mehr würde die Absage allerdings seinen Vater treffen. Bisher hatten die beiden nahezu jedes wichtige Ereignis in ihrem Leben gemeinsam bestritten. Nicht ohne Grund galt Fatafehi als Halapuas treuester Verbündeter im ganzen Inselreich. Daß auch seine Gemahlin und seine sieben Söhne die Reise nicht angetreten hatten, zeigte ihm, wie ernst es um den Freund seines Vaters bestellt war.

In den Augen seiner Mutter sah er, daß seine Eltern ähnliche Befürchtungen hegten. Sanft strich er seiner Mutter über die Wangen. »Ich bin mir sicher, daß es dennoch ein wundervolles Fest werden wird.«

Hai’pale lächelte ihm dankbar zu. »Natürlich, mein Sohn. Schau, was dir Fatafehi als Hochzeitsgeschenk hat senden lassen.«

Die Königin klatschte in die Hände, und ein Diener, der nur darauf gewartet hatte, kam dienstbeflissen aus einem Gang auf sie zugeeilt. In seinen Händen trug er zwei große silberne Käfige, in denen mehrere faustgroße Käfer mit himmelblau gesprenkelten Flügeldecken brummten.

»Bei Eomes«, Nukulahi sah seine Mutter überrascht an, »das sind Solajuvis. Gleich ein ganzes Dutzend!«

Die Käfer waren außerordentlich selten und ihr Wert mit Perlen und Gold kaum aufzuwiegen. Hinzu kam, daß sie ausschließlich auf Jama’tape und einer kleinen Nachbarinsel zu finden waren. Sie zu fangen war bei Androhung der Steinigung verboten, denn ihr Besitz stand ausschließlich den Solaren zu. Legte man sie auf einen heißen Stein, zirpten und pfiffen sie in ihrem langsamen Todeskampf in einer wundervollen Melodie, die kein Mensch nachzuahmen vermochte. Ihr Sterbegesang machte auf einzigartige Weise melancholisch; manchen Zuhörer rührte er gar zu Tränen, andere inspirierte er zu Großtaten. Es war kein Geheimnis, daß viele begabte Sänger der Inselwelt schon deswegen die Nähe der Solare suchten, um dadurch einmal in ihrem Leben dem Sterbegesang eines Solajuvis lauschen zu können.

»Sieh sie dir noch einmal gut an, Nukulahi.« Die Königin lächelte wehmütig. »Ich bin mir sicher, daß die meisten von ihnen ihr Todeslied gesungen haben, wenn sich die morgige Nacht dem Ende zuneigt.«

»Vielleicht sollten wir ein paar von ihnen für die Zeit nach dem Fest aufbewahren«, schlug Nukulahi vor und faßte nachdenklich an sein Ohrläppchen.

»Da wären unsere Gäste aber enttäuscht. Fatafehis Geschenk hat sich nämlich schon herumgesprochen.« Hai’pale schmunzelte und bedeutete dem Diener mit einem gebieterischen Wink, die Käfer zurückzutragen. Anschließend wurde ihre Aufmerksamkeit wieder von einem Schneider in Anspruch genommen. Nukulahi mußte noch immer an die Käfer denken. Konnte es etwas Entzückenderes auf dieser Welt geben als ihren Gesang?

Zumindest seinem Vater zufolge konnte es das. Der hatte ihn vor einer halben Woche zu einem Gespräch zwischen Vater und Sohn bestellt, bei dem er ihn, wie es die Tradition verlangte, knapp in die Pflichten und Freuden der Hochzeitsnacht eingeweiht hatte. Doch hatte Nukulahi bei alledem weit weniger erfahren als das, was ihm Jahre zuvor bereits Tongaro ausführlichst geschildert hatte.

Was ihm sein Freund allerdings vorenthalten hatte, war, daß die pure Vorfreude auf die Nacht mit einer Frau einen Mann des eigentlichen Höhepunkts dieses Zusammentreffens berauben konnte. Ebenso der übermäßige Genuß von Kokoswein und anderer berauschender Getränke. Sein Vater sprach vom Speer, der vor der Zeit stumpf wird, und daß er sich deswegen, gerade in seiner ersten Nacht, kühl und beherrscht ans Werk zu begeben hätte.

Vielleicht traten solche Probleme ja auch nur in seiner Familie auf? Er wagte es deswegen nicht, Tongaro auf diese merkwürdige Warnung hin anzusprechen, nach dessen Schilderungen die Nächte mit einer Frau eher der Einnahme einer gut gesicherten Festung glichen.

Bei Eomes, was stand ihm da bloß bevor? Ob seine Braut wohl ähnliche Sorgen plagten?

Was, wenn er morgen, wie schon bei dem Geschenk mit dem Federschnabel, erneut einen Fehler beginge? Würde ihn Tuilaepe dann jemals respektieren können? Sicher nicht. Und so kam es, daß sich seine Aufregung in immer weitere Höhen steigerte, je näher der Zeitpunkt rückte, zu dem er Tongaro im Hafen treffen sollte.

Einige Stunden und viele weise Ratschläge später befürchtete Nukulahi bereits, seine Mutter und all die Diener würden ihn bis weit nach Mitternacht in Atem halten. Im Geiste suchte er schon verzweifelt nach einer Möglichkeit, sich davonzuschleichen. Da beschloß die Königin viel früher als erwartet, er solle sich besser zu Bett begeben, um für den morgigen Tag Kräfte zu sammeln. Erst da erinnerte er sich daran, daß sie ja von dem heimlichen Ritual vor der Hochzeitsnacht wissen mußte. Doch bevor er sich ihr gegenüber dankbar erweisen konnte, war sie schon mitsamt ihrem Gefolge verschwunden. Das erste Mal seit seinem Aufenthalt im königlichen Bad kehrte wieder Ruhe ein.

Nukulahi rüstete sich nun auf seine Weise. Er wusch seine Hände und Füße und rieb sie dann mit einem Öl aus wilder Minze ein. Seine rotgoldene Kriegsschürze behielt er an, schmückte aber Hals-, Hand- und Fußgelenke mit ziselierten Goldreifen, die seine Prinzenwürde unterstrichen. Dann kämmte er sein schulterlanges Haar aus und setzte sich zur Probe den schlichten Goldreif mit dem Linken Auge des Eomes auf, wie der funkelnde Saphir genannt wurde, den der Sohn des göttlichen Fischers einst dem König von Coleopa zum Geschenk gemacht hatte. Es handelte sich bei diesem Edelstein um den zweitgrößten seiner Art; den größten, das Rechte Auge des Eomes, trug sein Vater, der König.

Der Prinz beugte sich über sein Spiegelbecken, neben dem Diener zuvor einige brennende Kerzen aus dem Wachs der Morolarven aufgestellt hatten. Der prüfende Blick auf sein schwaches Abbild, das sich in dem flachen Wasserbehälter aus dunklem Basalt abzeichnete, stellte ihn zufrieden. So konnte er Tuilaepe entgegentreten. Allerdings würde ihn in diesem Aufzug ein jeder in Colepa’Taru erkennen. Er griff daher nach einem bereitliegenden Körpertuch, wie es die Palastdiener in kühlen Nächten trugen. Dann klemmte er den Goldreif mit dem kostbaren Saphir neben die Scheide mit dem perlengeschmückten Langmesser, das ihm sein Vater bei seinem Mannwerdungsfest geschenkt hatte, und machte sich auf den Weg.

Die Flucht aus dem Palast glückte ihm leichter, als er erwartet hatte. Die Wachen vor seiner Tür waren ebenso verlegt worden wie jene auf dem ausladenden Balkon am Ende des folgenden Ganges, der in den Palastgarten führte. Von dort aus war es nur noch ein Zirjaksprung bis zum Orchideengarten mit der Palastmauer, die zu überwinden einem geübten Kletterer wie Nukulahi ein leichtes war.

In der Stadt, auf dem Weg zum Hafen, ging ihm wieder der Vorfall mit dem Federschnabel durch den Kopf. Sollte Tuilaepe die Schönheit des Vogels wirklich nicht zu würdigen wissen? Dieser Gedanke ärgerte ihn. Dabei wußte er selbst, daß jeden im Reich der Tausend Inseln die Angst plagte, Coleopa werde eines Tages erneut durch einen Angriff vom Rande der Welt bedroht werden. Aber waren die Federschnäbel nicht ebenso wie die heiligen Wale Schöpfungen des großen Fischers? Wie konnten sie dann Unglücksboten sein?

Nukulahi gingen wieder die Geschichten durch den Kopf, die man sich von den Invasoren erzählte. Als sie vor vier Generationen mit ihren Riesenkatamaranen über das Meer kamen, hielt man sie zunächst für das vorauseilende Gefolge des Gottessohns, dessen Rückkehr die Legenden von jeher ankündigten. Die Fremden erklärten, Eomes regiere als Herr der tausend zweihundert drei und zwanzig Kammern die Geschicke der Welt – was auch immer das zu bedeuten hatte. Heute war man der Ansicht, die Invasoren hätten gelogen. Doch damals erfüllte die Botschaft die Herzen der Coleopäer mit Hoffnung und verleitete sie zur Unvorsichtigkeit. Nur wenige Mitglieder der Hohen Familien wagten, offen am Wahrheitsgehalt dieser Geschichte zu zweifeln. Ihr Hinweis, keiner der Fremden beherrsche die heilige Himmelssprache, die der Gottessohn einst König und Solaren zum Geschenk gemacht habe, vermochte nur wenige zu überzeugen. Erst als die Schmaläugigen sogar die Mitglieder der Hohen Familien wie einfache Untergebene behandelten, gestanden sich auch die Gutgläubigsten ein, daß die Fremden Feinde waren – Feinde, die es allein auf die Reichtümer in Eomes’ göttlichem Inselgarten abgesehen hatten.

Immer zahlreicher kamen sie mit ihren Schiffen über das Meer gefahren, entehrten die Frauen des Archipels, ließen die Männer grausame Frondienste leisten und raubten mit falschen Versprechungen und Waffengewalt sämtliche Schätze, derer sie habhaft werden konnten. Ihre Krieger durchkämmten Insel für Insel und drangen immer tiefer in das Reich ein.

Als die Schmaläugigen aber das erste Mal von dem Nooga’Ka’ata hörten, forderten sie mit Waffengewalt, zu dieser allerheiligsten Stätte im Reich der Tausend Inseln geführt zu werden. Dann trieben sie Deiche in den heiligen Nooga’Ka’ata und begannen, das Wasser abzugraben.

Dies war der Zeitpunkt, an dem der damalige König Coleopas, Nukulahis Ururgroßvater, zum Widerstand gegen die Gelbhäutigen aufrief, die man so lange hatte im Archipel gewähren lassen.

Es entbrannte ein zehn Jahre andauernder Krieg, wie ihn das Inselreich zuvor nicht erlebt hatte. Tausende Coleopäer kamen durch die Strafaktionen der Fremden ums Leben, doch man begann von den Schmaläugigen zu lernen. Wo die Coleopäer an Kampfkraft unterlegen waren, hielten sie mit Mut und List dagegen. Dennoch, wäre es dem König und den freien Solaren nicht gelungen, nach den überlieferten Weissagungen des Gottessohnes das gefürchtete Eomesfeuer zu brauen, so hätten sie den Krieg gewiß verloren. Das Eomesfeuer war ein schreckliches Brandöl, das aus den Schätzen der Vulkane und der Erde hergestellt wurde; einmal entfacht, war es selbst mit Wasser nicht zu löschen. Erst als die haushohen Schiffe der Feinde eines nach dem anderen in Flammen aufgingen, gelang es den Vorfahren, die Schmaläugigen aus Coleopa zu vertreiben.

Die Herstellung des Eomesfeuers war bis heute selbst den Solaren verboten. Wer gegen dies Gesetz verstieß, mußte befürchten, bei lebendigem Leibe gehäutet zu werden. Doch selbst sein Vater vermochte nicht zu sagen, wie viele der Hohen Familien noch heimlich die heilige Rezeptur hüteten.

Seit jenen Tagen war nichts mehr wie zuvor. Ganz Coleopa einte die Angst, einst würden erneut Fremde von jenseits des Horizonts das Inselreich heimsuchen.

Als neuer Herrscher hatte Nukulahi auf diese Ängste Rücksicht zu nehmen. Vielleicht hatte Tongaro ja doch recht, und er ging zu leichtfertig mit alledem um? Immerhin war da auch noch die Sache mit dem neuen Stern. Vielleicht war der Himmelswanderer kein Glücksbringer, sondern eine Warnung? Hieß es nicht, daß am Rande der Welt mehr Feinde lebten, als es Käfer auf den Tausend Inseln gab? Und hieß es nicht auch, ihre Inseln seien so groß, daß man ein ganzes Leben lang in eine Richtung gehen könne, ohne auch nur einmal das Weltenmeer zu sehen?

Zumindest letzteres hielt Nukulahi für übertrieben. Er konnte sich keine Insel vorstellen, die so gewaltig war, daß man von ihren höchsten Bergen aus nicht zumindest am Horizont das Meer erkennen konnte.

Wie unglaublich fremd und erschreckend mußte dieser Rand der Welt sein! Und doch ... wie gern würde er ihn einmal in seinem Leben mit eigenen Augen sehen.

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