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Nach Inkrafttreten des IVG Erste Entscheide

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DurchschnittMit Inkrafttreten des IVG vom 19. Juni 1959 war der Begriff des ausgeglichenen Arbeitsmarktes zwar im Gesetz verankert, es fehlte jedoch (und fehlt auch noch heute) eine gesetzliche Definition. Das EVG stellte im Urteil Herensperger vom 4. Oktober 1960 klar, dass der für den Versicherten in Betracht fallende Arbeitsmarkt massgebend sei, verzichtete dabei aber auf eine allgemeine Umschreibung. Das EVG knüpfte ausdrücklich an seine frühere Rechtsprechung (u.a. Urteil Arfini) an und forderte nähere Abklärungen dazu, welchen «objektiven Durchschnittsverdienst» der Versicherte u.a. unter Berücksichtigung seiner Ausbildung «auf dem ihm offenstehenden Arbeitsmarkt» erzielen könnte:[33] «Ausschlaggebend ist der dem Zustand des Versicherten entsprechende objektive Durchschnittsverdienst, während der tatsächliche Verdienst möglicherweise nur vorübergehend ist».[34]

ArbeitsmarktIn einem Entscheid aus dem Jahr 1967 verwies das EVG ebenfalls auf das Urteil Arfini und führte aus, der mutmassliche Verdienst sei nach durchschnittlichen Verhältnissen – d.h. z.B. unabhängig von Betriebseinschränkungen einerseits und Hochkonjunktur andrerseits – zu ermitteln.[35] Abzustellen ist nach einem weiteren Entscheid aus dem Jahr 1974 auf «wirtschaftlich normale Zeiten».[36] Die Rechtsprechung definierte 1960 eine «ausgeglichene Arbeitsmarktlage» als ein Zustand, in dem sich das Angebot von und die Nachfrage nach Arbeitskräften ungefähr die Waage halten.[37] Dies erläuterte das EVG in BGE 96 V 31 wie folgt:

«Es ist noch zu prüfen, ob die festgestellte Verbesserung der Erwerbsfähigkeit es rechtfertigt, den anrechenbaren Invaliditätsgrad revisionsweise auf 30% herabzusetzen, mit andern Worten, ob dieser Ansatz der durch den erlittenen Schaden verursachten ‹durchschnittlichen Beeinträchtigung der Erwerbsmöglichkeiten auf dem für den Versicherten in Betracht fallenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt› (EVGE 1967, S. 23) entspricht (…) In konjunktureller Hinsicht sodann kommt es für die Belange der Invaliditätsschätzung auf ausgeglichene Arbeitsmarktverhältnisse an, d.h. auf eine Situation, in welcher das Angebot an Arbeitskräften und die Nachfrage nach solchen sich ungefähr die Waage halten. Wie weit der Beschwerdeführer in solcher Lage gegenüber unversehrten Industriearbeitern seiner Kategorie erwerblich deklassiert wäre, ist Ermessensfrage (…)»

Allgemeiner ArbeitsmarktIn einzelnen Fällen nahm die Rechtsprechung beim Einkommensvergleich zur Invaliditätsbemessung eine Herabsetzung des tatsächlich erzielten Invalideneinkommens vor, da dieses konjunkturbedingt zu hoch war (sog. Konjunkturlöhne).[38] Um missbräuchliche Rentenzahlungen zu verhindern, wurde auch auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt, wenn der Verdienst eine gewisse Stabilität erlangt hatte.[39] Oft sprach die Rechtsprechung auch nicht (nur) vom «ausgeglichenen Arbeitsmarkt», sondern vom «allgemeinen Arbeitsmarkt» oder vom «allgemeinen, ausgeglichenen Arbeitsmarkt».[40] Der Begriff des ausgeglichenen Arbeitsmarktes hatte sich in der Rechtsprechung noch nicht gefestigt. Der Begriff fand seine heutige Prägung erst in einer Zeit, als die Hochkonjunktur vorüber war und die Eingliederung von behinderten Personen erschwert wurde.

Grundprobleme der Invaliditätsbemessung in der Invalidenversicherung

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