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Von der Einführung des ATSG bis heute Schaffung des ATSG

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Vom IVG ins ATSGMit der Schaffung des ATSG wurde der Begriff des ausgeglichenen Arbeitsmarktes vom IVG ins ATSG überführt (Art. 7 und 16 ATSG).[99] Im Bericht des Ständerates vom 27. September 1990 betreffend die parlamentarischen Initiative zur Schaffung eines Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts wurde – in Anknüpfung an die vorbestehende Rechtslage – vorgeschlagen, den ausgeglichenen Arbeitsmarkt bei der Frage des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit zu berücksichtigen.[100]

Vorschlag des BundesratesDagegen gehörte das Merkmal des ausgeglichenen Arbeitsmarktes nach Auffassung des Bundesrates nicht in die Umschreibung der Erwerbsunfähigkeit. Der Bundesrat schlug deshalb vor, die Formulierung «auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt» durch «auf dem in Betracht kommenden Arbeitsmarkt» zu kürzen. Der «ausgeglichene Arbeitsmarkt» sei eher ein Abgrenzungskriterium für die Zuständigkeit zwischen einzelnen Sozialversicherungen, also zwischen der Invalidenversicherung und der Arbeitslosenversicherung. Der Hinweis sei in der Definition der Bestimmung des Invaliditätsgrades am Platz, nicht aber in Bereichen, wo es um kurzfristige Geldleistungen gehe.[101]

KommissionDie nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit prüfte diesen Vorschlag, folgte letztlich aber dem ursprünglichen Entwurf des Ständerates. In der Subkommission ATSG wurde die Bedeutung der «Ausgeglichenheit» des Arbeitsmarktes einlässlich erörtert.[102] Von Expertenseite wurde dargelegt, dass sich der Begriff des Arbeitsmarktes durch zwei Kriterien auszeichne: Der Arbeitsmarkt müsse für den Versicherten in Betracht kommen und ausgeglichen sein. Während das erste Kriterium in der Person des Versicherten angelegt sei, setze die Ausgeglichenheit ein gewisses Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage (keine Vollbeschäftigung, aber auch keine Arbeitslosigkeit) voraus. Der konjunkturell bedingte Arbeitsausfall werde durch die Arbeitslosenversicherung abgedeckt. Der Begriff der Erwerbsfähigkeit sei nicht von der aktuellen Arbeitsmarktlage abhängig.

ObjektivierungIm Bericht der nationalrätlichen Kommission wird weiter ausgeführt, dass der Verlust der Erwerbsmöglichkeiten über das Kriterium des ausgeglichenen Arbeitsmarktes «objektiviert» und «nicht von den Zufälligkeiten der Arbeitsmarktschwankungen abhängig» wird.[103] Es wäre stossend, wenn die Erwerbsunfähigkeit je nach Arbeitsmarktsituation unterschiedlich hoch angesetzt würde. Wer in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise auszuüben, aber keine Arbeit finde, sei nicht erwerbsunfähig, sondern arbeitslos. Das Arbeitsmarktrisiko sei nicht über die Invaliden- bzw. Unfallversicherung gedeckt. Die Definition des Ständerates entspreche der Gerichtspraxis. Eine Streichung des ausgeglichenen Arbeitsmarktes, wie es der Bundesrat beantragt hatte, würde den falschen Eindruck erwecken, dass bei der Feststellung der Erwerbsunfähigkeit auf den real existierenden Arbeitsmarkt abzustellen sei. Dies sei nicht der Fall, weil Art. 22 E-ATSG (= Art. 16 ATSG), der den Grad der Arbeitsunfähigkeit bestimme, wieder am ausgeglichenen Arbeitsmarkt anknüpfe. In Grenzfällen sei es weitgehend eine Ermessensfrage, zwischen Erwerbsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit zu unterscheiden. Dies sei indes kein Grund, das bisher geltende und bewährte Abgrenzungsprinzip aufzugeben. Die Formulierung des Ständerates diene der Klarheit.[104]

Verzicht auf DefinitionAuf eine gesetzliche Definition des ausgeglichenen Arbeitsmarkts wurde auch im ATSG verzichtet. Das EVG führte seine bisherige Rechtsprechung unter der Geltung des ATSG fort und hielt dazu fest: «(…) auch an den einzelnen Bemessungskriterien (Validen- und Invalideneinkommen, Berücksichtigung einer zumutbaren Tätigkeit sowie des ausgeglichenen Arbeitsmarktes etc.) ändert sich unter der Herrschaft des ATSG nichts»[105].

Grundprobleme der Invaliditätsbemessung in der Invalidenversicherung

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