Читать книгу Hilf mir, meinen Lebenstraum zu erfüllen! - Thomas Jaklitsch - Страница 16
Idole und Helden
ОглавлениеAls noch junger Mann, in weiten Teilen noch keine allzu gesunde Lebensführung und auch Lebenseinstellung aufweisend, fuhr ich in das südsteirische Bad Radkersburg nahe der slowenischen Grenze. Der Grund: Jener Mann wird empfangen, der das Race Across America nicht nur gefinished hat, nein, er hat es gewonnen. Er hat es gewonnen, weil er Feuer im Kopf hatte. Der Mann, den ich meine, heißt Wolfgang Fasching und hat mit seinen Erfolgen im Langstreckenradsport diesen erst so richtig in Österreich populär gemacht. Er schaffte es wie kein anderer, früh diese extreme Ausdauersportart zu verstehen. Um so bereits nach seinem zweiten Antreten das RAAM, das härteste Radrennen dieser Welt, die unausgesprochenen Weltmeisterschaften des Langstreckenradsports, zu gewinnen. Sein gleichnamiges Buch ließ ich mir von Wolfgang Fasching damals im Jahr 1998 voller Freude signieren. Wolfgang Fasching war erst vor wenigen Tagen ins Ziel des RAAM gefahren und wurde wunderbar emotional inszeniert per Hubschrauber ins Festgelände zu seinen wartenden Fans gebracht. Entweder es lag an der Aufregung, an seiner Emotion, so gebührend empfangen worden zu sein, oder es lag schlichtweg daran, dass ihn das RAAM 1998 noch derart beeinflusste. Denn an seinem Autogramm konnte man merken, wie sehr dieses Rennen ihm noch in den Knochen steckte. Vor allem aber auch an der unabsichtlichen Beifügung hinter seinen Namen, mit der er daraus Wolfgange machte. Dies war mein erster leibhaftiger persönlicher Kontakt mit dem „Feuer im Kopf“.
Kindertriathlon Stubenberg 1988 Foto: Thomas Jaklitsch
Als Heranwachsender hatte ich das Glück, einen fünf Jahre älteren Bruder zu haben, der mich durchaus auf dem einen oder anderen Gebiet beeinflusste. Die Tatsache, dass er durch sein Alter schon fast eine andere Generation darstellte, brachte mir den Vorteil, Zugang zu unterschiedlichen Informationen und Büchern zu bekommen, die ich in einer altersgemäßen Umgebung sicherlich nicht entdeckt hätte. So kam es, dass ich mich nicht nur sehr früh für Sport und da vor allem für Triathlon interessierte, sondern auch bald ein besonderes Buch in die Hände bekam. Das Buch eines österreichischen Radfahrers namens Franz Spielauer. Das Buch mit dem Titel „gerädert“ faszinierte mich, denn es beschrieb, wie jemand die unvorstellbare Distanz von 5000 Kilometern quer durch einen Kontinent absolvierte. In einer Zeit, in der Flüssignahrung, Zeitfahraufleger und sonstige Raffinessen, wie sie für diese Szene heute üblich sind, noch nicht erhältlich waren, schaffte es Franz Spielauer als erster Österreicher und Europäer, dieses Rennen auf dem Podest zu beenden. Im Jahr darauf, 1988, sogar zu gewinnen.
Während dieses Samenkorn in meinen Kopf gut eingepflanzt wurde, verbrachte ich meine Jugendzeit zweigeteilt. Einerseits interessierten mich Sportarten wie Judo und Handball, andererseits gehörte mein Herz vor allem dem Ausdauersport wie Laufen, Radfahren respektive Triathlon (schwimmen, radfahren, laufen), aber vor allem der Musik. Ich lernte in jungen Jahren einen Mann kennen, den ich zuvor nur in den Zeitungen und im Fernsehen bewundert hatte. Sepp Resnik, der steirische Ironman, der als einer der Ersten einen Mehrfach-Ironman mit der dreifachen und fünffachen Distanz absolvierte. Sein Buch vom Wahnsinn Triathlon konnte ich zu dieser Zeit nahezu auswendig. Umso toller war es für mich, als Sepp Resnik eine Kinder-Triathlon-Serie am Stubenbergsee installierte. So lernte ich diesen für mich damals sehr faszinierenden Menschen kennen. Und so kam ich zu meinen ersten Triathlons, die ich auch öfters am Podest beendete.
Bei meinen weiteren sportlichen Aktivitäten wurde mir schon recht bald klar: Je länger ein Wettbewerb dauerte, umso leichter fiel es mir, konstant meine Leistung abzurufen. Es passierte recht häufig, dass ich „halbe Portion“, der man kaum sehr viel sportliche Ausdauer zutraute, weit stärker eingeschätzte jugendliche Mitkonkurrenten im Finale überholte. Trotz dieser gut positionierten Samenkörner ging die Saat nicht auf. Einige Stürze und auch vielerlei Interessen in der Jugendzeit sorgten dafür, dass ich dem Sport den Rücken kehrte. Dafür hatte ich nun mehr Zeit dafür, die Musik und den dazugehörigen Lebensstil zu genießen. Ich war und bin ein Freund der eher lauten, härteren Musik bzw. alternativen Szenen. Ich tauschte recht bald die Laufschuhe gegen den Glimmstängel ein, das Fahrrad gegen das fast tägliche Proben und Feiern.
Doch wie kam es dann zu dieser Begegnung mit Wolfgang Fasching, die das Feuer im Kopf in mir aktivierte? Nach meiner Matura begann ich zu studieren. Ich hatte in meinem Kopf das Bild von einem singenden und sich gerne mit Jugendlichen beschäftigenden und diskutierenden Religionslehrer. Ein Lehrer, der viel Freizeit hat und auch Geschichte unterrichtet. Dies waren die ehrlichen Gründe, wieso ich mich im Jahr 1993 voller Zuversicht ins Studium stürzte. Ich inskribierte an der Karl-Franzens-Universität in Graz die Fächer Geschichte und kombinierte Religionspädagogik. Es war ein kurzes Intermezzo. Sehr interessiert an der Philosophie und an anderen Religionen hatte ich recht bald die eine oder andere dogmatische Grenze erreicht. So konnte ich einfach nicht mehr besten Gewissens dieses Studium betreiben. Ich erinnerte mich an mein Freizeitverhalten als Jugendlicher, wo das eine oder andere Mal ein sogenannter Streetworker (Sozialarbeiter) im Park oder auf einem öffentlichen Platz eine Gesprächsmöglichkeit anbot. In Erinnerung daran und mit meiner Erfahrung als jugendlicher Kunde in verschiedensten Jugendzentren bewarb ich mich an der Akademie für Sozialarbeit. Die Wahrscheinlichkeit, unter mehreren Hundert jungen Menschen einen Studienplatz zu ergattern, war sehr gering, denn knapp 25 Studienplätze waren zu vergeben. Die Chance war klein, aber sie war vorhanden und ich bekam und nutzte sie. Mittlerweile kann ich seit mehr als der Hälfte meines Lebens das tun, was mir am meisten Spaß macht. Ich wurde Sozialarbeiter, um Menschen in verschiedensten Situationen ihres Lebens auf ihrem Weg der Veränderung die eine oder andere Unterstützung geben zu können. Manchmal benötigen Menschen andere Menschen, die Wege aufzeigen, um Ressourcen und Fähigkeiten, die sie zur Veränderung benötigen, in sich selbst zu entdecken. Um ihr Ziel erreichen zu können. Doch halt, so weit war ich noch nicht.