Читать книгу Nicht alltäglich - Thomas Klappstein (Hrsg.) - Страница 28
22 | Sonntagsreden und Alltagshandeln
ОглавлениеJesus Christus spricht: Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen.
MARKUS 13,31 (LUTHER 1984)
Vergänglichkeit – das verbinden wir normalerweise mit anderen Dingen als mit Himmel und Erde, zum Beispiel mit unserem menschlichen Leben. Wir verbringen allenfalls ein paar Jahrzehnte auf diesem Globus, und dann heißt es: »Asche zu Asche …«.
Vergänglich sind auch manche Errungenschaften von gestern angesichts rasanter Entwicklungen von heute. Die gute alte Triumph-Schreibmaschine der 60er-Jahre hat ausgedient; der PC hat sie komplett verdrängt. Früher schrieb man Telegramme; das E-Mail- und Handyzeitalter hat diese Kommunikationsweise längst abgelöst. In früheren Jahrhunderten kaum zu überbrückende riesige Entfernungen schrumpfen im Jet-Zeitalter zu Halbtagesreisen. Wie wäre es mit einem Shopping-Wochenende in New York?
Unsere Zeit ist superschnelllebig – und Worte, das lehren uns zum Beispiel nicht eingehaltene Politikerversprechen, haben längst keinen Bestand mehr. Worte sind »Schall und Rauch«, und selbst verschriftet kann man »lügen wie gedruckt«. Was hat schon felsenfeste Gültigkeit? Da erscheinen uns das Universum und der über Jahrhunderte berechenbare Lauf der Gestirne doch weitaus verlässlicher. So wissen wir, dass die nächste totale Sonnenfinsternis in Deutschland am 3.September 2081 zu sehen sein wird. Berechenbare Zustände.
Jesus dreht nun die Verhältnisse genau andersherum. Das, was uns verlässlich, im wahrsten Sinne des Wortes felsenfest und unumstößlich erscheint, nämlich Himmel und Erde, das Universum in seinem so berechenbaren Verlauf, erklärt er als vergänglich; seine Worte aber als ewig gültig, unvergänglich und unwandelbar. Darauf ist Verlass: »Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen.«
Als Christ kann man ja zu solch einem Satz Jesu schnell zustimmend nicken. Aber machen wir uns bitte klar, dass er auch bedeutet, dass zum Beispiel die Bergpredigt Jesu keine Sonntagsrede ist, die man im Alltagsgeschäft nicht ganz so ernst nehmen muss, so nach dem Motto: Ganz so radikal, wie Jesus das sagt, funktioniert es doch nicht, oder?
Also, Hand aufs Herz, wie steht es damit, selbst die Feinde zu lieben; nicht Böses mit Bösem zu vergelten; nicht die eigene Ehe durch begehrliche Blicke zu brechen; so bedingungslos denen zu vergeben, die an uns schuldig geworden sind, wie Gott uns vergibt; nicht Schätze auf Erden zu sammeln, sondern stattdessen großzügig das Reich Gottes zu unterstützen; dem Reich Gottes absolute Priorität über allem anderen einzuräumen, um nur einiges zu nennen?
Wir brauchen eine wachsende Übereinstimmung von Bekenntnis und Leben, von Sonntag und Alltag, von Dogmatik und Ethik. Dafür ist es unverzichtbar, dass wir die Gültigkeit der Worte Jesu in unseren Lebensalltag integrieren.
Ekkehart Vetter