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32 | Werbung
ОглавлениеDarum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen.
MATTHÄUS 6,34 (LUTHER 1984)
Jemand hat sich meine Faxnummer aus dem Telefonbuch gesucht, und jetzt quillt mein Faxgerät jeden Morgen über, weil mir irgendwelche Menschen Tretroller, Lederjacken und CD-ROMs anbieten oder mir beibringen wollen, erfolgreich zu telefonieren. Ich brauche weder einen FunScooter noch das Gesamtverzeichnis aller europäischen Hundezüchterverbände – und mit dem Telefonieren hatte ich eigentlich auch noch nie ein Problem.
Soziologen haben nachgezählt und festgestellt, dass jeden Tag etwa 1800 Werbeimpulse auf uns einströmen. Kein Wunder, dass unsere Gesellschaft gerade eine interessante, fast unbemerkte Wende vollzieht. Während man in den letzten 20 Jahren die Vielfalt der Möglichkeiten in allen Bereichen gepriesen hat, sehnen sich viele Leute heute danach, in der Flut von Informationen überhaupt den Überblick zu behalten. Sie möchten lernen, wie man unter all den Eindrücken wählen kann. Woran erkennt man, was gut und was schlecht ist? Die schönen Worte Jesu: »Prüfet alles und das Beste behaltet!« helfen da auch nicht viel weiter, weil es ja viel zu viel zu prüfen gibt.
Ein Satz aus der Bergpredigt ist da hilfreicher: »Sorge dich nicht um morgen!« Nanu, was hat denn das mit Werbung zu tun? Relativ viel, jedenfalls dann, wenn ich von mir ausgehe. Ich bin deshalb so empfänglich für Werbung, weil ich immer wieder das Gefühl habe, ich würde etwas versäumen. Ich möchte informiert sein, weil es ja sein könnte, dass ich sonst das große Schnäppchen verpasse. Oder ich denke, dass ich vielleicht diese oder jene Sache brauche, um in Zukunft ein attraktiver Mensch zu sein. Jesus macht deutlich: Wer ohne ein bestimmtes Produkt nicht glücklich ist, der ist es auch nicht, wenn er es hat. Viel wichtiger ist deshalb eine Lebenseinstellung, die geprägt ist von dem schönen Gedanken: »Sorge dich nicht um morgen!« Wer sich bei Gott geborgen weiß, der lebt nicht ständig mit der Furcht, zu kurz zu kommen.
Es wäre sicher ein gutes Gefühl, die nervigen Faxe ungelesen in den Papierkorb zu werfen – und die 64 Prospekte, die aus meiner Zeitung auf den Boden flattern, auch. Denn einer, dem es gut geht, der ist gegen die Werbeflut immun. Und der lernt, fröhlich aus der Vielfalt der Werbeimpulse die herauszufiltern, die mit ihm zu tun haben.
Fabian Vogt