Читать книгу Blutgeschwister - Thomas Matiszik - Страница 7
Prolog
ОглавлениеGestern Vormittag war endlich der nagelneue Messerblock geliefert worden. Wochenlang hatte Felix Modrich auf diesen Moment gewartet. Mit großen Augen hatte er Anfang des Jahres bei dem Kochkurs „Steaks richtig zubereiten“ – ein Geburtstagsgeschenk seiner Doppelkopfrunde – beobachtet, wie der berühmte Sternekoch Roland Stark Rump-, Hüft- und Filetsteaks mühelos vom Schinkenstück abtrennte. Dass er jahrelang nichts, aber auch gar nichts mit Kochen, Grillen oder sonstigen Küchentätigkeiten am Hut hatte, war einzig und allein seinem Job geschuldet. Felix Modrich hatte aber nicht nur seine vermeintliche Passion unterdrückt, sondern auch sein Privatleben vollends seinem Job untergeordnet. „Anders hätte es auch nicht funktioniert“, murmelte er tonlos, während er im Wartezimmer der Onkologie auf seinen Befund wartete.
Am kommenden Wochenende würde er die neuen Messer zum ersten Mal ausprobieren. Pfingsten stand vor der Tür und die Wetterprognose sagte 25 Grad und zwölf Sonnenstunden voraus. Seine Doppelkopfrunde und er würden einen wunderschönen Tag verbringen.
„Herr Modrich?“ Die junge Ärztin war wirklich bildhübsch und genau sein Typ. Vor dreißig Jahren hätte er sie vermutlich sofort zum Kaffee eingeladen. Er atmete tief ein und aus und folgte ihr in das Sprechzimmer. Doktor Bea Leitner, so hieß die Augenweide, setzte sich und blätterte ein wenig nervös in Modrichs Krankenakte. „Seit wann genau haben Sie diese Beschwerden?“, fragte sie unvermittelt. Modrich hob die Augenbrauen. „Ich nehme doch stark an, dass das in der Akte steht, aber ich sag’s Ihnen gerne noch mal: seit ungefähr drei Monaten.“ Doktor Leitner versteckte ihr hübsches Gesicht hinter der Krankenakte. Die Frage schien ihr tatsächlich peinlich zu sein. „Lassen Sie uns nicht lange um den heißen Brei herum reden, Frau Doktor! Sagen Sie es mir bitte einfach ins Gesicht. Ich bin schließlich keine zwanzig mehr.“ Die Antwort kam prompt und unbarmherzig. „Sie haben, wenn die Behandlungen anschlagen, nicht mehr als zwei Jahre. Wenn’s ungünstig läuft, vielleicht sogar weniger als ein Jahr!“