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IV. Exklusivnormen, Retorsionsnormen

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1. Als Exklusivnormen werden selbständige Kollisionsnormen (Verweisungsnormen) bezeichnet, die neben eine kollisionsrechtliche Grundregel treten und für bestimmte Fälle die Anwendung deutschen Rechts vorsehen. Um solche Normen handelt es sich häufig, wo sich im 1986 reformierten IPR des EGBGB einseitige Kollisionsnormen für deutsche Staatsangehörige finden. Der Unterschied zwischen einer Exklusivnorm und einer einseitigen Kollisionsnorm besteht in folgendem: Exklusivnormen sind von der Rechtsfolgeseite (ausnahmsweise Anwendung deutschen Rechts) definiert; einseitige Kollisionsnormen sind von der Tatbestandsseite definiert: Für deutsche Staatsangehörige bzw für Inlandssachverhalte ist ein bestimmtes Recht anzuwenden. Soweit solche Normen Deutsche bzw den inländischen Rechtsverkehr durch Anwendung deutschen Rechts schützen wollen, können sie rechtspolitisch sinnvoll, aber auch kollisionsrechtlich bedenklich sein, weil sie als ungehörige Besserstellung eigener Staatsangehöriger verstanden werden müssen.

Art. 13 Abs. 3 S. 1 ist gleichzeitig einseitige Kollisionsnorm („Ehe... im Inland... geschlossen“), und Exklusivnorm („nur in der hier vorgeschriebenen Form“). Als solche ist sie wohl sinnvoll, soweit sie die Statussicherheit schützt; andererseits vom Säkularisierungseifer des endenden 19. Jahrhunderts geprägt, soweit sie die obligatorische Zivilehe über das deutsche Recht als Eheschließungsstatut hinaus durchsetzt. Art. 16 Abs. 1 („hat einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland... so ist § 1412... anzuwenden“) ist als Schutznorn für den Rechtsverkehr sicher nötig. Besonders augenfällig – und rechtspolitisch störend! – war dagegen der Exklusivcharakter von Art. 38 aF (vor 1999): deutsches Deliktsrecht beschränkte Deliktsansprüche nach dem eigentlich anwendbaren Statut, wenn Täter ein Deutscher war. Keine Exklusivnorm ist Art. 7 Abs. 2; es handelt sich um eine – sogar ausnahmsweise der Verallseitigung zugängliche – einseitige Kollisionsnorm.

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2. Manche ebenfalls als Exklusivnormen bezeichnete Normen[7] schaffen hingegen nicht den exklusiven Vorrang deutschen Rechts, sondern ermöglichen eine subsidiäre, hilfsweise Inanspruchnahme deutschen Rechts. Für solche Normen erscheint es zweifelhaft, von Exklusivnormen zu sprechen, da sie gerade nicht Exklusivität des deutschen Rechts, sondern Anpassung an deutsche Rechtsverhältnisse erlauben.

Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr 2 und Abs. 3 Nr 2 erlauben Ausländern die Anpassung an deutsches Ehe- und Kindesnamensrecht, verbieten aber nicht die Namensführung nach dem von Art. 10 Abs. 1 berufenen allgemeinen Namensstatut; ähnlich Art. 13 Abs. 2. Diese Wahl kann, muss aber nicht erfolgen.

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3. Retorsionsnormen gehören zum völkerrechtlichen Instrumentarium des 19. Jahrhunderts; sie versuchen die Durchsetzung von internationaler Rechtsvereinheitlichung durch mittelbaren Zwang, indem sie die Angehörigen eines Staates benachteiligen, sofern dieser Staat nicht bereit ist, deutschen Staatsangehörigen eine Meistbegünstigung einzuräumen. Das deutsche IPR enthält solche Normen nicht mehr. Vgl aber im IZPR § 110 Abs. 2 Nr 1 ZPO und § 328 Abs. 1 Nr 5 ZPO, § 109 Abs. 4 Nr 5 FamFG.

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