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3. Staatenlose, Flüchtlinge

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a) Staatenloser ist, wer nach dem Staatsangehörigkeitsrecht keines Staates als dessen Staatsangehöriger zu behandeln ist. Staatenlosigkeit de iure besteht, wenn sich nachweisen lässt, dass nach keinem in Betracht kommenden Staatsangehörigkeitsrecht das Anknüpfungssubjekt einem Staat angehört.

Da es sich hierbei um die Feststellung einer negativen Tatsache handelt, müsste das Gericht theoretisch die Staatsangehörigkeitsrechte aller Länder der Erde prüfen. Dennoch kann häufig mit Gewissheit die Staatenlosigkeit einer Person festgestellt werden; auf der Erwerbsseite kommen neben dem Erwerb durch Geburt (iure soli oder sanguinis) nur Erwerbstatbestände aufgrund von familienrechtlichen Vorgängen (Adoption, Eheschließung etc) oder aufgrund von Verleihung (Einbürgerung) oder verleihungsähnlichen Tatbeständen (Erwerb aufgrund der Berufung in ein staatliches Amt, die Streitkräfte eines Landes etc) in Betracht. Der Verlust einer früheren Staatsangehörigkeit hingegen ergibt sich als positiver Tatbestand aus dem jeweiligen Staatsangehörigkeitsrecht und ist daher – von praktischen Problemen abgesehen – leichter feststellbar.

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Staatenlos de iure ist jedoch auch, wer einen Reiseausweis nach Art. 28 des UN-Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen v. 28.9.1954[25] erhalten hat.

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De facto staatenlos ist eine Person, deren Staatenlosigkeit zwar nicht positiv festgestellt werden kann, die aber auch keine feststellbare Staatsangehörigkeit besitzt. Dies kann sich auch ergeben aus der Nicht-Anerkennung des Heimatstaates einer Person durch die Bundesrepublik, insbesondere in Fällen der Nichtanerkennung durch die UN.

Südafrika hatte die sog homelands aus dem südafrikanischen Staat ausgegliedert, die UN jedoch diese Ausgliederung nicht anerkannt, was im Ergebnis weniger Südafrika sanktionierte als die Bewohner der homelands, die eine nicht anerkannte Staatsangehörigkeit besaßen, von ihrem anerkannten Heimatstaat Südafrika aber nicht mehr als Staatsangehörige betrachtet wurden.

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Aus vergleichbaren Gründen staatenlos sind Palästina-Flüchtlinge, die zwar vor ihrer anlässlich der Gründung von Israel erfolgten Vertreibung womöglich eine aus der ehemals britischen Mandatszugehörigkeit ableitbare palästinensische Staatsangehörigkeit besaßen, die aber, solange die palästinensischen Gebiete (West-Bank, Ost-Jerusalem, Gaza) unter völkerrechtswidriger israelischer Besatzung stehen, an einer Rückkehr gehindert sind, sich also nicht unter den Schutz eines Palästinenserstaates begeben können. Die Staatlichkeit in den palästinensischen Autonomiegebieten vor Ausrufung und Anerkennung eines Staates war noch zu schwach, um wenigstens für die dort aufenthaltsberechtigten Palästinenser von einer neuen palästinensischen Staatsangehörigkeit auszugehen;[26] auch die Entwicklung um die am Veto der USA scheiternde Vollmitgliedschaft Palästinas in den UN lässt Fragen an der Staatsangehörigkeit der in Palästina lebenden Palästinenser offen; kollisionsrechtlich spielt es jedoch keine Rolle, ob diese eine palästinensische Staatsangehörigkeit besitzen oder Staatenlose mit gewöhnlichem Aufenthalt in Palästina sind (Rn 248).

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b) Staatenlosigkeit entsteht aus unterschiedlichen Gründen.

aa) Von Geburt kann sie sich aus der Verschiedenheit der Anknüpfungsmerkmale für den Erwerb der Staatsangehörigkeit ergeben. Diese Art der Staatenlosigkeit ist heute selten, weil insbesondere Staaten, die dem Prinzip des ius soli folgen, in ihrem Staatsangehörigkeitsrecht häufig Bestimmungen vorsehen, welche die Staatenlosigkeit von Kindern ihrer Staatsangehörigen vermeiden sollen, indem sie partiell das Prinzip des ius sanguinis verwirklichen.

Das Staatsangehörigkeitsrecht der USA folgt grundsätzlich dem Prinzip des ius soli. Unmodifiziert würde dies dazu führen, dass bei Geburt des Kindes eines seit kurzem in Deutschland lebenden US-amerikanischen Paares in Deutschland dieses Kind staatenlos wird, weil nach dem deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) ein Erwerb iure soli in diesem Fall nicht vorgesehen ist (§ 4 Abs. 3 StAG). Das Staatsangehörigkeitsrecht der USA sieht dieses Kind jedoch als US-citizen an, wenn einer seiner Elternteile zu irgendeinem Zeitpunkt in den USA Wohnsitz (residence) gehabt hat (zu anderen Fällen vgl § 1401 US-Immigration and Naturalization Act 1952).

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bb) Staatenlosigkeit tritt durch familienrechtliche Vorgänge ein, wenn eine Statusänderung nach dem Staatsangehörigkeitsrecht des bisherigen Heimatstaates zum Verlust der Staatsangehörigkeit, jedoch nach dem Recht keines anderen Staates zum Erwerb von dessen Staatsangehörigkeit führt. Dieser Verlustgrund wird deshalb zunehmend seltener, weil der vormals häufigste Fall, die Änderung der Staatsangehörigkeit einer Frau aufgrund Eheschließung, zunehmend aus den Staatsangehörigkeitsrechten eliminiert wird.

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Schloss vor dem 1.4.1953 eine Deutsche die Ehe mit einem Ausländer, so verlor sie die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 17 Nr 6 RuStAG aF); ob sie die Staatsangehörigkeit des Ehemannes erwarb, hing von den Bestimmungen dieses Staates ab. Das deutsche Recht vermied im spiegelbildlichen Fall die Staatenlosigkeit der Frau, weil Eheschließung einer Ausländerin mit einem Deutschen zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit führte (bis 1.4.1953 und sodann erneut vom 24.8.1957 bis 31.12.1969, § 3 Nr 3, § 6 Abs. 1 und 2 RuStAG aF idF des 3. StARegelungsG v. 19.8.1957; in der Zwischenzeit bestand keine ausdrückliche Regelung, weil die Bestimmungen im ursprünglichen RuStAG – als gleichberechtigungswidriges Recht – mit Ablauf des 31.3.1953 außer Kraft getreten waren, Art. 117 Abs. 1 GG). Da alle Staaten, die einen Staatsangehörigkeitserwerb der Frau durch Eheschließung nicht mehr kennen, wenigstens gleichzeitig (das deutsche Recht sogar wesentlich früher) die Eheschließung als Verlustgrund beseitigt haben, kommt Staatenlosigkeit durch Eheschließung kaum noch vor.

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Adoption kann zu Staatenlosigkeit führen, wenn das Heimatrecht des Kindes die Adoption durch einen Ausländer als Verlustgrund für die Staatsangehörigkeit vorsieht, das Heimatrecht des Adoptierenden dem Kind jedoch nicht die Staatsangehörigkeit verleiht – was auch deshalb geschehen kann, weil es die Adoption ggf nicht als wirksam oder nicht als volle Adoption ansieht.

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cc) Ausbürgerung war im 20. Jahrhundert aufgrund zahlloser Bevölkerungsverschiebungen, Vertreibungen, „ethnischer Säuberungen“ und Flüchtlingsbewegungen der wohl häufigste Grund für Staatenlosigkeit. Die Ausbürgerung als Sanktion für eine Abwendung von dem betroffenen Staat bzw als Methode der Ausgrenzung von missliebigen Volksgruppen kennzeichnet totalitäre Systeme und widerspricht völkerrechtlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien.

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Die Sammelausbürgerungen im Dritten Reich, insbesondere die 11. VO zum Reichsbürgergesetz v. 25.11.1941[27] betreffend alle Deutschen jüdischen Glaubens, die sich am 25.11.1941 im Ausland befunden haben, wurde durch Kontrollratsgesetz Nr 1 aufgehoben. Das tschechoslowakische Verfassungsdekret vom 2.8.1945 (eines der „Benes-Dekrete“), das in § 1 Abs. 2 tschechoslowakischen Staatsbürgern deutscher und magjarischer Herkunft die Staatsangehörigkeit entzieht, wurde selbst anlässlich des Beitritts zur EU nicht aufgehoben. In der DDR mussten ausreisewillige Bürger vor einer „legalen“ Ausreise ihre Entlassung aus der Staatsbürgerschaft erhalten, wurden hierdurch jedoch ganz überwiegend nicht staatenlos, da sie regelmäßig die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen. Die aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten Vertriebenen genießen die Rechtsstellung des Art. 116 GG. Aus der ehemaligen Sowjetunion vertriebene Dissidenten (zB Alexander Solshenizyn) wurden hingegen durch Verlust der sowjetischen Staatsangehörigkeit regelmäßig staatenlos. Freilich ist auch das umgekehrte Phänomen bekannt: Das kommunistische Rumänien entließ geflohene Staatsangehörige auch auf Antrag überwiegend nicht aus der Staatsangehörigkeit, was zwar kein Problem der Staatenlosigkeit heraufbeschwor, aber als Schikane zur Erschwerung des Erwerbs einer anderen Staatsangehörigkeit wirken sollte (vgl vor diesem Hintergrund Art. 16 Europäisches Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit, Rn 224).

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c) Staatenlosigkeit wird noch stärker als die Mehrstaatigkeit als unerwünschtes Phänomen angesehen, weil der Staatenlose nicht nur kollisionsrechtliche und andere juristische Probleme verursacht, sondern weil er ohne den öffentlich-rechtlichen Schutz eines bestimmten Staates auf der ganzen Welt Ausländer ist. Das UN-Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen v. 28.9.1954[28] setzt nicht bei der Vermeidung der Staatenlosigkeit an, sondern schafft Grundsätze zur Vermeidung von Rechtlosigkeit von Staatenlosen; es knüpft das Personalstatut Staatenloser in Art. 12 Abs. 1 noch an den Wohnsitz, hilfsweise den schlichten Aufenthalt an. Das UN-Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit v. 30.8.1961[29] geht einen Schritt weiter: Es enthält Bestimmungen, die Staatenlosigkeit aus allen drei genannten Entstehungstypen vermeiden sollen; insbesondere werden rassische, ethnische, religiöse und politische Ausbürgerungen verboten, und solche durch Gebietsänderungen sollen vermieden werden. Das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (Rn 224) sieht die Vermeidung von Staatenlosigkeit als Grundsatz (Art. 4 lit. b) und regelt abschließend in Art. 7 Abs. 1 iVm Abs. 3 die Fälle, in denen ein Vertragsstaat den Verlust seiner Staatsangehörigkeit auch dann vorsehen darf, wenn dadurch Staatenlosigkeit eintritt.

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Vermeidung von Mehrstaatigkeit und Staatenlosigkeit können als Ziele im Staatsangehörigkeitsrecht durchaus kollidieren; Staatsangehörigkeitserwerb iure sanguinis von Mutter und Vater führt vermehrt zu Mehrstaatigkeit. Der zunehmend seltenere Staatsangehörigkeitserwerb nur vom Vater vermeidet dies, erhöht aber das Risiko der „Weitergabe“ von Staatenlosigkeit; das CIEC-Übereinkommen zur Verringerung der Fälle der Staatenlosigkeit v. 13.9.1973[30] soll sicherstellen, dass ein Kind von Geburt die Staatsangehörigkeit der Mutter erwirbt, auch wenn deren Staatsangehörigkeitsrecht dies nicht vorsieht, das Kind aber sonst staatenlos würde. Art. 6 Abs. 2 Europäisches Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (Rn 224) verpflichtet die Vertragsstaaten bei Inlandsgeburt sonst staatenlos werdender Kinder sogar zur Verleihung iure soli.

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d) Im deutschen IPR wird ein Staatenloser gemäß Art. 5 Abs. 2 behandelt.

aa) Anzuwenden ist das Recht des Staates, in dem die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt, mangels eines gewöhnlichen Aufenthalts ihren schlichten Aufenthalt hat. Schon wegen der systematischen Stellung in Art. 5 (Personalstatut) setzt das natürlich voraus, dass in der anzuwendenden Verweisungsnorm die Staatsangehörigkeit dieser Person Anknüpfungskriterium ist, da nur in diesen Fällen das Fehlen einer Staatsangehörigkeit zu einer kollisionsrechtlichen Lücke führt.

Die Voraussetzungen der Eheschließung eines Staatenlosen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland beurteilen sich gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 5 Abs. 2 nach deutschem Recht. Wer der Vater eines Kindes ist, beurteilt sich hingegen gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 1 nach dem Aufenthaltsrecht des Kindes; dabei ist es einerlei, ob der vermutliche Vater Deutscher, Ausländer oder Staatenloser ist; dies spielt jedoch eine Rolle, wenn die Vaterschaft nach der alternativen Anknüpfung in Art. 19 Abs. 1 S. 2 (Heimatrecht des jeweiligen Elternteils) festgestellt werden soll.

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bb) Art. 5 Abs. 2 gilt nicht nur für Staatenlosigkeit de iure, sondern auch für Staatenlosigkeit de facto („kann ihre Staatsangehörigkeit nicht festgestellt werden“). Art. 5 Abs. 2 gilt auch dann, wenn ein Rechtsverhältnis einer Person im IPR nicht nach der eigenen Staatsangehörigkeit angeknüpft wird, sondern nach der Staatsangehörigkeit einer anderen Person, zB an das Heimatrecht eines Elternteils (zB die alternative Anknüpfung der Abstammung in Art. 19 Abs. 1 S. 2). Entscheidend ist nur, dass die Anknüpfung in der konkreten Situation auf die Staatsangehörigkeit einer Person abstellt, die keine Staatsangehörigkeit hat.

Die väterliche Abstammung des in Frankreich lebenden Kindes einer Französin und eines in Deutschland lebenden staatenlosen Palästinensers kann gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 2 iVm Art. 5 Abs. 2 nach deutschem Recht festgestellt werden, weil der Vater als Anknüpfungssubjekt (Art. 19 Abs. 1 S. 2) mangels feststellbarer Staatsangehörigkeit ein deutsches Aufenthalts-Personalstatut (Art. 5 Abs. 2) hat.

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e) Ein der Staatenlosigkeit ähnliches Phänomen ist die Rechtsstellung als GFK-Flüchtling oder Asylberechtigter. Ist ein Flüchtling oder Asylberechtigter nicht staatenlos (sonst ohnehin Art. 5 Abs. 2), so wird er häufig die Staatsangehörigkeit gerade des Staates besitzen, in dem er verfolgt wurde oder aus dem er im Zuge kriegerischer Wirren geflohen ist. Jedenfalls im ersten Fall (zur Interessenlage bei vorübergehend Schutz Suchenden Rn 204) entspricht es meist nicht seinem Interesse, in Angelegenheiten des Personalstatuts nach dem Recht seines Heimatstaats behandelt zu werden, der ihm gerade keinen Schutz bietet. Zudem würde die Anwendung des Heimatrechts angesichts der zunehmenden und unterschiedlichen Flüchtlingsströme die Justiz der Aufnahmestaaten vor zusätzliche Probleme der Ermittlung der Staatsangehörigkeit und des Inhalts des fremden Rechts stellen.

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aa) Die maßgeblichen Regelungen unterstellen daher das Personalstatut von Flüchtlingen dem Recht ihres Wohnsitzes, hilfsweise des schlichten Aufenthalts. Personalstatut ist auch hier in dem Sinn zu verstehen, dass die Sonderanknüpfung nicht nur das Personen-, Familien- und Erbrecht betrifft, sondern immer eingreift, wenn das IPR ansonsten die Staatsangehörigkeit beruft.[31] Ausgangsbestimmung ist Art. 12 Abs. 1 GFK (Rn 102). Nach zutreffender Ansicht ist der bei Abschluss der Konvention 1951 noch unbekannte Begriff des „gewöhnlichen Aufenthaltes“ durch Auslegung an die Stelle des Begriffs „Wohnsitz“ zu setzen,[32] was eine international einheitliche Handhabung bewirkt. Das entspricht auch der Entwicklung bei den Staatenlosen, wo Art. 5 Abs. 2 bewusst[33] von Art. 12 Abs. 1 des UN-Staatenlosen-Übereinkommens von 1954 abweicht; anderenfalls müsste bei einem Flüchtling zusätzlich die oft schwierige Prüfung einer – zusätzlichen – Staatenlosigkeit angestellt werden.

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bb) Ursprünglich war die Genfer Flüchtlingskonvention gemäß Art. 1 GFK nur auf europäische Flüchtlinge anwendbar, die im Zuge der Ereignisse vor, während und kurz nach dem 2. Weltkrieg (Ereignisse vor dem 1.1.1951) geflohen waren. Durch das Genfer Protokoll vom 31.1.1967[34] wurde dem schlimmen Umstand Rechnung getragen, dass das 20. Jahrhundert zum Jahrhundert der Flüchtlinge geworden war. Aus der Definition des „Konventionsflüchtlings“ wurde die zeitliche (Fluchtgrund vor 1.1.1951) und die räumliche Begrenzung (europäische Flüchtlinge) gestrichen. Tatbestandlich erforderlich ist die Flucht aus bestimmten Fluchtgründen: „aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung“. Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention ist damit auch auf solche Flüchtlinge anzuwenden. Die Flüchtlingseigenschaft iSd Art. 1 GFK wird in Deutschland nach § 3 Abs. 4 AsylG förmlich zuerkannt; die Zuerkennung ist jedoch nur positiv bindend (§ 6 AsylG), ihr Fehlen schließt die unmittelbare Anwendung von Art. 1, 12 GFK durch ein Gericht in einer Zivilsache nicht aus.[35]

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cc) Ist das Anknüpfungssubjekt anerkannter Asylberechtigter in Deutschland, was die Eigenschaft als politisch Verfolgter iSd Art. 16a GG voraussetzt, so gewährt § 2 Abs. 1 AsylG die Rechtsstellung von Konventionsflüchtlingen, es gilt daher Art. 12 der Konvention; die förmliche Anerkennung im Verfahren nach §§ 12 ff AsylG ist hierfür konstitutiv, mit Ausnahme von Ausländern, denen vor dem 3.10.1990 im Beitrittsgebiet Asyl gewährt wurde (§ 2 Abs. 3 AsylG). Es kann also nicht ein Zivilgericht die Anwendung des § 2 AsylG unmittelbar auf Art. 16a GG stützen. Eine zunehmend bedeutsame Frage ist, ob eine Unterstellung unter das Recht des Zufluchtslandes immer interessengerecht ist (dazu Rn 204),[36] zumal bei Rückkehrwillen und Flucht wegen nicht-staatlicher Verfolgung die Flucht nicht mehr Abkehr vom Heimatstaat indiziert.

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dd) Soweit Kriegs- oder Bürgerkriegsflüchtlinge keinen Fluchtgrund iSd Art. 1 GFK haben – was von individueller Prüfung abhängt – und nicht als Asylberechtigte iSd § 2 AsylG anerkannt sind, können sie subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr 3 AsylG erlangen, der auf der Richtlinie 2011/95/EU basiert. Dieser Personenkreis fällt kollisionsrechtlich jedoch nicht unter § 2 Abs. 1 AsylG,[37] auch wenn aufenthaltsrechtlich eine Gleichstellung erfolgt (Aufenthaltserlaubnis § 25 AufenthG): Der Schutzstatus begründet keine Asylberechtigung, sondern ist als ein eigenständiger Status konzipiert,[38] der zwar auf den Asylantrag hin gewährt wird, jedoch gerade die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft und der Asylberechtigung voraussetzt.[39] Überdies wäre auch eine Anwendung des Aufenthaltsrechts nicht interessengerecht:[40] Wer vor Krieg oder Bürgerkrieg flieht, sucht nicht Schutz vor Verfolgung durch das Land und seine Regierung, sondern Schutz vor dem friedlosen Zustand, nach dessen Beendigung er in seine hoffentlich wieder befriedete Heimat zurückkehren will und soll.

Bei bloßer Duldung des Aufenthalts im Bundesgebiet nach Ablehnung eines Asylantrags ist Art. 12 GFK weder direkt noch über Art. 2 Abs. 1 AsylG anzuwenden. Überdies ist für nur geduldete Ausländer auch die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts zweifelhaft.

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ee) Flüchtlinge, die zugleich Deutsche iSd Art. 116 Abs. 1 GG sind, stehen nach Art. 9 Abs. 2 Nr 5 FamRÄndG kollisionsrechtlich Deutschen gleich.

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f) Hat ein Flüchtling oder Asylberechtigter ein Personalstatut nach den vorstehenden Bestimmungen erlangt, so wird dieses kollisionsrechtlich wie eine Staatsangehörigkeit behandelt. Auch wenn eine Verweisungsnorm auf die letzte (gemeinsame) Staatsangehörigkeit von Anknüpfungssubjekten abstellt, kann dieses letzte (gemeinsame) Personalstatut ein Wohnsitz- bzw Aufenthaltsrecht sein; das gilt selbst dann, wenn ein Beteiligter auf seinen Asylanten- oder Flüchtlingsstatus verzichtet hat und sein Personalstatut aktuell wieder von der Staatsangehörigkeit bestimmt wird.[41]

Literatur:

MüKoBGB/v. Hein (6. Aufl., 2015) Art. 5 EGBGB Rn 94 ff (Staatenlose), Art. 5 Anh. II Rn 18 ff (GFK-Flüchtlinge); Art. 5 Anh. II Rn 72 ff (Asylberechtigte); Staudinger/Bausback (2013) Art. 5 EGBGB Anh. IV Rn 47 ff (GFK-Flüchtlinge); Art. 5 Anh. IV Rn 71 ff (Asylberechtigte); Baetge Gewöhnlicher Aufenthalt und Personalstatut von Flüchtlingen, StAZ 2016, 289; Majer Flüchtlinge im internationalen Privatrecht – Vorschlag für eine teleologische Reduktion des Art. 12 GFK, StAZ 2016, 337; Mankowski Die Reaktion des Internationalen Privatrechts auf neue Erscheinungsformen der Migration, IPRax 2017, 40.

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