Читать книгу halbtote schmetterlinge - Thomas Schadler - Страница 7

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2.

Ambühl saß bei Dr. Brenz in der etwas dunklen und nicht wirklich standesgemäß erscheinenden Praxis in der Innenstadt. Er hörte, dass es vielleicht nicht falsch sei, sich darüber Gedanken zu machen, in einem Jahr nicht mehr zu leben. Dr. Brenz war Professor für Urologie und Ambühl von mitwissenden und mitdenkenden Freunden als Koryphäe für die Notsituation empfohlen worden.

Er sah den unbekannten Arzt an, der gerade die Befunde seiner Prostatauntersuchung gelesen hatte und sonst nichts von ihm wusste. Er verstand, dass er in zwölf Monaten vielleicht schon tot sein könnte, und dennoch kam keine Panik in ihm auf, nur Ernsthaftigkeit und eine aufmerksame Sachlichkeit. Es war auch nicht die erste ärztliche Meinung. Dass er schwerkrank war, war Ambühl schon ein paar Tage zuvor klargemacht worden. Wegen einer kleinen Schwellung im Unterleib hatte sein Hausarzt angeordnet, alle möglichen Blutwerte bestimmen zu lassen.

Am darauffolgenden Tag hatte eine sehr aufgeregte Sprechstundenhilfe aus der Praxis angerufen und ihn gebeten, so schnell wie möglich vorbeizukommen. Der PSA-Normwert bei einem gesunden Mann liegt bei 0,4. Der Hausarzt eröffnete Ambühl, sein PSA-Wert läge bei 159, dass es sich natürlich um einen Messfehler handeln könnte, Prostatakrebs sehr gut behandelbar sei und man nun sofort weitere Tests und Untersuchungen machen müsse.

Über Nacht hatte sich Ambühl via Internetrecherchen und langen Telefonaten mit befreundeten Ärzten über PSA-Werte und Prostatakrebs informiert. In den kurzen Momenten, in denen er den unglaublichen Schock beiseite hatte schieben können, begann er, sich mit dem Thema ernsthafter auseinanderzusetzen, und versuchte hilflos, die Krisen-Notfallpläne anzuwenden, die er aus dem Berufs-, Privat- und Liebesleben kannte.

Er war an einem hochgradig gefährlichen Krebs erkrankt und die Prostata musste schnellstmöglich entfernt werden. Dabei würden auch die Nerven zerstört, die zur Erektion nötig waren. An Krebs zu sterben oder impotent zu sein, was für eine Alternative! Ambühl wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sein Krebs schon über den Prostatarand hinausgewachsen war und auch die Lymphknoten befallen hatte. Dies machte die Krankheit systemisch und unheilbar.

Er wusste auch nichts von den Hormonentzugstherapien, die – neben der Bestrahlung – der Operation folgen sollten.

Er hatte Angst.

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