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Kapitel 6

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Dagmar Keller saß in ihrem provisorischen Büro und starrte auf die Seiten mit den spärlichen Informationen, die ihr bislang in diesem Fall zur Verfügung standen. Sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen, doch ihr wollte das Bild von Karsten Altgott nicht aus dem Kopf. Dieses Grauen auf seinem Gesicht, die wahnsinnigen Schmerzen, die er bei der tagelangen Folter gehabt haben musste. Sie hatten es mit einem Psychopathen zu tun, so viel war klar. Mit einem gefährlichen Irren, der mit normalen Maßstäben nicht zu messen war. Was es nicht einfacher machen würde ihn zu erwischen. Logik konnten sie außer Acht lassen. So etwas galt für diesen Menschen nicht.

Mensch? Ungeheuer war wohl das richtigere Wort.

Sie hatten die Identität des Opfers relativ schnell herausbekommen. Ein kleiner Erfolg in diesem ganzen Wahnsinn. Ein Abgleich des Gesichts mit der Vermisstendatenbank und schon hatte der Computer einen Namen ausgespuckt. Ein Nachbar hatte die Anzeige aufgegeben. Weil Altgott nicht zur wöchentlichen Pokerrunde erschienen war. Glück für sie. Denn das Opfer lebte allein, ohne Familie und, so wie es im Moment aussah, auch ohne sonstige lebende Verwandte.

So blieb es ihnen wenigstens erspart die schlechte Nachricht überbringen zu müssen. Aber das war natürlich nur ein sehr schwacher Trost.

Dagmar blätterte weiter. Informationen, die sie noch vor ein paar Jahren mühsam hätten zusammentragen müssen, hatte das Internet in Windeseile beschafft. Ein beinahe kompletter Lebenslauf von Altgott lag vor ihr.

Ein Börsenhändler, erfolgreich obendrein.

Einer, der es scheinbar wirklich verstand, mit diesen Papieren Gewinne zu erzielen. Großes Haus, teure Autos und die dazu passende Kleidung und doch ein einsamer Mann, dachte Keller.

Nun überflog sie die Unterlagen von Mark Peters. Und versuchte wieder einmal, einen Zusammenhang zwischen den Toten herzustellen. Nur wenn sich ein solcher finden ließ, hatten sie überhaupt eine Chance, dem Täter näherzukommen.

Sie zermarterte ihr Hirn, doch bis auf den Reichtum der Beiden schien es keine Gemeinsamkeit zu geben.

Aber vielleicht war es noch zu früh. Sie hatten, gerade bei Altgott, noch gar nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Vielleicht gab es doch noch den gemeinsamen Freund oder noch besser den gemeinsamen Feind.

Kannten die Beiden sich? Waren sie sich privat oder geschäftlich schon einmal über den Weg gelaufen? Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Mick Peters. Konnte er den Namen des zweiten Opfers zuordnen?

Oder gab es überhaupt keine Verbindung und der Täter verübte die Morde völlig planlos? Ging es nicht um die Opfer, sondern nur um die Tat an sich? Sie wusste, wenn dies der Fall war, dann konnten sie ewig suchen und nur hoffen, dass der Psycho bei einem der nächsten Morde einen Fehler beging, der sie auf seine Spur bringen würde.

Für einige Momente hatte sie sogar über eine Fahndung nachgedacht, doch das hektisch angefertigte Phantombild nach den Angaben der neugierigen Nachbarin gab nichts her. Ein großer Mann mit einem wahrscheinlich angeklebten Bart. Keller konnte sich schon vorstellen, wie die Telefonleitungen in der Einsatzzentrale zu glühen begannen. Nein, auch in dieser Richtung kamen sie nicht weiter.

Wieder drehten sich ihre Gedanken um Mick Peters und die kleine Hoffnung, dass er mit dem Namen des zweiten Opfers etwas anfangen konnte.

Aber wollte sie ihn überhaupt weiter in diese Geschichte hineinziehen?

Ihre Gedanken schweiften ab in die Vergangenheit: Mick und sie waren zwei Jahre lang ein erfolgreiches Team gewesen. Niemand im LKA hatte eine höhere Aufklärungsrate.

Dann waren sie sich privat nähergekommen, hatten ein paar Mal miteinander geschlafen.

Für sie war es nur eine heiße Affäre gewesen, die sie im Job auf keinen Fall bekannt machen wollte, doch Mick wollte mehr. Wenig später hatten sich die Ereignisse überschlagen. Ihr Chef war schwer erkrankt, musste ersetzt werden und beide hatten sich für den Posten beworben.

Alles lief auf ein Kopf an Kopf Rennen hinaus, bis…

Sie schüttelte den Kopf, wollte nicht mehr an diese unsägliche Geschichte denken, musste sich auf das Hier und Jetzt und auf den Fall konzentrieren, der vor ihr lag. Wenn sie nicht schnellstens Ergebnisse erzielte, dann würde es in dem Job, den sie so energisch angestrebt hatte, ganz schnell ganz unangenehm werden. Der »Big Boss« hatte sich bereits bei ihr gemeldet. Zwei Morde in so kurzer Zeit, dazu noch mit diesem mehr als sadistischen Hintergrund brachten auch die Medien auf den Plan.

Irgendwann musste es die obligatorische Pressekonferenz geben, spätestens am Montag, und dann wollte Konrady gut aussehen. Und sie musste ihn gut aussehen lassen.

Wieder blätterte sie in den Unterlagen, bis sie vor ihren Augen verschwammen. Dann sprang sie auf. Sie kam hier nicht weiter. Sie musste vor Ort irgendetwas tun, mit irgendjemandem sprechen, um vielleicht doch noch etwas heraus zu bekommen, dass sie bisher übersehen hatten.

Als Erstes war es sicher notwendig, in Peters und Altgotts Büros herumzustöbern, um doch noch eventuelle Feinde ausfindig zu machen, schiefgelaufene Geschäfte vielleicht oder jemanden, der durch Aktien in den Ruin getrieben worden war, der ein überteuertes Haus gekauft hatte, am besten beides.

Es war die berühmte Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen, doch Keller würde sie finden.

Sie sah sich in der kleinen Polizeizentrale um. Nur wenige Beamte waren hier, die meisten waren abkommandiert zum Bundesligaspiel der heimischen Borussia.

Eigene Leute würde Keller erst am Montag aus Düsseldorf bekommen. Bis dahin musste sie sich mit Gotthard zufrieden geben. Gotthard, der sich nach der Besichtigung des Altgott- Tatortes mit den Worten verabschiedet hatte, er müsse sich mal frisch machen. Dabei war er ganz grün im Gesicht gewesen.

Dagmar konnte es dem jungen Kommissar nicht übel nehmen. Er hatte noch nicht viele Tote gesehen und dieser Mord hatte selbst die eher hartgesottenen Kollegen der Spurensicherung und den alten Tatortfotografen nicht kalt gelassen.

Während Keller durch den Korridor ging, nickte sie einigen der Kollegen zu, sah aber nicht nur in freundliche Gesichter. Es gab immer noch Polizisten, denen die Einmischung einer höheren Behörde nicht gefiel. Anstatt froh zu sein, sich nicht mit diesem Wahnsinn beschäftigen zu müssen.

Ein Blick auf ihr Smartphone zeigte ihr, dass die Obduktion Altgotts für Montagmorgen anberaumt war. Also kein Frühstück an diesem Tag.

Sie fingerte ihre Autoschlüssel aus der Tasche, setzte sich in den Wagen und brauste los...

Hoffentlich einer neuen Idee entgegen.

Mick Peters stand an der Würstchenbude, drehte den Kopf in alle Richtungen und nahm die Stimmung in sich auf.

Er stand in der Nordkurve des Nordparks, den allerdings kein Fußballfan jemals anders als Borussiapark nennen würde, und fühlte sich als Teil des Ganzen. Nirgends hatte er das Gefühl, so dazuzugehören wie hier. Hier, wo einzig die Farben schwarz-weiß-grün und die Borussiaraute zählten.

Sein Herz hatte die Form einer Raute, seit er sich für Fußball interessierte und ob im altehrwürdigen Bökelberg oder hier im wunderschönen, neuen Stadion, er hatte seit Jahren kaum ein Heimspiel versäumt.

Besonders in Zeiten, in denen es ihm dreckig ging, hatte er hierher gefunden, um einer von vielen zu sein. Hier, so dachte er, ist es egal, wer du bist, ob du frisch aus dem Knast kommst oder einer von denen bist, die andere Leute dahin bringen. Hier kommt es nur darauf an, dass du das richtige Trikot trägst.

Mick musterte die Umstehenden, die ihm freundschaftlich zunickten. Viele kannte er seit Jahren, doch nur von einer Hand voll kannte er die richtigen Namen. Jeder hatte hier einen Spitznamen und die meisten verzierten sogar ihre Kutten und Trikots damit.

Er bekam seine Wurst, zapfte sich Senf dazu und biss herzhaft hinein. Sie war heiß und fettig und tauchte bestimmt auf keinem ernährungswissenschaftlichen Plan auf, aber sie war lecker und das war alles, was zählte. Eine Wurst, ein paar Bier und ein interessantes Spiel. Manchmal war das Leben einfach und gut.

Wie oft hatte er Mark dazu überreden wollen, ihn zu begleiten und immer hatte er sich eine blutige Nase geholt. Fußball ist doch nur was für Proleten, hatte sein Bruder oft genug gesagt. Er und seine Frau waren mehr die Museums- und Theatergänger. Und nun würde er nie die einmalige Stimmung kennenlernen. Jetzt war es vorbei. Mark war tot; ermordet auf eine irritierende und bizarre Art.

Wem war er auf den Schlips getreten? Wer hatte solch einen Hass und solche Wut aufgestaut, um ihm etwas Derartiges anzutun?

Einen Moment lang packte ihn das schlechte Gewissen. Was mache ich eigentlich hier, nur einen Tag nach der Tat?, fragte sich Mick.

Sollte ich nicht eigentlich bei der Verfolgung des Mörders sein? Vielleicht versuchen, weitere Spuren zu finden?

Er lächelte grimmig. Alles nicht ganz so einfach, wenn man nicht mehr beim Spiel der Großen mitmischte. Jetzt, da er kein Polizist mehr war, waren ihm manche Wege versperrt. Zum Beispiel kam er nicht mehr in Marks Büro, um die Unterlagen nach eventuellen Tatverdächtigen zu sondieren. Es war versiegelt worden und die Akten inklusive PCs hatten sich die Ermittler unter den Nagel gerissen. Beamte, die von Dagmar Keller angeführt wurden.

Er hatte gehofft, sie nie wieder sehen zu müssen und nun war sie erneut in sein Leben getreten, zusammen mit Gotthard dem jungen Kommissar, der jetzt mit ihm sprechen wollte.

Was hatte er für Neuigkeiten? Vielleicht zerbrach er sich hier völlig umsonst den Kopf und der Täter war bereits dingfest gemacht.

Micks Gedanken wurden jäh unterbrochen, denn Gotthard steuerte zielstrebig auf ihn zu. In seinem Anzug sah er ein wenig deplatziert aus, doch Kleiderordnung war wahrlich ihr kleinstes Problem.

»Hallo«, begrüßte er den Beamten und sah dabei auf die Uhr. »Sie sind spät.«

»Es war auch nicht ganz einfach Sie zu finden.«

»Aber man hat Sie immerhin rein gelassen.«

Gotthard lachte. »Ja, ich wusste gar nicht, wozu so ein Polizeimärkchen gut ist. Damit kann man auch die kulturellen Ereignisse der Stadt besuchen.«

Mick musterte den Mann. »Sie gehen nicht oft zu Fußballspielen, oder?«

»Nein. Dieser Sport hat mich bisher nie interessiert.«

»Kein Wunder, wenn man aus Düsseldorf kommt.«

Eine Spitze, die Gotthard nicht verstand, was Mick nur noch mehr zeigte, dass er es hier, fußballtechnisch gesehen, mit einem absoluten Greenhorn zu tun hatte.

»Auch `ne Wurst?« Der junge Kommissar schien nervös zu sein. Er konnte nicht ruhig stehen bleiben und hampelte vor Mick herum. »Ich habe keinen Appetit, aber wichtige Neuigkeiten.«

»Über den Mörder meines Bruders?«

»Nicht direkt. Aber es hat mit dem Fall zu tun.«

Mick blickte wieder auf die Uhr. »Sie bewegen sich auf dünnem Eis, das wissen Sie, oder?«

Gotthard nickte. »Sie lassen mir als Privatperson Informationen zukommen, die ich nicht bekommen darf. Schließlich hat mich Ihre Chefin sogar in den Kreis der Verdächtigen aufgenommen.«

»Das ist lächerlich und das wissen wir beide!«, brauste Gotthard auf.

»Trotzdem sollten Sie sich die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen und ich gebe Ihnen die Chance dazu. Das Spiel beginnt in zwei Minuten und wir werden uns gemeinsam die erste Halbzeit ansehen. Dann haben sie noch einmal fünfundvierzig Minuten, um über Ihre Aktion nachzudenken. Wenn sie dann immer noch der Meinung sind, dass es richtig ist hier zu sein, dann reden wir weiter.«

Gotthard, dem die Zeit unter den Nägeln brannte, wollte protestieren, doch Mick hatte sich bereits umgewandt und steuerte auf den Eingang des Blocks zu.

Der junge Kommissar zuckte die Achseln und folgte ihm.

Er bereute es nicht. Das Spiel und sein Ausgang interessierten ihn zwar immer noch nicht sonderlich, aber die Atmosphäre zog ihn schon nach wenigen Augenblicken in ihren Bann. Als die heimische Borussia den ersten Treffer erzielte, ertappte er sich sogar dabei, dass er genauso hochsprang, tanzte und Fangesänge, die nicht schwer zu lernen waren, anstimmte wie Zehntausende andere.

Sogar ein Bier ließ er sich von Peters aufschwatzen und als der Schiedsrichter zur Halbzeit pfiff, war er erstaunt, wie schnell die Zeit vergangen war. Er hatte tatsächlich Mühe, sich wieder auf den ursprünglichen Zweck seines Besuches zu besinnen.

Sie hatten den Block verlassen und standen abseits an einem Zaun. Hier war es leise genug für eine Unterhaltung, aber immer noch voll genug, um wunderschön inkognito zu bleiben.

Mick verschwand noch einmal und kam mit zwei weiteren Plastikbechern voll Bier zurück.

Gotthard wehrte halbherzig ab. »Ich muss noch fahren«, meinte er, nahm das Pils aber trotzdem.

»Ich bin Mick«, sagte Peters und hob sein Gefäß.

»Nennen Sie mich Al«, sagte Gotthard und stieß an.

»Und nun raus mit der Sprache«, spornte ihn der Ex-Polizist an. »Oder, wenn Sie es sich anders überlegt haben, dann lassen Sie es. Ich würde es Ihnen nicht übel nehmen.«

Doch Gotthard überlegte keine Sekunde. »Der Täter hat ein zweites Mal zugeschlagen«, sagte er kurz und knapp und Mick fiel beinahe der Becher aus der Hand. Er hatte mit vielem gerechnet, doch damit nicht. Nicht nach so kurzer Zeit.

»Es gibt eine Zeugin«, erklärte Gotthard. »Und sie beschreibt den Täter genauso wie die Kinder, die an der ersten Tat beteiligt waren.«

»Also riesig, Mantel und wahrscheinlich falscher Bart«, fasste Peters zusammen. »Eine Beschreibung, mit der man nicht wirklich viel tun kann.«

Gotthard nickte. »Leider ja. Aber es gibt da doch noch eine Sache, die uns sicher sein lässt, es mit dem gleichen Mann zu tun zu haben. « Er erklärte seinem Gegenüber die Umstände unter denen die Leiche von Altgott gefunden worden war. »Ein Folterexperte«, sagte Mick und eine Gänsehaut lief seinen Rücken hinab.

»Ja, jemand, dem es nicht einfach reicht einen Menschen zu töten. Er macht sich Gedanken, trifft akribische Vorbereitungen und lässt andere den letzten Schritt tun.«

»Um sein Gewissen zu beruhigen? Er glaubt doch nicht etwa, dass er für die Tode nicht verantwortlich ist, wenn er sich nicht selbst die Hände schmutzig macht.«

»Darüber werden wir mehr wissen, wenn wir ein Profil erstellt haben.«

Mick nickte, obwohl er von Profilern nicht wirklich viel hielt. Das meiste von dem, was diese Leute erledigten, hatte er sich oft schon selbst zurechtgelegt.

»Und wer war das Opfer?« Das war die entscheidende Frage. Wenn er jetzt einen bekannten Namen präsentiert bekam, dann würde die restliche Ermittlungsarbeit leichter von der Hand gehen.

»Karsten Altgott. Ein Börsenguru.« Der junge Kommissar beobachtete Micks Reaktion auf den Namen ganz genau. Kurz kam Mick der Gedanke, dass dies vielleicht der eigentliche Grund des Treffens war. Er wollte möglicherweise den Zusammenhang zwischen den Opfern mit Micks Hilfe herstellen. Gar keine schlechte Taktik. Vielleicht hatte Dagmar Keller Gotthard geschickt, um ihn über eventuelle Verbindungen zwischen den Opfern auszuhorchen… Das würde dem Miststück ähnlich sehen. Nein! Dazu war Gotthard zu nervös. Er war nicht abkommandiert worden. Er tat dies hier aus freien Stücken.

»Ich habe den Namen noch nie gehört«, sagte Mick ehrlich und sah die Enttäuschung auf dem Gesicht des Kommissars.

»Dann haben wir nichts«, sagte Gotthard frustriert. »Außer eine Beschreibung von einigen Kindern und einer neugierigen Nachbarin, die auf jeden großen Mann in dieser Stadt passen könnte.«

»Langsam«, meinte Peters. »Dass ich den Namen noch nie gehört habe, hat nichts zu sagen. So nah standen mein Bruder und ich uns nicht mehr. Und wenn es ein Geschäftspartner von ihm war, dann hätte ich nie davon erfahren.«

Aber Sarah weiß möglicherweise etwas, dachte er, band dies dem Kommissar aber nicht auf die Nase. Da musste er schon selbst hinter kommen.

»Es ist alles noch sehr frisch«, versuchte er Gotthard zu beruhigen. »Wir sind noch gar nicht allen Spuren nachgegangen. Und auch die ungewöhnlichen Todesursachen könnten ein Anhaltspunkt sein. Unser Täter muss Vorbereitungen getroffen haben, gerade was die Pflanzen angeht. Irgendwem ist er aufgefallen. Irgendwo hat er einen Fehler gemacht und das wird der Punkt sein, an dem wir einhaken können.«

»Wir!« Mick hörte sich reden und konnte es selbst nicht glauben. Es war so einfach wieder in die Rolle des Polizisten zu schlüpfen und mit einem Teammitglied zu reden.

Nur, dass er diesmal kein Team hatte. Gotthard war nur hier, weil er ihn aus irgendeinem Grund mochte oder sogar bewunderte. Ansonsten war er diesmal auf sich allein gestellt.

Doch die Erwähnung des zweiten Opfers und der Name waren eine große Hilfe. Jetzt hatte er ein weiteres Feld, das er beackern konnte, um Ergebnisse zu erzielen und den Mörder seines Bruders seiner gerechten Strafe zuzuführen.

»Ich danke Ihnen, dass Sie mir das alles erzählt haben«, sagte er. »Auch wenn mir der Grund nicht ganz klar ist.«

»Gerechtigkeit«, sagte der junge Kommissar nur. »Ich habe Ihre Karriere im Auge gehabt, als ich noch auf der Polizeischule war, Ihren ganzen Werdegang, Ihre Erfolge. All das hat mich dazu gebracht, selbst diese Laufbahn einzuschlagen. Dann kam diese Sache mit… na ja, Sie wissen schon. Und nun ist diese Person auch noch meine Chefin.« Er grinste schief. »Wäre es nicht bloß gerecht, wenn Sie den Fall aufklären könnten und sie ein wenig schlecht aussehen ließen?«

Mick nickte. »Sie sind auch im Team«, gab er dann zu bedenken. »Wenn ich Dagmar Keller schlecht aussehen lasse, dann sind Sie mit gearscht.«

»Damit kann ich leben. Ich bin nur der kleine Mann in der zweiten Reihe.«

Peters überlegte. »Wissen Sie, Al«, meinte er dann. »Eigentlich ist mir dieser Rachegedanke völlig fern. Und ich möchte Sie auch nicht in diese alte Geschichte reinziehen oder Sie daran hindern, vernünftige Arbeit zu machen, aber ich bin dankbar für die Infos.« Er suchte die nächsten Worte. »Vielleicht können wir unsere Ergebnisse hier und da mal austauschen. Dann hätten wir beide etwas davon. Und Sie können, wenn ich mehr herausfinde als ein ganzes Polizeiteam, was ehrlich gesagt sehr unwahrscheinlich ist, mit neuem Wissen bei ihrer Chefin Eindruck schinden. Ich glaube das ist der Weg.«

Gotthard schien nicht zu begreifen, warum Peters der Frau, die seinen Polizeidienst beendet hatte, keine auswischen wollte, doch die Argumente des Mannes waren nicht von der Hand zu weisen.

»Okay«, sagt er und streckte Mick die Hand hin. »So machen wir es. Wir halten uns gegenseitig auf dem Laufenden.«

Peters ergriff die Hand. »Sehr schön«, sagte er und grinste. »Und jetzt verraten Sie mir noch, wofür Al als Abkürzung steht.«

»Aloysius«, meinte Gotthard und lachte. »Meine Eltern kommen ursprünglich aus Bayern.«

»Ach du Scheiße! Dann kann ich ja froh sein, dass Sie mit Fußball nichts am Hut haben. Bayern München ist echt die Höchststrafe.«

Plötzlich fiel ihnen auf, dass sich der Platz vor der Kurve merklich geleert hatte und ein Raunen kam aus dem Stadion.

»Die zweite Halbzeit hat angefangen«, sagte Gotthard. »Lassen Sie uns reingehen, sonst verpassen wir noch was.«

Und damit ließ er einen wirklich überraschten Peters stehen.

Aus dem Jungen kann echt noch was werden, dachte Mick und folgte ihm. Doch obwohl die Borussia noch weitere Treffer erzielte, konnte er sich nicht mehr richtig auf das Spiel konzentrieren. Namen wuselten durch seinen Kopf und seltsame Morde.

Ein Psychopath trieb sein Unwesen in Mönchengladbach und Peters war völlig klar, dass weitere Opfer folgen würden.

Er ahnte nur nicht, wie schnell …

Mein ist der Schmerz

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