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CHARAKTERISIERUNG VON GERUCHSBESTIMMENDEN STOFFEN
Оглавление1. ALIPHATISCHE KOHLENWASSERSTOFFE
(z. B. (Z)-3-Hexenal, Decanal, (E,Z)-2,6-Nonadienal)
GERUCHSTYP grün, wachsig, fettig, fruchtig
GEWÜRZE Weizengras, Olivenöl
GEMÜSE Okra, Avocado, Aubergine, Gurke, Artischocke, Papaya, Tomate, Zichorie
2. SCHWEFEL- UND STICKSTOFFVERBINDUNGEN
(z. B. Dipropylsulfid, Alliciin, Methional, Nitrile)
GERUCHSTYP schweflig stechend, kohlartig, zwiebelartig
GEWÜRZE Kala Namak, Schnittlauch, Knoblauch, Kresse
GEMÜSE Lauch, Spargel, Zwiebel, Rettich, Salate, Kohl
3. ACYCLISCHE TERPENE
(z. B. Citronellol, Geranial, Geraniol, Linalool, Nerol, Myrcen)
GERUCHSTYP floral, zitronenartigleicht blumig, rosenartig, lavendelartig
GEWÜRZE Zitronengras, Lorbeer, Rose, Bohnenkraut, Basilikum, Oregano, Minze, Salbei
GEMÜSE Kaktusfeige, Karotte, Fenchel, Erbse, Tomate, Tomatillo, Melone
4. CYCLISCHE MONOTERPENE
(z. B. Borneol, 3-Caren, Carvon, 1,8-Cineol, Fenchon, Limonen, Pinen, Safranal)
GERUCHSTYP kampferartig, minzig, würzig, bitter, erdig, thymianartig
GEWÜRZE Wacholder, Rosmarin, Minze, Tannennadeln, Dill, Thymian
GEMÜSE Okra, Topinambur, Brokkoli, Schwarzwurzel, Sellerie, Rote Bete
5. SESQUITERPENE
(z. B. Bergamoten, Bisabolol, Bisabolen, Camphen, α-Caryophyllen, β-Caryophyllen, α-Selinen )
GERUCHSTYP kampferartig, holzig, balsamisch, terpentinartig, erdig-gemüsig
GEWÜRZE Bergamotte, Kamille, Bockshornklee, Oregano
GEMÜSE Aubergine, Möhre, Salat, Kaktusblätter, Cardy, Speiserübe, Sellerie, Pastinake, Okra
6. AROMATEN
(z. B. Carvacrol, Cuminaldehyd, Benzaldehyd, Elemicin, Phenylpropan, Thymol, Vanillin, 4-Vinylguaiacol)
GERUCHSTYP aromatisch mandelartig, anisartig, pizzaartig, thymianartig, vanillig, rauchig
GEWÜRZE Bergamotte, Eukalyptus, Majoran, Myrrhe, Harze, Mastix, Tamarinde, Vanille
GEMÜSE Avocado, Blumenkohl, Bohne, Haferwurzel, Kartoffel, Kürbis, Mangold, Rote Bete, Schwarzwurzel, Sellerie, Sojabohne, Spinat, Topinambur
7. PHENOLE, PHENOLDERVIVATE, PHENOLPROPANOIDE
(z. B. Estragol, Eugenol, Myristicin, Safrol, Zimtaldehyd)
GERUCHSTYP muskatartig, würzig, zimtig
GEWÜRZE Anis, Basilikum, Liebstöckel, Lorbeer, Oregano, Pfeffer, Muskatnuss, Zimt
GEMÜSE Blumenkohl, Haferwurzel, Karotte, Kerbelrübe, Kohlrabi, Pastinake, Schwarzwurzel, Spargel, Taro, Wurzelpetersilie
8. HETEROCYCLISCHE VERBINDUNGEN
(z.B. Butylphtalid, Coriandrin, Cumarin Furfural, Penthylfuran, Perillen, Pyrazin, Sesamol, Sotolon)
GERUCHSTYP brotrindenartig, heuartig, karamellig, holzig, nussig, röstig
GEWÜRZE Ahornsirup, Heu, Nüsse, Mohn, Sesam, Waldmeister
GEMÜSE Bohne, Kichererbse, Schwarzwurzel, Sellerie, Zichorie, Grüner Paprika, Gartenbohne, Spargel, Zuckermais Pastinake
9. TRIGEMINALREIZE
(z. B. Capsaicin, Gallussäure, Oxalsäure)
GERUCHSTYP geruchlos, trigeminal reizend, wärmend, kühlend, beißend, demineralisierend
GEWÜRZE Chili, Pfeffer, Stevia
GEMÜSE Zwiebelgewächse, Spinat
GRUPPE 7: PHENOLE, PHENOLDERIVATE, PHENYLPROPANOIDE – TYPISCHE („SCHWERE“) DÜFTE NACH ZIMT, MUSKAT & CO.
MYRISTICIN würzig, warm, balsamisch, holzig, wärmend
EUGENOL würzig, süßlich, gewürznelkenartig, aromatisch, holzig, pimentartig, warm-würzig
Phenylderivate riechen noch intensiver, meist „öliger“ und würziger als die Aromaten. Das in Muskatnuss und Petersilie dominante MYRISTICIN ist in Wurzelgemüsen wie Haferwurzel, Karotte, Kerbelrübe, Pastinake, Schwarzwurzel, Spargel, Taro und natürlich Wurzelpetersilie duftbestimmend. EUGENOL, das den Duft von Gewürznelken prägt und ebenfalls in Piment und Zimt, Lorbeerblättern, Basilikum, Muskatnuss und deren Blüte Macis vorhanden ist, sorgt für die würzige, eher schwer empfundenen Düfte. Man findet es in vielen Gemüsen, angefangen von der Artischocke über Blumenkohl, Gemüsepaprika und Kerbelrübe bis hin zur eher matt wirkenden Zucchini. ESTRAGOL gibt vor allem den Kräutern Estragon, Kerbel und Basilikum die Grundaromen, aber auch der Fenchelknolle und Tomaten.
GRUPPE 8: HETEROCYCLISCHE VERBINDUNGEN, KOHLENWASSERSTOFFE, AMIDE UND MAKROZYKLEN – RÖSTAROMEN, NICHT NUR AUS DER PFANNE
FURFURAL süßlich-röstig, brotartig, nussig, karamellig
2-METHOXY-3-ISOBUTYLPYRAZIN würzig grün, erbsenartig, bohnenartig, grüner Paprika
Die letzte Gruppe der Duftstoffe besteht vor allem aus Röstaromen. Cyclische Moleküle weisen immer eine ringförmige Struktur auf. Im Unterschied zum Benzolring bei Aromaten und Phenylpropanoiden sind bei Heterozyklen nicht nur Kohlenstoffatome, sondern auch Sauerstoff, Schwefel- oder Stickstoffe eingebaut.
Diese tiefen, röstigen Aromen können schon von vornherein in einem Gemüse vorkommen oder bei praktisch jedem Erhitzungsprozess über Karamellisierungsvorgänge und Maillardreaktion ( Seite 94) entstehen. Einer der bekanntesten Vertreter ist das MALTOL, das beim Karamellisieren von Zucker entsteht und eine süßliche, malzige Karamellnote aufweist. Ein weiteres Beispiel ist das SOTOLON, das in Bockshornklee und Liebstöckel vorkommt und charakteristisch für Knollensellerie ist. Besonders im gekochten Zustand verhilft es der Wurzel zu ihrer typischen Karamellnote. Ein Grund mehr, Sellerie zum Schmoren und als „vegetales“ Röstgemüse zuzugeben. Viele von den Aromen, die beim Rösten entstehen, sind bereits im Rohzustand vorhanden. FURFURAL trägt zum Beispiel bei Gewürznelken zu den dunklen Noten bei, CUMARIN erzeugt den Duft von Heu und gibt getrocknetem Waldmeister seinen charakteristischen Geruch. In Gemüse spielen sie vor allem in zuckerreichen Sorten wie Avocado, Kichererbse, Okra, Rote Bete, Süßkartoffel, Taro, Tomate und Tomatillo eine große Rolle. Sie entstehen auch direkt aus den verschiedenen freien Pflanzenzuckern. CUMARIN ist nicht nur vorherrschend in Tonkabohnen und Waldmeister, sondern auch eine wesentliche Komponente im Rettich- und Radieschenkraut. In höheren Konzentrationen sind übrigens alle der hier dargestellten Verbindungen gesundheitsschädlich. Allerdings sind die Konzentrationen in der Küche meist derart niedrig, dass diese Diskussionen hier nicht ernsthaft geführt werden müssen. Zu den Heterozyklen gehören außerdem die Pyrazine; beispielhaft sei hier das 2-METHOXY-3-ISOBUTYLPYRAZIN genannt, das grünem Gemüsepaprika seinen erdigen Duft gibt und auch im Wein, etwa Sauvignon Blanc, typisch ist. Die Gruppe 8 ist damit für Röststoffe, aber auch für erdig-würzige Aromen verantwortlich.
GRUPPE 9: TRIGEMINUSREIZ
CAPSAICIN trigeminal scharf
GALLUSSÄURE stark adstringierend
Für die trigeminale Wahrnehmung sind nichtflüchtige Moleküle auch abseits der Geschmackseigenschaften von zentraler Bedeutung. Die bekanntesten Vertreter sind das Alkaloid CAPSAICIN, das in manchen „scharfen“, roten Paprikasorten auftritt (und im Chili vorherrschend ist) sowie PIPERIN. Von beiden Stoffen gibt es mehrere Isomere und Derivate. Sie sorgen für einen trigeminalen Wärmereiz im Mund. Die Wahrnehmung dieser Moleküle erfolgt nicht über Geschmacksknospen, sondern über den zentralen Hirnnerv, den Nervus trigeminus, der für Wärme, Kälte und Schmerzreize empfindlich ist. Wie die trigeminalen Reize entstehen und welche Bandbreite an sensorischen Empfindungen sie umfassen, wird weiter unten ausführlicher dargestellt ( Trigeminus, ein unterschätzter Reiz, Seite 28).
Einige der Geruchsstoffe der Gruppen 1 bis 8 sind nicht nur geruchsaktiv, sondern auch stark trigeminal reizend. Sie lösen orthonasal, retronasal und sogar oral Wärme (z. B. EUGENOL) oder Kühlereize (z. B. MENTHOL) aus, wirken adstringierend (BISABOLEN) oder stechend (ESSIGSÄURE). Einige Schwefelstoffe aus Gruppe 2 verursachen einen starken Schmerz und wirken extrem kalt. Diese Moleküle werden im Gemüse-A-bis-Z in der Liste der Aromen eigens mit einem hochgestellten „T“ markiert, das auf den Trigeminalreiz hinweist, damit man diesen jeweils „würztechnisch“ und kochtechnisch nutzen kann.
Der neunte Kreis in unserem Farbschema, der „Trigeminalkreis“, kann also von zwei verschiedenen Molekülgruppen aktiviert werden: zum einen von diesen mit „T“ gekennzeichneten, trigeminal wirkenden Aromen und zum anderen von speziellen nicht flüchtigen Verbindungen (die keine Aromen sind und jeweils nur im Fließtext, nicht in der Aromenliste auftauchen) wie Capsaicin, Gallussäure oder anderen gemüsetypischen phenolischen Verbindungen, die für eine starke Adstringenz verantwortlich sind.