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DUFT AN DER RICHTIGEN STELLE
ОглавлениеDünstet man Rosenkohl in Wasser, erfüllen schnell typische Kohlaromen die Küche. Der Grund: Aromastoffe lösen sich nur bedingt im Wasser, bei höheren Temperaturen immer schlechter, und flüchten in die Luft. Wird Rosenkohl hingegen mit Öl bedeckt „gedünstet“, sprich konfiert, lösen sich die Aromaverbindungen im Öl. Die Küche „duftet“ weit weniger nach schwefeligem Kohl und die im Öl gelösten Aromastoffe wandern genau dorthin, wo sie hingehören: in den Mund. Mit jedem Tropfen Öl werden beim „oralen Prozessieren“, also beim Kauen, die Aromastoffe wieder freigegeben und retronasal wahrgenommen. Öl, Fett und Gemüse gehören unbedingt zusammen, allein wegen der sensorischen Bedeutung und zum „Aufsammeln“ und „Speichern“ der flüchtigen, wasserunlöslichen Aromen.
Die Gegensätze in der Küche: Wasser (blau) und Fett. Wassermoleküle sind polar, d. h. auf der Sauerstoffseite leicht negativ, auf der Wasserstoffseite leicht positiv geladen. Dadurch können nur polare oder elektrisch geladene Stoffe in Wasser gelöst werden. Fett ist apolar.
AROMA IM KOCHWASSER: GEMÜSEBRÜHEN Natürlich duften Gemüsebrühen nach Gemüse oder das Spargelkochwasser intensiv nach Spargel. Der Grund ist einfach: Sie riechen stark, weil die Aromen das Wasser nicht mögen und so rasch wie möglich flüchten. Dennoch können sie sich unter bestimmten Verhältnissen auch in Wasser „lösen“. Dabei hilft die – den unpolaren Aromastoffen eigentlich ja hinderliche – Polarität des Wassers. Da die Wassermoleküle polar sind, orientieren sie sich so zueinander, dass sich ihre positiv geladene Wasserstoffseite dem nächsten negativ geladenen Sauerstoffteil zuwendet: Gegensätze ziehen sich an. Daher können unpolare Aromenverbindungen von einem Wasserkäfig umschlossen und so im Wasser gehalten werden. Diese Einbindung ist allerdings instabil. Moleküle, die sich in der Nähe der Wasseroberfläche befinden, verflüchtigen sich, denn die gasförmige Luft ist für diese unpolaren Stoffe ein weit besseres Lösungsmittel als das polare Wasser. Sie treten aus und „duften“.
Wassermoleküle bilden um unpolare Aromaverbindungen „Käfige“ und halten sie so fest. Solange die Duftmoleküle nicht zu Tropfen kondensieren, bleiben sie „gelöst“.
Die Flüchtigkeit einer hydrophoben Aromaverbindung in Wasser. Zwar hält der Käfig die Verbindung im Wasser fest (links), an der Oberfläche jedoch wird der Käfig aufgebrochen (Mitte). Das Molekül ist jetzt dem „besseren“ Lösungsmittel Luft ausgesetzt und wird so flüchtig. Es steht jetzt dem orthonasalen Riechen zur Verfügung.
Die Flüchtigkeit der Aromen ist ein großes Problem, da in den meisten Fällen die Gartemperaturen hoch sind. Daher ist es von Vorteil, eine ausreichende Menge an Lösungsmittel während des Garens zur Verfügung zu stellen, im besten Fall Fett, denn dessen Moleküle (Triacylglyceride) sind sehr groß und schwer. Sie können während des Kochens nicht verdampfen und haben daher einen hohen Siedepunkt. Fette lösen viele Aromen, deshalb ist Fett ein „Aromaträger“ und kein „Geschmacksträger“ ( Gemüseküche, Seite 60).