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I. Allgemeines 1. Merkmale und Arten

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Zu den Kreditderivaten lassen sich alle derivativen Finanzinstrumente zählen, mit denen wirkliche oder vermeintliche Kreditrisiken auf andere Marktteilnehmer (sog. Sicherungsgeber) übertragen werden.262 In vielen Fällen handelt es dabei um Instrumente, die nach U.S.-Recht oder britischem Recht modelliert sind, d.h. denen Musterverträge nach Modellen des Common Law zugrunde liegen und die auf anglo-amerikanisches Recht verweisen (insb. das ISDA Master Agreement). Anders ist dies etwa bei strukturierten Anleihen mit Ausfallschutz (sog. Credit Linked Notes), die schon zu Zwecken der einfacheren Handelbarkeit üblicherweise nach nationalem Recht strukturiert werden.263 Kreditderivate haben Kredite im weitesten Sinne als Referenzwerte (Basiswerte). Das Kreditrisiko, dessen Übertragung jeweils den Vertragsgegenstand des Derivatkontrakts bildet, umfasst das Risiko, dass der gegebene Kredit nicht zurückgezahlt wird (Ausfallrisiko) oder dass sich die bei Kreditvergabe erhofften Erträge nicht generieren lassen, insbesondere aufgrund einer Bonitätsverschlechterung des Schuldners (Bonitätsrisiko).264 Die Übertragung findet dadurch statt, dass einer Partei (Sicherungsnehmer) ein Risiko zugewiesen wird, das zu dem Kreditrisiko gegenläufig ist. Zugleich wird der anderen Partei (Sicherungsgeber) ein dem Kreditrisiko entsprechendes Risiko zugewiesen. Die übertragenen Risiken können in Bezug auf eine bestimmte Partei (Bezugs- bzw. Referenzpartei), in Bezug auf die von einer bestimmten Partei emittierten Anleihen und aufgenommenen Darlehen (Referenzschuld) oder in Bezug auf ein Portfolio (Pool) von Referenzparteien bzw. -schulden übertragen werden, weshalb die Instrumente sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können. Der Sicherungsnehmer zahlt dem Sicherungsgeber für die Übernahme des Kreditrisikos eine Prämie. Die Prämienzahlung kann alternativ dadurch erfolgen, dass der Sicherungsgeber dem -nehmer seinerseits ein gleichwertiges Kreditrisiko überträgt (reiner Kreditswap). Bei Abschluss fällt infolge der Standardisierung der Prämien (Kupons) typischerweise eine zusätzliche Ausgleichszahlung an.

Die Laufzeit des Derivats ist frei vereinbar und kann mit der Laufzeit des Referenzwertes (Kredits) übereinstimmen, aber auch kürzer sein.265 Die Absicherung durch das Derivat wird dann relevant, wenn ein Kreditereignis eintritt, bei dem sich das übertragene Kreditrisiko realisiert. Die vereinbarten Kreditereignisse orientieren sich zurzeit üblicherweise an den Definitionen der ISDA. Diese Definitionen haben den Vorteil, dass sie einerseits leicht überprüfbar und nicht zu breit definiert sind und dass ihre Standardisierung andererseits das Risiko von Rechtsstreitigkeiten vermindert.266 Für den Fall, dass ein vereinbartes Kreditereignis eintritt, kann als vom Sicherungsgeber zu leistender Ausgleichsbetrag entweder ein Festbetrag oder die Wertdifferenz zwischen der ursprünglichen und der durch das Kreditereignis verminderten Position vereinbart werden.

Wenn bis zum Ende der Laufzeit hingegen kein Kreditereignis eintritt oder der Ausfallschutz aus anderen Gründen nicht mehr benötigt wird, erfolgt üblicherweise eine Glattstellung. Dazu wird ein gegenläufiges Geschäft zum gültigen Marktpreis abgeschlossen. Solche Gegengeschäfte sind auch mit Dritten möglich, ebenso der Eintritt einer Gegenpartei ins bestehende Geschäft (assignment). Eine Aufhebungsvereinbarung ist dagegen unüblich.

Bezüglich der näheren Ausgestaltung von Kreditderivaten ist in mehrerlei Hinsicht zu unterscheiden. Sie hängt zum einen von den abgesicherten Risiken ab (Ausfallrisiken, Bonitätsrisiken usw.) und zum anderen davon, ob es sich um Derivate für Einzelrisiken oder solchen für Portfoliorisiken handelt. Als Kreditderivate für Einzelrisiken lassen sich Credit Default Swaps (CDS; Ausfallschutz), Credit spread-Produkte (Schutz vor Bonitätsveränderungen), Total Return Swaps (TRS; Schutz vor dem gesamtem ökonomischen Risiko) und Credit Linked Notes (CLN; zweiseitiger Ausfallschutz)267 unterscheiden. Als Kreditderivate für Portfoliorisiken sind Varianten der zuvor genannten Kreditderivate zu nennen, zusätzlich kommen komplexere Strukturen wie insbesondere so genannte Collateralized Synthetic Obligations (CSO) zum Einsatz.

Eine weitere – speziell für das Risikoprofil relevante – Unterscheidung lässt sich danach treffen, ob die betreffenden Kreditderivate eine Zahlung vorab erfordern, also „gedeckt“ sind (funded), oder ob sie eine Zahlung erst nach Eintritt eines Kreditereignisses auslösen, also „ungedeckt“ sind (unfunded).268 Diese Unterscheidung ist für das Risikoprofil der Kreditderivate deshalb relevant, weil die eine Risikoabsicherung suchende Partei (Sicherungsnehmer = protection buyer, risk seller) über den Abschluss des Derivatkontrakts das Ausfallrisiko der Gegenpartei (Sicherungsgeber = protection seller, risk buyer) jedenfalls dann übernimmt, wenn das Kreditderivat nicht vorausbezahlt ist. Zu einer Übernahme des Ausfallrisikos kommt es grundsätzlich bei CDS und TRS (unfunded), aber nicht bei CLN und CSO (funded).

Nachfolgend sollen die oben genannten Arten von Kreditderivaten genauer hinsichtlich ihrer Funktionen und ihres Risikoprofils dargestellt werden.269 Dabei ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass von diesen Produkten vor allem CDS und CLN in zahlenmäßig größerem Umfang gehandelt werden, während Credit spread-Produkte und TRS vor allem in Kombination mit anderen Produkten auftreten und im Gesamtmarkt nur eine geringe Rolle spielen.270

Die Regulierung innovativer Finanzinstrumente

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