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Bari-Flirt

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Mit drei Stunden Verspätung erreichten wir Bari, die eingeplante Fähre nach Albanien hatten wir verpasst. Das war uns schon unterwegs klar geworden, und wir hatten uns aufgeregt und wieder abgeregt, weil wir es sowieso nicht ändern konnten. Da die Fähre nur alle zwei Tage fuhr, mussten wir jetzt in Bari übernachten. Die Unterkunft sollte billig sein, wir wollten auf keinen Fall die gestohlenen D-Mark gegen Lira tauschen.

Mit zugekniffenen Augen gegen die helle Sonne marschierten wir gebückt unter der Last unserer Rucksäcke, der stressigen Zugfahrt und der Hitze über den flimmernden Bahnhofsvorplatz. Mir fiel auf, dass sich die Italiener entlang der Schatten bewegten, als suchten sie Schutz vor Regen unter Vorsprüngen und Bäumen.

Auf der anderen Seite stand ein bunt bemalter Doppeldeckerbus. Die Touristen-Information der Stadt.

Ich ließ Carlo den Vortritt, mein Italienisch reichte dafür nicht aus, dennoch spürte ich, wie Carlo aufblühte, wie er und die junge Italienerin hinter der Theke offen miteinander flirteten. Man brauchte wirklich kein Verhaltenspsychologe zu sein, Gesten und Mimik sprachen deutliche Worte, ein ausgiebiges Gegurre.

Schließlich drehte er sich zu mir um und grinste mich weiter mit seinem Touri-Info-Angestellten-Grinsen an, „Hier gibt’s einen Park, wo Zelte stehen und man umsonst pennen kann.“

„Klasse“, ich überlegte, „Ein Obdachlosenasyl?“

„Nein, eine Aktion der Stadt! Werbung für Bari. Zelten umsonst, solange ein Platz frei ist, nur in dem Park, und es sind noch Plätze frei, sagt sie.“

„Und, was sagt deine Freundin sonst noch?“

Wir ignorierten nun die Düse hinter der Info-Theke.

Carlo beugte sich vor zu mir, „Wie?“

„Worüber habt ihr zwei Süßen so gequatscht?“

„Nichts.“

„Nichts! Das große Nichts zwischen Mann und Frau.“

„Mach dich nicht lächerlich. Ich wusste gar nicht, wie schnell du eifersüchtig werden kannst.“

„Liegt vielleicht daran, dass ich keine Chance habe mitzuturteln, so wie ich rumlaufe“, mein Baumfällerhemd hatte ich mir um die Hüfte geknotet. Ich trug ein viel zu großes, ausgewaschenes T-Shirt mit einem verschnörkelten Aufdruck, der ebenfalls meine kleinen Brüste kaschieren sollte.

„Besser nicht“, sagte er.

Kleine Brüste. Ihr Vorteil liegt darin, dass ihnen im Alter die Schwerkraft nicht so zusetzt, und in der Jugend kann man einen Baumarkt überfallen, sich crossdressen und in Albanien untertauchen. Sind schon prima kleine Brüste.

„Und du nutzt das aus“, sagte ich.

„Was nutze ich denn aus?“

„Du hast geflirtet.“

„Hab ich nicht.“

„Und wie du das hast!“

Die dunklen großen Augen der Italienerin kugelten einige Male verstohlen zu uns herüber.

„Ich war nur nett“, sagte Carlo, „Ich habe ein paar Worte über Ihren Job verloren. Wir, als zwei Kerle, müssen ... mit Frauen flirten, wenn du so willst, ansonsten fallen wir auf hier.“

„Ach, ach so! Nur deswegen flirten Männer in Kleingruppen, um nicht aufzufallen. Was wir Frauen immer für einen Blödsinn denken, wir denken nämlich immer, ihr meint uns. Aber heute wurde ich aufgeklärt, sie wollen nur nicht auffallen, sie wollen einfach nur nett sein, höflich, uns nicht beleidigen. Carlo, ich möchte dich darauf aufmerksam machen, dass du dich jetzt ganz schön tief reinreitest!“

„Ich reite mich nirgends rein. Was soll die denn da denken, wenn hier zwei Touristen reinkommen und sie mit dem Hintern nicht angucken. Und weil du deine Rolle noch nicht ganz perfekt drauf hast, opfere ich mich eben.“

„Opfern?“

„Und zeige dir, wie man das so macht.“

„Das Flirten.“

Carlo zeigte mit der Hand auf mich, „Wenn du so willst, das Flirten.“

„Aha.“

„Ja, aha.“

„Ich muss sagen, ich bekomme schon interessante Einsichten in die Welt der Männer ... so als Mann.“

„Siehste.“

„Mh-mmh.“

„Sie hat übrigens nix bemerkt.“

„Was?“

„Na, was wohl? Du, ein Mann!?“

„So soll es ja auch sein. Und worüber habt ihr so angeregt geredet? Es war wohl ein bisschen mehr als, Entschuldigung, wo könnte ich mit meinem Freund übernachten, oh, da gehen Sie raus, zweimal links und dann ins Soundso-Hotel, oder in den Soundso-Park.“

„Stimmt, sie hat uns übrigens gen Ende unserer Unterhaltung mit ‚ihr zwei Süßen’ bezeichnet.“

„Süß.“

„Ja.“

„Ich?“

„Süß.“

Ich schaute zu ihr rüber, sie tat, als wäre sie mit dem Sortieren von Broschüren beschäftigt. Konnte es möglich sein, dass mich Frauen süß fanden, so wie ich aussah? Oder nahm mich Carlo auf den Arm?

„Warum sollte Sie in dem Gespräch mit dir sich überhaupt über mich auslassen?“

Carlo machte eine abwehrende Geste, „Süß.“

„Du willst mir was erzählen.“

„Nimm ein Kompliment, wenn du es bekommst.“

„Als Frau, ja, aber als Mann?!“

„Apropos süß, ich bin hungrig, wie sieht’s mit dir aus?“, fragte Carlo.

„Ein warmes Essen! Ja, nach den ganzen Brötchen und Sandwiches unterwegs.“

Mit dem Daumen deutete er zur Italienerin, „Darf ich?“

Ich schlug ihm mit der Rückhand gegen die Brust, „Übertreibe es nicht.“

Aber er wandte sich nicht direkt an sie, sondern beugte sich vor zu mir und sagte eindringlich, „Hey, ich hab dir schon mal gesagt, so einen Klaps geben sich Kerle nicht, pass auf!“

„Okay“, er hatte recht.

„Das sieht komisch aus.“

„Ja ja.“

Dann drehte er sich zu ihr um.

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