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1 Wege der Gotteserkenntnis[1]

Der Anfang aller höheren Erkenntnis ist Gotteserkenntnis. So sagte der große Immanuel Kant: „Er existiert; das genügt, um von ihm alles gesagt und begriffen zu haben.“ Das mag für einen Kant genügen, doch für ungezählte Menschen ist es ein schwieriges Problem, Gott zu erkennen; denn angesichts all des Bösen in der Welt sehen sie keine Möglichkeit, an Gott zu glauben. Viele wollen auch gar nicht an Gott glauben, denn das ist für sie bequemer. So meinen sie, ihr eigenes – gottfernes – Leben ungestört weiterleben zu können. Sie stecken also den Kopf in den Sand. Und schließlich sind da auch noch einige, die meinen, aktiv für den Unglauben, den Atheismus, eintreten zu müssen. Leider hat der Einfluss solcher Menschen und ihrer Ideologien dazu geführt, dass heute große Teile der Menschheit nicht an Gott glauben.

Darum muss unser allererstes Bemühen darauf gerichtet sein, die Erkenntnis der Existenz Gottes auf ein unerschütterliches Fundament zu stellen. Dabei geht es nicht darum, dass wir Gott beweisen, so wie man eine Sache oder einen Sachverhalt beweisen kann. Denn wenn Gott ein Ding unter anderen Dingen wäre, dann wäre er ja nicht Gott, der ewige Urgrund und Schöpfer all dessen, was da ist. Dieser Gott lässt sich indes sehr wohl erkennen, denn er beweist sich ja selbst jeden Tag durch alle seine Werke!

An seinen Werken können wir Gott genauso erkennen wie einen Künstler an seinen Kunstwerken. Kann auch eine Sinfonie von Mozart oder ein Gemälde von Leonardo durch Zufall entstanden sein? Wäre es nicht lächerlich und völlig wirklichkeitsfremd, so etwas zu behaupten? Ebenso wenig kann ein solches Meisterwerk aus sich selbst heraus entstanden sein. Jedes Werk, jede Wirkung muss ihre Ursache haben. Das ist ein klares Gesetz. So muss also auch jedes Kunstwerk einen Urheber, einen Schöpfer haben. Von einem Kunstwerk kann man folglich mit Sicherheit auf einen Künstler zurückschließen, auch wenn man den Künstler im Moment nicht sieht, sondern nur das Kunstwerk sehen und greifen kann. Es zeigt zum Beispiel in jedem Pinselstrich die Hand seines Meisters. Ja, es sagt sehr viel über seine Persönlichkeit, sein Wesen. In seinen Werken stellt der Künstler sich selbst dar. An seinen Werken können wir ihn erkennen, und so können wir auch Gottes unsichtbares Wesen, seine ewige Kraft und Gottheit seit der Erschaffung der Welt an seinen Werken betrachten und deutlich sehen, sodass sich niemand entschuldigen kann, der Gott nicht erkennt (Röm 1,19 f.).

Wenn beispielsweise schon Gemälde mit Darstellungen von Blumen, Tieren oder Menschen als Kunstwerke gelten, die nicht durch Zufall oder aus sich selbst entstanden sein können, obwohl sie doch nur ein Abbild von den Dingen und an sich tot sind – wie viel mehr sind die Blumen, Tiere oder Menschen selbst Kunstwerke, die einen noch viel höheren Künstler zum Urheber haben müssen, da sie ja Leben in sich tragen! Welche von Menschen gemalte oder künstlich hergestellte Rose hält den Vergleich mit einer lebendigen aus, die langsam erblüht und ihren wunderbaren Duft verströmt?[2] Welches Selbstporträt eines Malers ist ein so staunenswertes Kunstwerk wie der Maler selbst, der – im Gegensatz zu seinem Bild – fühlen, sehen, hören, sprechen, sich bewegen, sich erinnern, denken, sich seiner selbst bewusst und schöpferisch tätig sein kann? Und dies sollte aus blindem Zufall entstanden sein? Ist es nicht lächerlich, so etwas zu behaupten? Wenn aber der Mensch nicht einmal ein einziges lebendiges Gräslein erschaffen kann, geschweige denn eine Rose – wer in dieser sichtbaren Welt soll so etwas erschaffen haben? Etwa die Tiere? … Die Pflanzen? … Oder gar das Mineralreich? Soll etwa die reine Materie so viel Geist, Einsicht und Weisheit besitzen, um zum Beispiel eine Nachtigall hervorzubringen? … Gebrauchen wir doch unseren gesunden Menschenverstand! Wie töricht wäre es doch, angesichts der unzähligen lebendigen Kunstwerke um uns her so etwas anzunehmen! Nicht einmal das tote Abbild einer Nachtigall zum Beispiel könnten Tiere oder niedrigere Wesen schaffen! Darum spricht die Bibel mit Recht von solchen Menschen als von Toren, die in ihrem Herzen sprechen: „Es ist kein Gott.“ (Ps 14,1)

Das wird noch umso deutlicher, wenn wir die Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaft betrachten. Die Naturwissenschaftler haben in der gesamten Natur Gesetze erkannt, zum Beispiel die Gesetze im Bereich der Optik, der Elektrizität, der Schwerkraft, usw. Diese Gesetze ergänzen und bestätigen sich gegenseitig in einer bewundernswerten Ordnung und Logik. Sie gelten in der gesamten sichtbaren, materiellen Welt, und zwar im kleinsten wie im größten Bereich! Wie die Elektronen sich um den Kern des Atoms bewegen, so die Planeten um die Sonne. Ob wir uns auf der Erde befinden oder am äußersten Ende des Weltalls: Überall gelten dieselben Gesetze! Diese universale Ordnung wurde nicht von Menschen geschaffen. Wir Menschen können nur versuchen, ein wenig von dieser gewaltigen Ordnung zu erfassen. Dass es sie aber gibt, das können wir beweisen. Diese Gesetze gab es schon, bevor es den Menschen auf Erden gab, und sie würden auch bestehen bleiben, wenn es den Menschen auf Erden nicht mehr geben würde. Diese Gesetze sind von allem Werden und Vergehen in der materiellen Welt unabhängig. Die Gesetze richten sich nicht nach den materiellen Dingen, sondern diese richten sich nach den Gesetzen, welche unveränderlich sind.

Woher kommen diese Gesetze? Woher kommt diese universale Ordnung, die wir heute viel deutlicher als in früheren Zeiten erkennen können? Gebrauchen wir wieder unseren gesunden Menschenverstand! Denken wir einmal an eine Ordnung, die wir Menschen aufgestellt haben, zum Beispiel die Ordnung eines ganzen Staatswesens mit seinen vielen Gesetzen, Bestimmungen und Verordnungen: Kann so etwas durch Zufall oder aus dem Nichts oder aus sich selbst entstehen? Wenn keiner eine Ordnung aufstellt, dann herrscht eben Unordnung, Chaos! Wo aber eine sinnvolle Ordnung aufgestellt werden soll, da muss zuvor sorgfältig überlegt und beraten werden; da müssen die Gesetze schriftlich festgehalten und in Kraft gesetzt werden; da muss eine Macht vorhanden sein, die für die Einhaltung der Gesetze besorgt ist. Welche aber von unseren menschlichen Ordnungen ist vollkommen? Welche wird ohne Ausnahme von allen und zu jeder Zeit beachtet und befolgt? Welche Staatsformen und Machtverhältnisse bleiben, von Interessen und Wertvorstellungen der Menschen unbeeinflusst, für alle Zeiten unveränderlich in Kraft?

Wenn schon wir Menschen eine solche vollkommene, widerspruchsfreie, unveränderliche, universale Ordnung wie die der Naturgesetze weder schaffen noch in Kraft setzen konnten, geschweige denn ihre ausnahmslose Gültigkeit für alle Zeiten und Orte durchsetzen können – wäre so etwas denn den Tieren, Pflanzen oder Steinen möglich? Wie sollte die Materie in der Lage sein, unveränderliche Gesetze aufzustellen? … Weil sich die Materie insgesamt nach diesen Gesetzen richtet und nicht umgekehrt, darum können die Naturgesetze auch nicht aus der Materie selbst entstanden sein. Materie ist eine Form von Energie, von Kraft, und Kraft als solche ist blind, ungeordnet. Um eine universale, unveränderliche, vollkommene Ordnung aufzurichten, braucht es folglich auch einen universalen, ewigen, vollkommen weisen und allmächtigen Geist, und einen solchen Schöpfergeist nennen wir Gott!

Beat Imhof bringt es in seinem Werk „Zwölf kosmische Gesetze“, welches einen wichtigen Beitrag zur Überwindung des materialistischen Weltbildes darstellt, auf den Nenner: „Vor den Naturgesetzen waren die geistigen Gesetze schon da. Diese konnten weder aus dem Nichts noch durch Selbstorganisation der Materie entstanden sein. In jedem Fall wirkt dahinter ein intelligentes, schöpferisches Prinzip, das seit Jahrtausenden ‚Tao‘, ‚Brahman‘ oder ‚Gott‘ genannt wurde.“[3] Und wenn man fragt, woher die in Materie gesetzmäßig verdichtete Energie stammt, kann man Imhof nur zustimmen, wenn er feststellt: „Aus dem Nichts kann sie gemäß dem thermodynamischen Grundgesetz nicht hervorgegangen sein, denn Energie kann nicht neu geschaffen, sondern nur umgewandelt werden. Also muss sie schon vorher bestanden haben, und zwar in einer anderen Schwingungsform und in einem unermesslich großen Quantum.“ (a. a. O., S. 64)

So kann jeder, der nach der Erkenntnis der Wahrheit sucht und bereit ist, seinen gesunden Menschenverstand zu gebrauchen, mit völliger Klarheit und Gewissheit Gott an seinen herrlichen Werken erkennen! So bekannte Voltaire: „Das Universum bringt mich in Verwirrung; ich kann nicht verstehen, wie ein solches Uhrwerk bestechen kann ohne einen Uhrmacher.“

Dies hat einmal Max Planck, einer der größten Physiker und wohl einer der scharfsinnigsten Geister unserer Zeit, der mit Albert Einstein ein neues Zeitalter der Naturwissenschaft einleitete, auf einem Gelehrtenkongress in Florenz am Beispiel des Atoms gezeigt. Er sagte: „Als Physiker, also als Mann, der sein ganzes Leben der nüchternen Wissenschaft, der Erforschung der Materie diente, bin ich sicher von dem Verdacht frei, für einen Schwarmgeist gehalten zu werden. Und so sage ich nach meinen Erforschungen des Atoms Folgendes: Es gibt keine Materie an sich! Alle Materie entsteht und besteht nur durch eine Kraft, welche die Atomteilchen in Schwingung bringt und sie zum winzigsten Sonnensystem des Atoms zusammenhält. Da es im ganzen Weltall aber weder eine intelligente noch eine ewige [abstrakte] Kraft gibt – es ist der Menschheit nie gelungen, das heißersehnte Perpetuum mobile zu erfinden –, so müssen wir hinter dieser Kraft einen bewussten, intelligenten Geist annehmen. Dieser Geist ist der Urgrund aller Materie. Nicht die sichtbare, aber vergängliche Materie ist das Reale, Wahre, Wirkliche [denn die Materie bestünde, wie wir es gesehen haben, ohne diesen Geist überhaupt nicht!], sondern der unsichtbare, unsterbliche Geist ist das Wahre. Da es aber Geist an sich nicht geben kann und jeder Geist einem Wesen zugehört, so müssen wir zwingend Geistwesen annehmen. Da aber auch Geistwesen nicht aus sich selbst sein können, sondern geschaffen worden sein müssen, so scheue ich mich nicht, diesen geheimnisvollen Schöpfer ebenso zu nennen, wie ihn alle alten Kulturvölker der Erde früherer Jahrtausende genannt haben: GOTT!“[4]

Mit diesen in komprimiertester Form vorgetragenen Erkenntnissen hat Max Planck grundsätzlich das materialistische Weltbild als wissenschaftlich veraltet, überholt, ja als falsch erwiesen und somit aus den Angeln gehoben!

Die höchst bemerkenswerte Erkenntnis Max Planks: „Es gibt keine Materie an sich!“ und „Nicht die sichtbare, aber vergängliche Materie ist das Reale, Wahre, Wirkliche …, sondern der unsichtbare, unsterbliche Geist ist das Wahre“, wird voll bestätigt von Werner Heisenberg, wenn er feststellt: „Wenn man in diesen subatomaren Bereich schaut, so entdeckt man, dass unsere Welt aus geistigen Strukturen von unglaublicher Schönheit besteht …“[5] Diese tiefen Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaft harmonieren perfekt mit der grundlegenden Wahrheit, die uns das Wort Jesu offenbart: „Gott ist Geist.“ (Joh 4,24) Ja, Max Planck kommt sogar zur Erkenntnis der Existenz von Geistwesen, also einer geistigen Wirklichkeit, einer von Geistwesen belebten geistigen Welt, deren Ursprung Gott sei. Dies sei die wahre Wirklichkeit! „So wenden sich seit etwa hundert Jahren die Geistesströmungen zunehmend vom philosophischen Materialismus ab und einer spiritualistischen Weltschau zu. Dieser Wechsel ist weniger einem veränderten religiösen Denken zuzuschreiben als vielmehr neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zu verdanken, für die es immer eindeutiger wird, dass der Geist nicht aus der Materie hervorgegangen ist, sondern umgekehrt die Materie aus dem Geist, denn die geistige Welt existierte längst vor der materiellen Welt.“[6] Von der geistigen Welt soll später noch ausführlich die Rede sein.

Es gibt viele Wege, die zur Erkenntnis Gottes führen. Hier soll nur von einigen wenigen die Rede sein, die jedermann zugänglich sind. Wichtig scheint mir zu sein, dass wir heute nicht trotz, sondern gerade aufgrund der Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaft viel deutlicher als früher die Größe, Macht und Weisheit Gottes zu erkennen vermögen, und je tiefer der Einblick ist, der uns in das Universum geschenkt wird, desto größer wird unsere Ehrfurcht vor diesem gewaltigen Schöpfer und all seinen Werken. Wie sagte Albert Einstein? „Die Naturwissenschaft ohne Religion ist lahm, die Religion ohne Naturwissenschaft ist blind.“

Folglich liegt es nicht an Gott, wenn wir seine Existenz nicht erkennen, sondern umgekehrt verhält es sich: Der heutige materialistisch eingestellte, lahme Mensch, der sich wie ein blinder Maulwurf in die Materie vergraben hat, muss die Augen auftun, aus den dunklen Gängen und Höhlen seines Denkens und Lebens herauskommen an das Licht der Sonne und beweisen, dass er existiert für Gott! Denn Gott schaut – wie es im 14. Psalm so anschaulich heißt – „vom Himmel herab auf die Menschenkinder, dass er sehe, ob ein Verständiger da sei, der nach Gott frage“. Nicht Gott ist es, der sich vor den Menschen verbirgt. Er offenbart sich uns ja zu allen Zeiten an allen Orten durch alle seine Werke. Wir sind es vielmehr, die sich vor Gott verstecken (1 Mos 3,8), und das hat seine Gründe! Doch in seiner großen Liebe hat Gott diese Gründe, von denen wir noch hören werden, durch Christus überwunden, auf dass wir uns vor Gott nicht mehr fürchten und verstecken müssen, sondern ihm in Liebe und Dankbarkeit zugetan sein dürfen. Wahre Erkenntnis Gottes führt stets auch zur Erkenntnis seiner unendlichen Liebe; denn Gottes tiefstes Wesen ist reinste Liebe, reinstes Licht, in dem keine Finsternis ist (1 Joh 1,5; 4,8.16).

Wer zur vollen Klarheit dieser Erkenntnis gelangt ist, der verliert alle Furcht vor Gott. In einem solchen Menschen erwacht eine herzliche, aufrichtige, glückselige Liebe zu Gott. Und wer in dieser Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm (1 Joh 4,16). Wo uns aber die Liebe miteinander verbindet, da haben wir uns so viel zu sagen – da beginnt jenes liebevoll vertrauende Gespräch, jene personale Korrespondenz[7] zwischen Gott und Mensch, die wir Gebet nennen. So hat Jesu Wort „Gott ist Geist“ nicht zufällig die Fortsetzung: „… und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ (Joh 4,24) Damit meinte Jesus: aus der Tiefe der Seele, in herzlicher Aufrichtigkeit, im alles Äußere und Materielle übersteigenden, höheren Bewusstsein, indem wir uns nach innen und nach oben wenden zu Gott, der Geist ist wie auch Christus und die Engel, durch die wir mit Gott und seinem geistigen Reich, unserer wahren Heimat, in herzlicher Liebe verbunden sind.[8]

[1] Vgl. dazu auch Till Arend Mohr, Wie auf Flügeln des Adlers, S. 23 ff.

[2] Vgl. dazu die sehr erhellenden Gedanken von Prof. Dr. Walther Heitler, Ist Gott beweisbar? (Ex Libris, Nr. 1, Januar 1977, S. 13 ff.).

[3] Beat Imhof, Zwölf kosmische Gesetze, S. 14.

[4] Christoph Einiger, Die schönsten Gebete der Welt (Südwest Verlag, München, 4. Auflage, 1969), S. 251.

[5] Vgl. Peter Michel, Christus – Das Licht der Welt, S. 138.

[6] Beat Imhof, a. a. O., S. 38 f.

[7] Diese treffliche Formulierung, um das Verhältnis von Gott und Mensch zu bezeichnen, stammt von Emil Brunner. Vgl. sein Werk „Wahrheit als Begegnung“ (Zwingli Verlag, Zürich 2. Auflage, 1963), S. 123 ff.

[8] Vgl. GW 79, S. 43–45.

Christus - der Weg, die Wahrheit und das Leben

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