Читать книгу Christus - der Weg, die Wahrheit und das Leben - Till Arend Mohr - Страница 9
Оглавлениеb) Audition
Auditionen sind eine sehr verbreitete Erscheinung. Sie ereigneten sich zu allen Zeiten und unter allen Völkern. Voraussetzung für Auditionen ist, dass unser inneres Ohr für Offenbarungen aus der geistigen Welt geöffnet ist.[1] Ob unser inneres Ohr geöffnet ist, liegt entscheidend daran, ob wir hören wollen! Denn wir können unser ‚Herz‘, unser Inneres und damit auch unser inneres Ohr, sehr wohl der Wahrheit gegenüber verschließen, um mit hörenden Ohren nicht zu hören (Mt 13,13)! Dies kann dazu führen, dass uns die Möglichkeit und Fähigkeit, wirklich zu hören, genommen wird, wie es Jesaja in seiner Berufungsvision im Blick auf das Gottesvolk vernehmen musste: „Verstocke das Herz dieses Volkes, mache taub seine Ohren und blind seine Augen, dass es mit seinen Augen nicht sehe und mit seinen Ohren nicht höre, dass nicht sein Herz einsichtig werde und man es wieder heile.“ (Jes 6,10)[2] Jesus aber suchte immer wieder das innere Ohr und die Hörbereitschaft zu wecken, wenn er sagte: „Wer Ohren hat, der höre!“ Über unsere innere Wahrnehmungsbereitschaft hinaus müssen unsere inneren Sinne aber für Wahrnehmungen aus der hohen Geisteswelt Gottes noch in besonderer Weise gereinigt, geheiligt und geweckt werden. In diesem Sinne spricht der prophetische ‚Gottesknecht‘ in Jesaja 50,4: „Gott der Herr … weckt alle Morgen, weckt mir das Ohr, wie ein Jünger zu hören.“[3] Für Auditionen müssen uns also unsere inneren Ohren in besonderer Weise von Gott her geöffnet werden.
Wir heutigen Menschen mit unserem materialistisch ausgerichteten Denken haben Mühe, uns dies innere Hören vorzustellen. Wir sind wohl bereit, für immense Summen riesige Radioteleskope zu bauen und mithilfe dieser technischen Riesenohren ins Weltall hinauszulauschen, um Informationen von fernen Welten zu erhalten. Aber wir lauschen damit nur nach außen und ‚horizontal‘, das heißt auf materielle Geräusche. Wir vernehmen auf diesem Wege nur geistlose, unintelligente Informationen von materiellen, physikalischen Körpern. Um Botschaften von Bewohnern höherer Welten zu empfangen, die uns in höchstem Auftrage die Wahrheit zu offenbaren vermögen, müssen wir unsere Aufmerksamkeit von den materiellen Dingen abziehen und uns – völlig kostenlos – nach innen und nach oben wenden.
Wenn wir uns selbst beobachten, werden wir feststellen, dass wir alle schon etwas erlebt haben, was man einen guten Einfall nennt, über den man sich freut und für den man dankbar ist. Es mag auch sein, dass uns eine innere Stimme mit einer gewissen Hartnäckigkeit oder Nachdrücklichkeit mahnt, etwas zu tun oder zu lassen. Dabei können uns ganz bestimmte Worte, Sätze oder Gedanken lebhaft bewusst werden. Entspricht dies, was wir innerlich vernehmen, dem Willen Gottes, so ist es gut, wenn wir dieser Stimme Folge leisten; denn dadurch ist man schon vor großem Unheil bewahrt und zu viel Glück und Freude geführt worden, ja auf diesem Wege sind schon die größten Entdeckungen gelungen. In diesem Hören und Gehorsam gegenüber dem, was uns von oben eingegeben wird, kann man sich durchaus üben, sodass wir jene innere Stimme immer deutlicher vernehmen und Gott uns durch sie aufs Schönste führen kann.
Besonders Künstler haben immer wieder erlebt, wie sie von diesen Eingebungen oder Inspirationen abhängig waren, ja wie ihre besten Werke eigentlich auf diesem Wege überhaupt entstanden sind. Man spricht dann von dem Genius, der sie inspirierte, also – wenn es sich um Künstler mit hoher Gesinnung handelt – von einem hohen geistigen Wesen, das ihnen die Gedanken so eingibt wie ein Souffleur. Entsprechend erscheinen uns ihre Werke dann als genial.
2.2 Die Dichter
C. F. Meyer spricht in seinem Gedicht „Schutzgeister“ von seinem guten (unsichtbaren) Weggesellen auf seiner Wanderung durch die Innerschweizer Berge:
„Schauend pilgert’ ich und lauschte,
Weil ein guter Weggeselle
Heimlich Worte mit mir tauschte …
Traulich fühlt’ ich seine Nähe,
Und mir ward, ob ich ihn sähe, …“
Dieser liebevolle Geist offenbart ihm, wie er einst Schiller zu seinem „Wilhelm Tell“ inspirierte.
„Und mir drob das Herz entbrannte,
War’s, als schlügen weite Flügel
Sausend über mir die Luft,
Schwingen, die den Raum besiegen,
Wie sie nicht um niedre Hügel
Flattern, Schwingen, die sich wiegen,
Herrschend über Berg und Kluft.“
Über den Einfluss des Genius sagt Schiller im gleichnamigen Gedicht „Der Genius“ von 1795:
„Hast du, Glücklicher, nie den schützenden Engel verloren,
Nie des frommen Instinkts liebende Warnung verwirkt,
Malt in dem keuschen Auge noch treu und rein sich die Wahrheit,
Tönt ihr Rufen dir noch hell in der kindlichen Brust, …
Was du mit heiliger Hand bildest, mit heiligem Mund
Redest, wird den erstaunten Sinn allmächtig bewegen; …“
Alle großen Dichter, wie Dante, Shakespeare, Goethe, Hölderlin usw., wussten sich inspiriert von geistigen Wesen, denen sie verschiedene Namen gaben: Genius, Engel, Geist, Muse – auf die Namen kommt es nicht an. Wichtig aber ist, dass man grundsätzlich den jenseitigen, transzendenten Ursprung wirklich großer Dichtung erkennt, in welcher das Wahre, Schöne, Gute maßgebend und befreiend, sieghaft und begeisternd zur Sprache kommt. So gibt es Menschen, die ihre Gedichte nur auf dem Wege der Inspiration durch himmlische Wesen empfangen haben. Mit ihrem inneren Ohr vermögen sie so klar und deutlich die Stimme ihres jenseitigen ‚Souffleurs‘ zu vernehmen, dass man von Hellhörigkeit sprechen kann. Franz Grillparzer drückte es so aus:
„… wer’s verstünde still zu sein …,
Gelehrig fromm den eignen Willen meisternd,
Ein aufgespanntes, demutsvolles Ohr,
Ihm würde leicht ein Wort der Wahrheit kund,
Das durch die Welten geht aus Gottes Mund.“[4]
Die 1966 in Berlin verstorbene Pianistin Hella Zahrada zum Beispiel besaß diese Gabe der Hellhörigkeit. Ohne dass sie jemals gedichtet hatte oder Gedichte auch nur besonders mochte und obwohl sie häufig mit etwas ganz anderem, wie etwa Schreibmaschineschreiben, beschäftigt war, kam es „wie ein Zwang“ über sie. Die einzelnen Silben und Worte vernahm sie dann so deutlich und so lange, bis sie sie aufgeschrieben hatte. Auf diesem Wege hat sie uns Gedichte vermittelt, die nach Form und Inhalt als vollendet bezeichnet werden können. In dem Gedicht „Wandlung“ gibt der sie inspirierende Geist Ephides allen nicht so medial Veranlagten einen schönen Trost: „…durch jeden Mund kann Gott dir Antwort geben.“[5]
[1] Dabei denken wir an Offenbarungen aus der hohen Gotteswelt und nicht an geistig kranke Menschen, die häufig von Stimmen geplagt werden, die sie gar nicht hören wollen, deren sie sich aber nicht erwehren können.
[2] Vgl. auch 5 Mose 29,4; Mt 13,14 f.; Mk 4,12; Röm 11,8.
[3] Vgl. auch Jes 6,5–7.
[4] In: Gedanken sind Kräfte, S. vom 6. Juni.
[5] Hella Zahrada nannte ihre Gedichte „Ephides-Gedichte“, weil sich der sie inspirierende Geist einmal in einem Gedicht mit dem Namen Ephides vorstellte. Biographisches findet sich in: Hella Zahrada, Die Ephides-Gedichte (Adyor-Verlag Graz, 1978, vergriffen), S. 181 ff., sowie in: Prof. Dr. W. Hinz, Woher – Wohin (ABZ Verlag, Zürich, 2. Auflage, 1982), S. 41 f. Das Gedicht „Wandlung“ ist z. B. in dem Band „Meditationen“, ausgewählt und zusammengestellt von Prof. Dr. Walther Hinz, Verlag Geistige Loge – Zürich 1967, S. 80, abgedruckt.