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Eigenschaften des Systems Ubw und Logik des Primärprozesses
ОглавлениеIm Zuge des topischen Modells formuliert Freud (1915e, S. 285 f.) ferner Eigenschaften des Systems Ubw, unter diesen ist besonders bedeutsam, dass »keine Negation, kein[..] Zweifel, keine Grade von Sicherheit«, sowie »überhaupt keine Beziehung zur Zeit« bestünden (wobei zu beachten ist, dass hier die lineare, chronologische Zeit gemeint ist). Das System Ubw folge dem Lust- statt dem Realitätsprinzip (es werden also nicht soziale Folgen oder andere Konsequenzen beachtet) und den »Regeln« des Primärprozesses ( Kap. 3.2.1). Hier ist Freuds Unterscheidung zwischen dem Primär- und dem Sekundärprozess berührt, der für den Bezug auf zeitgenössische Modelle des Denkens oder Wahrnehmens von hoher Bedeutung ist. Vereinfacht gesagt, meint Freud, dass die grundlegenden Prozesse des Psychischen primärprozesshaft sind, d. h. auf Lust und Befriedigung »ohne Aufschub« abzielen. Der Sekundärprozess, das Denken im engeren Sinn, auch als inneres Probehandeln (Freud, 1911b, S. 233), ist für Freud ein Umweg zur Befriedigung (vgl. Freud, 1900a, S. 607), unter Antizipation drohender Unlust, unangenehmer sozialer Folgen. Bereits die Freud‘schen Bemerkungen und umso mehr eine zeitgenössische Lesart weisen darauf hin, dass es die Verhältnisse innerhalb der Vorstellungswelt sind, die im Hinblick auf Unbewusstes entscheidend sind – und zwar sowohl hinsichtlich verschiedener Funktionsprinzipien des Denkens (Primär- und Sekundärprozess) (vgl. Feurer, 2011, S. 11 f.) als auch hinsichtlich der Denkinhalte, also der Vorstellungen. Wird etwas bewusst, dann in Relation zu anderen Vorstellungen und zu Affekten. Wenn solcherart »bewusst« und »unbewusst« keine getrennten Merkmale sind, sondern sich auf Verhältnisse zwischen Vorstellungen beziehen und Unbewusstes »nirgendwo anders« als das Bewusste ist, sondern sich an diesem, als eine Verzerrung, Auslassung oder Überdeterminierung zeigt, dann ist es ferner nützlich, auch vom Primär- und Sekundärprozess als konzeptueller Abstraktionen auszugehen, die mehr affekt- und mehr vernunftsgeleitete Mechanismen auf den Begriff bringen.