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2.3 Besonderheiten der psychoanalytischen Theorie des Denkens: Repräsentanz und Symbolisierung

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Der Psychoanalyse geht es um die Darstellung des Psychischen als einer Welt der Repräsentanzen (von uns hier synonym mit Vorstellungen verwendet) (Storck, 2019c). Damit ist bereits terminologisch auf den Punkt gebracht, dass es um die Konzeptualisierung dessen geht, wie sich konkrete Interaktionserlebnisse in psychischen Beziehungsvorstellungen niederschlagen. Diese können als die »Bausteine« des Psychischen gelten, aus ihnen lassen sich Repräsentanzen von Selbst und Anderen herauslösen. Dass letztere psychoanalytisch meist unter dem missverständlichen Begriff »Objekte« auftauchen, hat mit der Begründung in Freuds Triebtheorie zu tun. »Objekt« meint zunächst Objekt triebhafter Besetzung, letztlich aber nichts anderes als das Vorstellungsobjekt, gebildet in Auseinandersetzung mit der konkreten Person der interpersonellen Welt (vgl. zur unbelebten Objektwelt z. B. Searles, 1960).

Zwei entwicklungspsychologische Figuren unterliegen der psychoanalytischen Theorie der Repräsentanzwelt, einmal Konzeptionen des Erlebens von Getrenntheit zwischen Selbst und Nicht-Selbst, einmal Überlegungen zur Symbolisierung.

In den meisten psychoanalytischen Theorien wird von einer primären Ungetrenntheit zwischen Selbst und Nicht-Selbst zu Beginn der psychischen Entwicklung ausgegangen. Winnicott (1960, S. 587) formuliert, es gebe »so etwas wie das Baby« nicht (d. h. im subjektiven Erleben nicht als unterschieden von der Umwelt), was bedeutet, dass es in der Erlebnisperspektive in einer Art Selbst-Universum lebt, in der alles zu ihm gehört. Es sind Erfahrungen von Berührtwerden als Erfahrungen von Kontakt an einer Grenze, die über eine Internalisierung von Körpergrenzen (und dem Spüren eines »anderen« Körpers) auch zu einer psychischen Konzeption des Selbst in Relation zum Anderen führen kann. Mit diesen Konzeptionen stehen Modelle der Symbolisierung und deren Entwicklung in enger Verbindung. Entwicklungspsychologisch ist hier besonders relevant, wie Abwesenheit in der Wahrnehmung in Anwesenheit in der Vorstellung umgesetzt werden kann. Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass es eine »hinreichend gute« frühe Bezugsperson sein soll, die dem Kind Entwicklung ermöglicht, auch dahingehend, ihm entwicklungsangemessene Frustrationen zuzumuten bzw. kann gesagt werden, dass unmittelbare und immerfort währende Befriedigung von Bedürfnissen sich gar nicht realisieren lässt, sodass Mangel, Abwesenheit und auf diese Weise auch Getrenntheit und Differenz spürbar werden. Erste Vorstellungen davon, »wo Mama ist«, wenn sie nicht bei einem ist, helfen bei diesem Entwicklungsschritt3. Auf diese Weise nämlich kann der Gedanke »Mama ist nicht da«, eine Negation in der Wahrnehmung also, seinerseits negiert werden zu »Mama ist nicht nicht da«, denn sie ist in der Vorstellung anwesend, als inneres Objekt, das erinnert, vermisst und dessen Rückkehr ersehnt werden kann. Dabei nun hilft der »Vater« bzw. jemand, der eine zur primären Bezugsperson alternative Beziehung anbietet, auf zweierlei Weise: Einmal liefert er eine Erklärung für die Abwesenheit (gibt ihr einen Platz außerhalb von einem selbst), und einmal bietet er eine alternative Beziehung an, die Abwesenheit tolerabel werden lässt und Nähe und Abstand in der Dyade zu moderieren, zu begrenzen und zu öffnen hilft.

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