Читать книгу Wehrrecht - Timo Walter - Страница 5

Geleitwort

Оглавление

Dieses Buch handelt vom Wehrrecht. 18 Autorinnen und Autoren haben sich mit 22 Beiträgen einem Thema zugewandt, das zunächst verständlich erscheinen mag, doch auf den zweiten Blick offenbaren muss, dass ihm eine verbindliche Legaldefinition fehlt. Versuche des Schrifttums, in unterschiedlichen Ansätzen das Wehrrecht begrifflich, systematisch oder in einem weiteren oder engeren Sinne zu erklären, sind zahlreich, jedoch keiner mit bleibender Dominanz. Einigkeit besteht darin, dass das Wehrrecht eine Teilmaterie des öffentlichen Rechts ist.

Das Wehrrecht der Bundesrepublik Deutschland, wie es in den Themen dieses Buches vorgestellt wird, ist eine Folge der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für die militärische Verteidigung als verpflichtende Aufgabe des Staates, die in Art. 87a Abs. 1 Satz 1 GG ihren normativen Niederschlag gefunden hat. Wehrverfassung ist ein Bestandteil der Staatsverfassung. Die Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland zu Auftrag, Stellung, Führung und Organisation der Bundeswehr hat daher verfassungsrechtliche Qualität. Ihre Wehrverfassung ist Grundlage des verfassungsrechtlich-nachrangigen Wehrrechts, das alle einfachgesetzlichen Bestimmungen erfasst, die den politischen Auftrag und die innere Ordnung der Streitkräfte festlegen. Dieser in Abgrenzung zum Wehrverfassungsrecht gewonnene Begriff des Wehrrechts ist nach verschiedenen Kriterien eingrenzbar. Das einfache Gesetzesrecht wehrrechtlichen Inhalts ist vom Wehrrecht in Rechtsverordnungen, Erlassen und Dienstvorschriften zu unterscheiden. Neben diesen formalen Eingrenzungsmaterien der Rechtsqualität einer wehrrechtlichen Norm gibt es auch im Wehrrecht inhaltlich bestimmte Abgrenzungskriterien, die durch die geregelte Materie bestimmt werden: militärische Verteidigung, humanitäres Völkerrecht, Soldaten, Bundeswehrverwaltung. Darunter gibt es Normen, die notwendige Rechtsgrundlage für die Streitkräfte sind, weil sie ihre Einrichtung und ihren Auftrag sowie die Stellung des Soldaten rechtlich konstituieren, und Normen, die stärker die administrative und soziale Einbindung der Bundeswehr in das Umfeld der öffentlichen Verwaltung regeln.

Wehrverfassungs- und das ihm nachrangige Wehrrecht sind die rechtliche Grundlage der militärischen Verteidigung und ihrer institutionellen und personellen Träger: der Streitkräfte und der Soldaten. Damit stehen institutionell angelegten Materien des Wehrrechts individuell orientierte gegenüber. Die ersten betreffen die Stellung der Streitkräfte in Staat und Verfassung, hier liegt der Schwerpunkt des Wehrverfassungsrechts. Hierzu gehören auch die Rechtsfragen ihres Einsatzes. Die individuell angelegte Materie konkretisiert das Dienstverhältnis des Soldaten wie das Soldatengesetz, die Wehrdisziplinarordnung, die Wehrbeschwerdeordnung und das Wehrstrafgesetz, soweit es grundsätzlich die Soldateneigenschaft des Täters voraussetzt. Diese Rechtsmaterien und ihre Kodifizierungen gehören nach Inhalt und Überlieferung zum „klassischen Kern“ des deutschen Wehrrechts. Sie bilden das Fundament für die Stellung des Soldaten in den Streitkräften, im Staat und auch in der Gesellschaft. Sie zeichnen rechtlich das Bild des Soldaten.

Das heutige System des Wehrrechts ist nicht voraussetzungslos quasi in einer „Stunde Null“ zu Beginn der Bundeswehr entstanden. Es ist kein unhistorisches Recht, das beziehungslos zu seinen Rechtsvorgängern steht. Dem Konzept des Wehrrechts ging die Prüfung vor der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes unter den Aspekten von Akzeptanz oder Ablehnung voraus.

Politische Vorgaben waren dabei ebenso bestimmende Einflussgrößen für Entscheidungen und Weichenstellungen im Wehrrecht wie sicherheitspolitische Vorgaben und gesellschaftspolitische Bedingungen.

Ich freue mich, dass die Autorinnen und Autoren dieses Buches mit ihren Beiträgen das Bewusstsein für die organische Einbindung der Bundeswehr in das rechtsstaatliche und gewaltenteilende System des Grundgesetzes wachhalten.

Bonn, im Dezember 2020

Dr. Klaus Dau

Ministerialdirektor a. D.

vormals Abteilungsleiter Recht

im Bundesministerium der Verteidigung

Wehrrecht

Подняться наверх