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Ganz weit über natürliches Gärtnern hinaus
ОглавлениеManches, was Sie bisher gelesen haben, klingt vielleicht vertraut. In den letzten 20 Jahren haben wir gesehen, wie Gärten und Landschaften mit heimischen Pflanzen entstanden, die natürliche Vegetationsgruppierungen nachahmen, ein Stil, der allgemein als natürliches Gärtnern bezeichnet wird. Viele dieser Gärten versuchen, heimische Pflanzengemeinschaften nachzustellen, indem sie Pflanzen im Garten zu Prärien, Waldstücken, Feuchtgebieten und anderen wilden Lebensräumen gruppieren. Somit ist Gärtnern mit der Natur für viele Leser keine neue Idee.
Ökologische Gärten nutzen auch Prinzipien, die aus der Beobachtung und dem Leben in wildem Land abgeleitet wurden, doch mit einem anderen Ziel. Natürliche Gärten bestehen fast ausschließlich aus heimischen Pflanzen und wollen Lebensraum schaffen und wiederherstellen. Ein geringer Prozentsatz der gepflanzten Arten könnte bedroht sein, obwohl sie normalerweise verbreitete heimische Arten sind. Diese Gärten werden, wie Ken Druse in The Natural Habitat Garden schreibt, oft als »unentbehrlich für die Zukunft des Planeten« beschrieben. Ich unterstütze den Einsatz heimischer Pflanzen in der Landschaft zu Hause. Aber natürliche Gärten, die kaum etwas für den Menschen bieten, werden nie mehr als einen winzigen Einfluss auf den Umweltschaden haben. Hier ist die Erklärung.
In den USA beträgt die Fläche aller bebauten und bewohnten Grundstücke – Städte, Vororte und ländliche Gemeinden, einschließlich Straßen, Gebäude, Gärten und so weiter – nur etwa 6 Prozent der gesamten Landesfläche. Man könnte jeden Garten und Stadtpark mit heimischen Pflanzen bepflanzen und hätte damit noch nicht einmal im Ansatz begonnen, den Verlust an einheimischen Arten und Lebensraum einzudämmen.
Doch selbst wenn bebautes Land in Städten und Vororten mit Gärten gefüllt wäre, in denen nur Einheimisches wächst, wäre es niemals wild. Durch Straßen in winzige Fragmente geteilt, mit Häusern und Autobahnen zugekleistert, die Bäche in den Untergrund verbannt, voller räuberischer Katzen und Hunden, ist dies Land, das von Menschen und unseren Verbündeten an sich genommen und aus größeren Ökosystemen herausgelöst wurde, und so wird es auch bleiben. Ich leugne nicht, dass wir einige wenige Arten retten könnten, wenn wir die Vorstädte mit ungewöhnlichen, gefährdeten einheimischen Pflanzen bepflanzen würden. Doch viele einheimische Arten, vor allem Tiere, sind mit dem vom modernen Menschen bewohnten Land unvereinbar und benötigen große Flächen unberührten Terrains, um zu überleben. Die Bepflanzung vorstädtischer Gärten mit einheimischen Pflanzen wird sie nicht retten.
Der echte Schaden an der Umwelt geschieht auch nicht durch die Städte und Vororte selbst, sondern durch die Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Wir, die wir in den bebauten 6 Prozent des Landes wohnen, haben einen unstillbaren Appetit und nutzen zwischen 40 und 70 Prozent der Landfläche der USA (die Schätzungen schwanken je nachdem, wie »nutzen« definiert ist), um uns zu versorgen. Monokultur-Farmen und Wirtschaftswälder, Weideland und Mastbetriebe, Stauseen, Tagebau, Militärsperrgebiete und all die anderen Errungenschaften der modernen Zivilisation verbrauchen sehr viel Platz, und fast nichts davon funktioniert als ursprüngliche oder gesunde natürliche Umgebung. Jede nicht einheimische Mahlzeit, jeder Besuch im Holzhandel, in der Apotheke, im Bekleidungs- oder einem anderen Geschäft autorisiert dazu, den einst ursprünglichen Lebensraum in eine ökologische Wüste zu verwandeln. Das Bauholz für ein typisches US-amerikanisches Haus mit einer Fläche von 230 m2 skalpiert ungefähr 1,2 Hektar Wald und macht daraus einen öden Kahlschlag – somit hilft es einheimischen Arten deutlich mehr, wenn man in einem bescheidenen Heim lebt, statt ein paar Berglorbeeren auf einem kleinen Vorstadtgrundstück zu pflanzen.
Heimische Pflanzen sollten in unseren Gärten sicher nicht fehlen, doch Gärten mit einheimischen Gewächsen werden unseren Raubbau an wildem Land nicht sehr viel verringern, wenn wir nicht auch unseren Ressourcenverbrauch zurückschrauben. Ein Garten mit heimischen Pflanzen ist für die Umwelt zwar einfacher als ein Rasen, doch er ändert nichts an der Tatsache, dass der Besitzer überall einen immensen Verlust an Lebensraum verursacht, den er nicht sieht. Aber ein ökologischer Garten kann das ändern.
Jedes bisschen Nahrung, jedes Stück Bauholz, jedes Heilkraut oder andere menschliche Produkt, das aus dem Garten von jemandem stammt, bedeutet, dass ein Stück Land weniger außerhalb unserer Heimatstadt seiner heimischen Pflanzen beraubt und für den menschlichen Gebrauch erschlossen werden muss. Massentierbetriebe und Industriewälder – mit Pestiziden versetzt, in Monokultur angebaut, von allem steril gehalten außer einer einzigen Art – sind biologisch weitaus verarmter als jeder Vorstadtgarten. Aber Bauernhöfe und Baumplantagen sind die Ländereien, die tatsächlich wieder wild werden könnten. Städte und Vororte sind bereits außerhalb des natürlichen Kreislaufs, daher sollten wir uns bemühen, sie für die Menschen so nutzbringend und multifunktional wie möglich zu machen, nicht einfach nur Büroparks und Schlafzimmer. Und städtisches Land kann unglaublich produktiv sein. In der Schweiz z. B. stammen 70 Prozent des gesamten Bauholzes aus Gemeindewäldern. Unsere Städte könnten die Materialien für viele menschliche Bedürfnisse liefern und einigen Ackerflächen und Baumschulen erlauben zu renaturieren.
Ich spreche nicht davon, jeden Garten in Reihenkulturen zu verwandeln. Wenn man ökologisch gärtnert und multifunktionale Landschaften entwirft, die Nahrung und andere Güter für uns selbst liefern, während sie eine natürliche Umgebung für andere Arten schaffen, können wir unsere Städte wirklich zum Blühen bringen. Doch ein Garten voller heimischer Pflanzen, ohne eine einzige für den menschlichen Gebrauch, bedeutet nur, dass es woanders und außer Sichtweite einen Bauernhof mit ausländischen Pflanzen und Fabrikwald gibt, die mit der damit einhergehenden Umweltzerstörung für die Bedürfnisse dieses Vorstädters sorgen, der heimische Pflanzen liebt. Selbst Biobauernhöfe sind gewöhnlich Monokulturen. Im Kontrast dazu vermindert ein Garten mit sorgfältig ausgesuchten Exoten (und auch einigen Einheimischen) den ökologischen Schaden durch die menschlichen Bewohner weitaus mehr als ein Garten, der nur heimische Gewächse aufweist. Wenn wir uns in unseren eigenen Gärten versorgen, können Massentierbetriebe und Wirtschaftswälder schrumpfen. Irgendwo muss ein Landwirt nicht mehr ganz so nah an einem Bach pflügen und rettet Uferarten, die nie auf einem Vorortgrundstück gedeihen würden.