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Eine Nische finden

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Jahrzehnte bevor die Bullocks eintrafen, war der am tiefsten gelegene Teil ihres Grundstücks eine Au. Ein fleißiger Landwirt hatte den »nutzlosen« Sumpf eingedämmt, entwässert und trockengelegt und dort viele Jahre Feldfrüchte angebaut. Die ökologisch orientierten Bullocks verstanden, dass Auen, abgesehen von ihrer Notwendigkeit für sauberes Wasser und Wildtierlebensraum zu den produktivsten Ökosystemen auf dem Planeten gehören und in denen es vor mehr Pflanzen und Tieren wimmelt als auf jedem Bauernhof. Sie beschlossen, das Feuchtgebiet wiederherzustellen und beseitigten die Dämme und Abflüsse. Im niederen Grund sammelte sich Wasser und bald war die Au wieder da.

Während die Marsch zurückkehrte, beförderten die Bullocks mit ihrem aus den Fugen platzenden Pick-up unzählige Ladungen an Mulch und Dünger auf ihr Land. Die Brüder schaufelten auch nährstoffreichen Schlamm aus dem Sumpf ans Ufer, um mit organischer Substanz und Nährstoffen Boden aufzubauen. In ein paar Jahren zahlte sich dieser gewaltige Zuwachs an Fruchtbarkeit vielmals aus. Die Bullocks konnten nicht nur mehr Pflanzensorten als zuvor anbauen, sondern opportunistische wilde Arten konnten auch eine Heimat in der verbesserten natürlichen Umgebung finden. Die Kombination aus Wasser und fruchtbarer Erde war unwiderstehlich.

Zu den ersten neuen Bewohnern gehörten die Rohrkolben. Ihre Samen wurden vielleicht von Wasservögeln zum erneuerten Sumpf gebracht oder lagen jahrelang inaktiv in der Erde, in der Hoffnung auf eine Rückkehr des Feuchtgebiets. Auf jeden Fall profitierten die Rohrkolben vom reifen Habitat und verwandelten Sonnenlicht, Wasser und Sumpfschlamm in schnell wachsende Schösslinge.

Wo immer es junges Grün gibt, ist jemand da, der es auffrisst – eine Lektion, die Gärtner schnell lernen, wenn Kaninchen, Feldmäuse, Stachelschweine, Waschbären und der ganze Rest über ihr Gemüse herfallen. Sie können sich das als eine Art schreckliches Ergebnis des »Feld der Träume«-Effekts vorstellen: Wenn man es anbaut, kommen sie und fressen es. Doch mit den Begrifflichkeiten eines Ökologen veranschaulicht das die Nische oder Rolle, die jeder Organismus spielt. Durch Schaffung eines Lebensraums eröffneten die Bullocks eine Gelegenheit für das Leben, auf Erkundung zu gehen. So, wie wenn man für eine Rolle in einem neuen Stück vorspricht, kamen Organismen, die für den Job geeignet waren, um diese Nische auszufüllen. Die Nische wäre dann ein Beruf und das Habitat der Arbeitsplatz, um diese Arbeit auszuführen.

Wenn die natürliche Umgebung vielseitiger wird, entstehen auch mehr Nischen. Die Schaffung eines Lebensraums löst häufig eine Kaskade von Nischen aus, was wir eben im ökologischen Garten erreichen wollen. Der Platz der Bullocks ist ein gutes Beispiel für eine Nischenkaskade. Das fruchtbare Habitat bot eine Nische für die Rohrkolben, die dann eine neue Nahrungsquelle bereitstellte, die rasch von den Bisamratten ausgenutzt wurde – Tiere, die dafür geschaffen sind, junge Pflanzen im Uferbereich zu fressen. Der Opportunismus der Bisamratten führte zu ihrem Aufstieg und Untergang: Sie wurden glücklich von den Rohrkolben fett, doch der geschäftige Hafen der Nagetiere war wie ein Leuchtfeuer für Raubtiere. In den noch wilden San Juan Islands lebten die Otter irgendwo in der Nähe. Die »Buschtrommeln« der Natur sind schnell und wirkungsvoll, und nur ein oder zwei Saisonen später bekamen die Otter Wind von der möglichen Ernte und zogen ein. So wie die Rohrkolben klein angefangen und sich dann zu einer prosperierenden Menge entwickelten hatten und schließlich bis auf ein Überbleibsel abgebissen wurden, so tauchten auch die Bisamratten auf, florierten und stürzten in einem Kreislauf ab, der nun mit dem der Rohrkolben und Otter verzahnt ist.

Schließlich bildete sich im Land der Bullocks eine gewisse Stabilität aus, doch es fluktuiert hin und wieder, wenn die eine oder andere Art vorübergehend die Oberhand gewinnt und dann wieder auf Linie gebracht wird. Doch an einem Ort, wo zuvor weder Rohrkolben noch Bisamratten oder Raubtiere überleben konnten, gedeihen nun alle drei, weil die Bullocks Lebensraum und Bodennährstoffe zur Verfügung gestellt haben. Die Brüder sorgten für die Anfänge und die Natur übernahm den Rest. Statt ausgelaugtes Ackerland können die Bullocks und ihre Freunde ein grünes Feuchtgebiet mit vielen Arten bewundern, in dem Rohrkolben, Riedgräser, Weiden und Wildblumen rascheln, das voller Heidelbeeren, anderer Früchte und von der Musik der Wasservögel und Frösche erfüllt ist und einen kurzen Blick auf Otter und Adler gestattet.


Auf der Farm der Bullock-Brüder auf Orcas Island im Bundesstaat Washington wird ein Apfelbaum von Nahrung und Lebensraum bildenden Pflanzen umgeben, die zusammenarbeiten und der Natur und den Menschen nutzen.

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