Читать книгу Iron Man - Tony Iommi - Страница 4
ОглавлениеEinleitung: Der Sound des Heavy Metal
Ich war 17, als ich 1965 meinen letzten Arbeitstag hatte. Seit dem Schulabschluss hielt ich mich mit allen möglichen Gelegenheitsjobs über Wasser. Ich arbeitete vier Tage als Klempner, was mir aber nicht lag. Dann versuchte ich mich als Hilfsarbeiter in einer Fabrik. Dort fertigte ich Schellen an, die zur Befestigung von Gummischläuchen dienten. Zeitweise jobbte ich sogar in einem Musikladen, da ich als Gitarrist dazu genügend qualifiziert war. Doch die Besitzer beschuldigten mich ungerechterweise des Diebstahls. Zum Teufel mit den Typen – in dem Laden durfte ich sowieso nur putzen. Während ich als Schweißer in einer Stahl- und Blechfabrik arbeitete, öffnete sich mir das Tor zu einer Traumkarriere: Meine neue Band, The Birds & The Bees, war für eine Europa-Tournee gebucht worden. Ich war mit ihnen noch nie aufgetreten, sondern hatte bei der Band nur vorgespielt, nachdem meine Vorgängertruppe The Rockin’ Chevrolets ihren Rhythmusgitarristen gefeuert hatte und dann auseinander gebrochen war. Mit den Chevrolets war mir der erste kleinere Durchbruch gelungen. Wir hatten aufeinander abgestimmte, rote Laméanzüge getragen und alte Rock’n’Roll-Nummern von Chuck Berry und Buddy Holly gespielt. Die Band war regelmäßig in Birmingham und der näheren Umgebung aufgetreten. Bei den Chevrolets hatte ich auch meine erste feste Freundin kennen gelernt, Margareth Meredith, die Schwester des Gitarristen.
Ich hatte eine Menge Spaß mit ihnen gehabt, doch eine Europa-Tournee mit The Birds & The Bees konnte den Einstieg ins Profilager bedeuten. Da die Karriere als Musiker nicht mit dem Job vereinbar war, kündigte ich.
Am letzten Arbeitstag als Schweißer ging ich zum Mittagessen nach Hause und meinte zu meiner Mutter: „Ich will da nicht mehr hin. Ich habe die Arbeit satt.“
Doch sie blieb hart: „Iommis verhalten sich immer anständig! Wenn du einen Job aufgibst, dann mach es richtig und arbeite bis zur letzten Minute!“
Was ich auch tat – fast.
Neben meinem Arbeitsplatz stand eine Frau, die Bleche mit einer Maschine verformte und sie mir zum Schweißen weiterreichte. Doch sie erschien an dem Tag nicht, und so sollte ich ihre Arbeit übernehmen. Die Presse glich einer Guillotine und wurde mit einem wackeligen Fußpedal bedient. Man musste ein Blech in sie reinschieben, auf den Fußschalter treten, und schon sauste ein gigantisches Werkzeug herunter und verformte das Metall.
Ich hatte noch nie an der Maschine gearbeitet, und es lief alles ganz gut, bis ich für einen Moment die Konzentration verlor. Mit einem lauten Knall quetschte mir das Stahlmonstrum die Fingerkuppen der mittleren Finger ein. Reflexartig riss ich die Hand zurück und verlor dabei zwei Fingerenden. Entsetzt sah ich die hervorstehenden Knochen. Überall floss Blut.
Kollegen brachten mich in ein Krankenhaus, wo sie mich in eine Ecke setzten, mir die Hand in eine Plastiktüte steckten – und mich vergaßen. Ich dachte, ich würde verbluten. Als endlich ein aufmerksamer Kollege die abgetrennten Finger in einer Streichholzschachtel brachte, hatten sie sich schon schwarz verfärbt. Die Ärzte sahen keine Chance mehr, sie anzunähen. Sie transplantierten Armgewebe und nähten es über die Fingerkuppen. Um genügend Halt zu gewährleisten, wurde der Übergang noch durch Haut verstärkt. Fertig: Wieder war ein Grundstein für die Musikgeschichte gelegt worden.
Zumindest behaupten das einige. Der Verlust meiner Finger führte zum massiven, tiefer gestimmten Sound von Black Sabbath, der sich zur Blaupause für einen großen Teil des Heavy Metal entwickelte. Für mich war es unmöglich, „normal“ Gitarre zu spielen, da durch die Knochen der verstümmelten Finger das Gewebe beim Saitendruck schnell aufplatzte. Ich musste meinen Stil neu erfinden und einen Weg suchen, der mir die Schmerzen erspart. Auf diese Weise kreierte ich mit Black Sabbath ein neues und monumentales Klangbild, das sich von allen Bands unterscheidet – damals wie heute. Aber die Theorie, ich hätte wegen meiner Finger den Heavy Metal erfunden, geht mir eindeutig zu weit. Meine Güte, in der Geschichte des Stils tauchen viele andere Einflüsse auf, die zu Facetten einer faszinierenden Musik geworden sind.