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Assoziation Jenseits

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Dieses wie auch immer geartete Dasein hinter dem »Schleier« der physischen Welt kann man auch als die »metaphysische Welt« bezeichnen. Vielleicht ist auch mit dem Begriff »Jenseits« diese Dimension des nicht mehr Sichtbaren und nicht mehr Hörbaren gemeint. Schon Aristoteles, aber auch viele andere Philosophen, wie Karl Jaspers, haben sich mit dem Begriff »Metaphysik« beschäftigt.

Kann die Fotografie auch in »jenseitige Sphären« verweisen? Gerade die Darstellung besonders ergreifender Himmelsszenen ist dazu geeignet, denn der Himmel verweist in die Unendlichkeit des Kosmos – auch eine Dimension, die mit unserem Verstand nicht mehr vorstellbar ist und somit »jenseits« dessen liegt, was wir erfahren und denken können.

Gerade der Himmel wird fast in allen Religionen und auch Mythologien als der Sitz Gottes, der Götter oder anderer himmlischer Wesen wie Engel oder Erzengel betrachtet. In jedem Fall ist der Himmel meist positiv besetzt, wie z. B. das Wort »himmlisch« zeigt.

Die Verbindung von Fotografie und Mystik bzw. Metaphysik ist nun keinesfalls Spinnerei, sondern hat in der Fotogeschichte sogar ihre eigene Prägung erhalten. Herbert List ist in dieser Hinsicht wohl am weitesten vorangeschritten. Seine Arbeit wurde unter dem Begriff »fotografia metaphysica« bekannt. Er versuchte, mithilfe der Fotografie andere Daseinsdimensionen anzudeuten und den Gegenständen auf ihren tiefsten Grund zu gehen.


Noch aus analogen Zeiten stammt dieses Foto einer kleinen Kapelle zwischen Braunschweig und Hannover. Es ist aus dem fahrenden Zug heraus fotografiert und mit 1/30 Sekunde belichtet, sodass das Feld im Vordergrund schon in Bewegungsunschärfe getaucht wird, während die kleine Kapelle gestochen scharf ist.

Mit einem hellen Himmel hätte dieses Bild allerdings keine Atmosphäre. Daher war es wichtig, den Himmel in der analogen Dunkelkammer nach oben hin um ein Vielfaches nachzubelichten – so lange, bis der obere Rand richtig schwarz geworden ist. Nun hat das Bild die richtige Tiefe und erweckt den mystischen Eindruck, den es vermitteln soll. Digital hätte man solch einen hellen Himmel selbstverständlich auch so nachbearbeiten können, dass er bis zu Schwarz hin verläuft.


Wie ein Finger mit Fingernagel liegt das rechte Wolkenband über einem Vulkan der Kanareninsel Lanzarote. Die geheimnisvolle, fremde Stimmung erfährt hier sogar noch eine gegenständliche Assoziationsmöglichkeit. Natürlich ist der Gedanke an den »Fingerzeig Gottes« nur ein Spiel, denn die meisten von Ihnen haben gewiss ähnlich wie ich ein etwas differenzierteres Gottesbild oder sind Atheisten. Aber mit der Fotografie lässt sich eben bildhaft und spielerisch und manchmal auch ironisch gestalten. Und natürlich ist dieser »Fingerzeig« ein Verweis ins Mystische, in jenseitige Sphären.

25 mm, Blende 11, 1/100 Sekunde, ISO 200


Ebenfalls in jenseitige Sphären verweist dieser Friedhof mit seinen noch leeren Fächern auf Lanzarote. Die magischen Cirruswolken verstärken die geheimnisvolle Stimmung. Mit der Gelbfilterfunktion von Silver Efex wurde der Himmel noch abgedunkelt, sodass die Cirruswolken umso heller und magischer leuchten. Wie das funktioniert, erkläre ich am Schluss des Buchs im Kapitel über Filter. Die Aufnahme habe ich mit einer Brennweite von 32 mm und Blende 10 fotografiert, damit genügend Schärfentiefe vorhanden ist.

32 mm, Blende 10, 1/40 Sekunde, ISO 200

Die Magie der Schwarzweißfotografie

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