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Wann ist ein neutraler Himmel sinnvoll?

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Haben wir uns bisher mit dem Himmel als Ausdrucksträger für Stimmungen aller möglichen Couleur beschäftigt, so soll natürlich auch auf die Möglichkeit eines nüchternen, neutralen Himmels eingegangen werden. Dieser neutrale Himmel spielt besonders für die Dokumentarfotografie eine wichtige Rolle. Die Dokumentarfotografie wurde vor allem durch das schon erwähnte Fotografenehepaar Bernd und Hilla Becher in den Tempel der Fotokunst emporgehoben. Mit ihren Industrieruinen legten sie ein einzigartiges fotografisches Zeugnis ab. Sie propagierten die Einstellung, dass der Fotograf mit seinen Gefühlen sich weitgehend zugunsten neutraler Objektivität zurücknehmen solle. Daher verwendeten die Bechers immer nur neutrale Himmel ohne Wolken auf ihren Bildern, da sie wussten, wie sehr der Himmel in der Schwarzweißfotografie in der Lage ist, Stimmungen zu erzeugen. Diese Position ist heute noch gültig und war ein Gegenpol zu der subjektiven Fotografie, die Otto Steinert in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts propagierte.

Ich halte beide Positionen für richtig und relevant, je nachdem, was man ausdrücken möchte. Auf diesem Bild geht es darum, zu zeigen, wie schnell in Asien sich ganze Metropolen in einem rasanten Umbruch befinden. Nicht nur in China, auch in der indischen Finanzmetropole Mumbai mit ihren 22 Millionen Einwohnern ist dies zu spüren. Während es eine objektive Darstellung in der Fotografie meines Erachtens nicht gibt, erzeugt eine nüchterne Darstellung wie hier keine so starke Wertung, als wenn hier noch ein dramatischer Himmel über der Metropole gelegen hätte.

Bertold Brecht vertrat allerdings vor ca. 100 Jahren die Idee, dass der Fotograf bewusst eine subjektive Position einnehmen sollte, da man der Fotografie so leicht Objektivität unterstellt, sie diese aber nicht einlösen kann.

Dennoch, üben auch Sie sich einmal in der Einstellung, ganz nüchtern zu fotografieren. Nehmen Sie dazu am besten einen Tag, an dem der Himmel milchig ist und relativ wenig Licht und Schatten auf die Gegenstände wirft, oder wählen Sie einen hellgrauen Tag, an dem möglichst wenige Wolken im Himmel zu finden sind.


Ein neutraler Himmel erweckt am ehesten den Anschein von Objektivität, die es aber in Wirklichkeit in der Fotografie nicht gibt. In Mumbai werden Hochhäuser so schnell aus dem Boden gestampft wie in vielen anderen asiatischen Metropolen. Während die Fertigstellung des Berliner Flughafens jahrelang, ja fast ein Jahrzehnt auf sich warten ließ, wurden in China sage und schreibe 40 Flughäfen gebaut. Sand, den man unbedingt für den begehrten Beton benötigt, ist Mangelware geworden. Weltweit werden ganze Strände heimlich oder offiziell abgetragen, um den Sand- und damit den Betonhunger zu befriedigen.

55 mm, Blende 8, 1/60 Sekunde, ISO 250

Die Magie der Schwarzweißfotografie

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