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3. Zwei linke Hände

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Seit einigen Jahren beobachte ich einen Wandel der Werteeinstellung von den Menschen in meinem Umfeld. Früher habe ich öfter in Verbindung mit dem Handwerk gehört: „Wer macht sich schon gerne die Hände schmutzig?“ oder „Ich habe zwei linke Hände, das muss jemand anderes machen.“ Immer mehr habe ich den Eindruck, dass hier ein Umdenken in der Gesellschaft stattgefunden hat und gerade stattfindet. Wohlhabende Kunden verbringen ihre Freizeit im Garten und bauen dort Küchenkräuter und Gemüse an. Sie schrauben selbst an ihrem Oldtimer, polieren ihn mühevoll auf Hochglanz und sind stolz, wenn sie das gleichmäßige Brummen des alten Motors ihren Freunden vorführen können. Mit schmutzigen Fingern kommen sie aus ihrem Garten oder der bestens eingerichteten Hobbywerkstatt. In Facebook habe ich ein Bild mit ungewaschenen Händen entdeckt. Darauf ist folgender Text zu lesen: „Dreckige Hände sind ein Zeichen für sauberes Geld.“ Ich glaube, dass seit der Bankenkrise wieder dem produzierenden Handwerk mehr Wertschätzung entgegengebracht wird. Ich habe von Philipp Riederle in München anlässlich der Branchenveranstaltung „roomy 2014“ einen Vortrag gehört, dessen Titel lautete „Wer wir sind und was wir wollen“. Darüber hat der 19-Jährige ein tolles Buch geschrieben. Er beschrieb bei seinem Referat eindrucksvoll, was die junge Generation, die vor dem Eintritt in das Berufsleben steht, wirklich möchte. „Wir wollen etwas, das uns Sinn gibt und erfüllt. Es ist wichtig, dass wir unsere Talente entfalten können. Die Bezahlung dafür steht bei uns nicht an erster Stelle.“ Seine Aussagen haben auch meine Beobachtungen bestätigt. „Lerne erst einmal einen handwerklichen Beruf. Die Kenntnisse, die du dabei erwirbst, kannst du in deinem ganzen Leben brauchen. Da kann kommen, was will. Eine handwerkliche Ausbildung ist für alles gut. Da sieht man wenigstens, was man tagsüber geschaffen hat, und kann stolz auf sich sein.“ Immer öfter höre ich solche Sätze, im Freundes- und Bekanntenkreis, aber auch bei Vereinen. Vielleicht tragen dazu auch langsam die Imageprogramme und Kampagnen aus den verschiedenen Handwerksbereichen bei.

In der aktuellen Broschüre einer schwedischen Automarke habe ich folgenden Bericht entdeckt: Supermarkt Stockholm. Zuhause bei Handwerkern. Berichtet wird hier über Hutmacher, Schuster, Uhrmacher und einige andere. Die Reportage (von Ulrika Hammnin und Jens Lorrenson) startet mit folgender Lobeshymne auf das Handwerk: „Lernen Sie Handwerkskünstler kennen, die sich der Massenproduktion verwehren. Es gibt eine Welt der Tradition, in der die Zeit stillzustehen scheint und in der die Qualität der Handwerkskunst die höchste Währung ist.“

Bemerkenswert finde ich, dass diese Beschreibung in einer Kundenzeitschrift der Automobilindustrie zu lesen ist.

Solche Veröffentlichungen tragen dazu bei, dem Ansehen von handwerklichen Tätigkeiten und den Menschen, die solche Berufe ausüben, einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft einzuräumen. Der kann anpacken. „Der verdient gutes Geld mit guter Arbeit“ oder „Von Nichts kommt nichts“. Auch diese Sprüche höre ich immer häufiger.

Von nichts kommt niemand

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