Читать книгу Von nichts kommt niemand - Udo Hermann - Страница 9
2.1 Warten reicht nicht mehr
ОглавлениеZu Beginn dieses Kapitels habe ich die Ausbildungsmesse genannt. Mein Freund ist Firmengründer und Geschäftsführer der Firma Procase. Er ist Jahrgang 1968 und hat im Alter von 19 Jahren alleine begonnen, mobile Transportgehäuse für Musikequipment herzustellen. Mittlerweile beschäftigt sein Unternehmen 55 Mitarbeiter an zwei Produktionsstandorten, davon sind 10 in der Ausbildung. Der Altersdurchschnitt des ganzen Teams beträgt 32 Jahre.
Jugend wirbt Jugend auf Ausbildungsmesse | Foto: T. Schweighart
Regelmäßig präsentiert sich Procase auf Ausbildungsmessen. Doch den Chef sucht man auf dem Messestand vergeblich. Die Auszubildenden selbst entwerfen, organisieren und errichten den Stand. Während des Messebetriebs sind sie diejenigen, die potenziellen Nachwuchs ansprechen und über die verschiedenen Berufsbilder, Anforderungen und Aufstiegschancen informieren. Das kommt gut an und schafft gleichzeitig bei den am Stand aktiven Jugendlichen ein hohes Zugehörigkeitsgefühl zu „ihrem“ Betrieb. Die Ausbildungsbeauftragten und der Chef halten sich ganz bewusst im Hintergrund und stehen ihren jungen Teammitgliedern nur beratend zur Seite. Bisher ist es bei jeder dieser Messen gelungen, junge Messebesucher zur Betriebsbesichtigung in das Unternehmen einzuladen. Bei dieser Betriebsbesichtigung werden dann strategisch diejenigen Talente ausgesucht, die einen Ausbildungsplatz angeboten bekommen. Solche Beispiele aus meiner unmittelbaren Umgebung zeigen mir, wie sehr sich Unternehmen jetzt schon bemühen, für junge Talente attraktiv zu sein.
Praxistipp
Präsentiere deinen Betrieb auf Ausbildungsmessen als besonderen Arbeitgeber im Handwerk.
Setz deine jüngsten Mitarbeiter und Auszubildende als Standpersonal ein.
Die Bundeswehr produziert aufwendige Videoclips, um die offenen Ausbildungsstellen zu besetzen. Die Ansprüche an die Qualität der Bewerber wachsen ständig. Die Regierung investiert viel, um die Attraktivität der Bundeswehr für junge Leute zu erhöhen. Kindertagesplätze abgestimmt auf die Dienstzeiten der Eltern, Unterstützung bei der Pflege von Familienangehörigen, Mithilfe bei Umzug und vieles mehr klingen verlockend. Der Mittelstand und das Handwerk haben diese Mittel nicht bzw. nur sehr begrenzt zur Verfügung, um so intensiv am Ausbildungsmarkt die Werbetrommel zu rühren. Hier ist wieder eine wichtige zusätzliche Aufgabe für den Handwerkschef entstanden. Wer sonst außer ihm kann sich im kleinen Betrieb mit 1 bis 15 Beschäftigten darum kümmern, dass geeignete Arbeitskräfte nachrücken? Je besser er aber diese Aufgabe meistert, umso erfolgreicher wird der Betrieb in Zukunft am Markt agieren können. Er selbst in seiner Person steht hierbei im Wettbewerb mit den Personalentscheidern der größeren Betriebe. Dazu kommt noch der harte Wettbewerb zwischen den einzelnen Gewerken des Handwerks.