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Konis DDR-Bar in
Neubrandenburg besucht haben

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Ein normaler Mittwochabend am Neubrandenburger Marktplatz. Es ist kurz vor 20 Uhr. Eine ältere Dame führt ihren Hund spazieren, ein Radfahrer fährt zügig quer über den Platz. Dann passiert lange nichts. Bis um Punkt 20 Uhr die Wasserfontäne am oberen Rand des Platzes abgestellt wird. Jetzt ist die Ruhe vollkommen. Nach und nach erlöschen die Lichter rund um den Marktplatz – nur einer, der scheint die Spielregeln zu missachten. Ganz oben im Kulturfinger – so wird das 56 Meter hohe Haus der Kultur und Bildung hier genannt –, da brennt tatsächlich noch Licht! Und wo in dicken Lettern KONI in den Fenstern steht, scheinen sich sogar noch ein paar Leute zu amüsieren. An einem Mittwochabend!

Also rein in den schmalen Turm, ab in den Aufzug und rauf in den 14. Stock. Die Türen des Fahrstuhls öffnen sich und dort steht … ein Mann in Uniform: „Herzlich Willkommen in meiner DDR-Bar!“ Koni – so heißt der Mann in der originalen Fliegeruniform aus längst vergangenen Zeiten – legt Wert auf den persönlichen Umgang mit seinen Gästen. Nach unserer Begrüßung verabschiedet er schnell noch drei Besucher aus Vietnam – es kommen viele Touristen in seine Bar. Schnell noch ein Erinnerungsfoto geschossen – von den weitgereisten Gästen wohlgemerkt –, dann verschwinden die Asiaten kichernd im Fahrstuhl zurück in die Gegenwart. Gegenwart deshalb, weil hier oben im 14. Stock ganz klar die Vergangenheit herrscht. Schon im kurzen Gang Richtung Bar wird man förmlich von DDR-Utensilien erschlagen: Wandteppiche, Poster, Büsten, Abzeichen, Postkarten, Flaggen – alles Originale, die Besucher und Fans dem Koni nach und nach mitgebracht haben. Dazu mischt sich ein Geruch von alten Polstermöbeln und Zigarettenrauch. Überall sitzen und stehen Leute, rund 30 sind es – und damit ist die kleine Bar beinahe voll.

Angefangen hat alles vor 16 Jahren mit einem Bild aus dem Stasi-Hauptquartier. Das hatte ein Kumpel bei der Auflösung der Einrichtung ergattert und es Koni geschenkt. Vielleicht könne der ja wenigstens den Bilderrahmen gebrauchen ... Er konnte – und ließ das gemalte Bild einer Stasi-Größe gleich drin.

Das war der Startschuss für den Sammelrausch von DDR-Reliquien des gelernten Kellners. Sein DDR-Museum mit Theke dient dem gebürtigen Neubrandenburger auch als eine Art Vergangenheitsbewältigung: Er überzeichnet lieber, anstatt zu vergessen. Außerdem interessierten sich viele Besucher für Biografien aus dem Osten, gerade die Touristen aus dem Ausland. Nach und nach schuf Koni so eine der schrillsten Lokalitäten Nordostdeutschlands: Eine Bar, von deren Decke unzählige Lampen herabhängen, die baumeln, wenn das schmale Gebäude im Wind leicht hin- und herschwankt. Zudem ein Lokal, in dem der Raucher noch willkommen ist. Hier dürfen die ältesten Stammgäste ihre persönlichen Fotos aufhängen, hier erzählt der Hausherr in Fliegeruniform Witze über Ostdeutsche. Ein Ort, an dem gerne über den Unterschied von Ost und West philosophiert wird und wo zwischen alten, flauschigen Plüschsesseln seit 15 Jahren ein nadelloser, aber geschmückter Tannenbaum steht. Ein Kunde ließ ihn einst als Pfand da, weil er seine Biere nicht bezahlen konnte. Er ward nie wieder gesehen – sein Baum aber ist längst Kult. Wie die ganze Bar, samt ihres Besitzers.

In Neubrandenburg ist das Koni längst kein Geheimtipp mehr – kaum ein Tag, an dem die Bar nicht bestens besucht ist. Wer mit der ganzen Ostalgie nichts anfangen kann, der kommt wegen der Getränke: Cola gibt’s aus Windlichtgläsern, Cocktails schenkt Koni in Blumenvasen aus. Rund 1,2 Liter gehen dort hinein; die meisten schaffen nicht einmal zwei Drinks, der Rekord liegt bei fünf. So oder so – ein Abend bei Koni ist ein Erlebnis, das sich der Norddeutsche nicht entgehen lassen sollte!

50 Dinge, die ein Norddeutscher getan haben muss

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