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Einen Flachköpper

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Der Flachköpper ist eine hoch komplexe Variation des gemeinen Kopfsprungs, die sich in Norddeutschland ausgeprägt hat. Das liegt vor allem an den topografischen Besonderheiten der Gewässer dieser Weltgegend. Anders als z. B. an bayrischen Bergseen oder den mediterranen Badebuchten der Insel Capri, wo die Küsten schroff abfallen, geht es an Nord-und Ostsee immer nur mit einem sehr sanften Gefälle in das Wasser hinein.

Am Strand von St. Peter-Ording beispielsweise, muss man fast eine Viertelstunde in das kühle Nass laufen, bis man auch nur bis zu den Hüften darin steht – zumindest bei Ebbe. Der Südländer hingegen steigt in seinen besonnten Landen einfach auf einen Felsen, jodelt einmal fröhlich und verschwindet mit einem beherzten Sprung kopfüber vollends im metertiefen Wasser. Ob er dies nun mit einem Einfallswinkel von 20 oder 85 Grad tut, ist herzlich egal: Sicher landet er immer im feuchten Element; seine Schwungenergie wird nämlich durch die Viskosität des H2O schnell und sanft abgebremst, sodass er keinen Bodenkontakt fürchten muss. Daher ist im Süden auch praktisch jede Art von Kopfsprung möglich.

Der Norddeutsche hingegen lebt in dieser Hinsicht ausgesprochen gefährlich: Will er sich, den Kopf voran, ins erfrischende Bad stürzen, muss er sehr genau den Eintrittswinkel zur Wasser oberfläche bedenken. Ist dieser nämlich zu klein, bremst das Wasser den Schwung nicht ausreichend ab – und der kühne Springer rammt mit dem Kopf in den Meeresgrund. Das kann im schlimmsten Fall mit Genickbruch – also: tödlich – enden oder zu einer Querschnittslähmung führen. Aber auch leichtere Unfälle – wie z. B. mit dem Kopf im schlammigen Wattboden stecken zu bleiben – sind unangenehm genug und schnell passiert.

Ist allerdings der Eintrittswinkel zur Wasseroberfläche zu groß, klatscht man mit zu viel Körperfläche auf die Wellen, was sehr schmerzhaft ist und zu inneren Verletzungen führen kann. Zudem geschieht es bei diesem sogenannten Bauchklatscher häufig, dass der Springer nicht genügend Vorwärtsschwung aufbringt, das Wasser ihn in der Folge also nicht ausreichend abbremst, und er mit seiner kompletten Vorderseite auf bzw. in den Grund gelangt. Diese letzte Variante ist besonders peinlich, wenn Umstehende von aufstiebenden Schlammspritzern beschmutzt werden.

Es ist allerdings möglich, auch in eine Wassertiefe von guter Kniehöhe mit einem eleganten Sprung einzutauchen: mit dem Flachköpper eben! Die Norddeutschen haben seit Jahrtausenden ihre Technik dafür perfektioniert. Das Geheimnis liegt in eben genau jenem Eintrittswinkel, mit dem der Körper ins Wasser gleitet: Es gibt nämlich einen idealen, mit dem der Sprung auch bei geringen Tiefen so großartig gelingt, wie bei den berühmten Todesspringern von Mexiko, die von 30 Meter hohen Klippen in die tosende Gischt tauchen. Nach einer Meldung der TU Niebüll hat eine Forschergruppe dort kürzlich den definitiv superoptimalen Winkel für den Flachwasser-Eintritt ermittelt: 62,4639°.

Diese Meldung ist noch nicht bestätigt, die Zahl scheint aber ganz plausibel. Aber egal, ob nun ein paar Grad mehr oder weniger: So halbwegs sollte jeder Norddeutsche einen eleganten Flachköpper hinbekommen – Kopfsprung kann ja jeder ...

50 Dinge, die ein Norddeutscher getan haben muss

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