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In einem Theaterstück op Platt mitspielen

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und dabei das ganze Dorf zum Lachen bringen!

Dieser kurze Auszug aus einer der vielen Komödien, die von zahlreichen Hobby-Autoren emsig Jahr für Jahr produziert werden, ist ein schönes Beispiel dafür, dass Theaterstücke op Platt heutzutage alles andere als platt sind. Mit trockenem, norddeutschem Humor wird die Realität der weiten Welt nachvollziehbar zum Besten gegeben – indem man sie zur Kenntlichkeit verzerrt und einfach auf ein Dorf irgendwo im Norden überträgt. So nennt sich denn auch der lokale Bauunternehmer in dem Schwank Penner Paul natürlich nur rein zufällig Schneider – wie eben jener Baulöwe, der der Bundesrepublik 1994 durch Betrug eine spektakuläre Milliardenpleite bescherte. Weitere Parallelen zu etwaigen aktuelleren Mauscheleien, der Mövenpicksteuer z. B., kann man sich nun denken – oder es eben lassen. Je mehr man diese Parallelen jedoch sucht, desto mehr kann man auch lachen – und genau das soll man unbedingt tun in den Aufführungen von Tanks Theater!

Diese Laienspielgruppe aus Norderstedt bei Hamburg liefert nämlich ein wunderbares Beispiel dafür, wie ein nord- und plattdeutsches Amateurtheater Jahr für Jahr sein Publikum aus der Nachbarschaft amüsieren und begeistern kann. Die Aufführungen vor Ort sind sowieso regelmäßig ausverkauft – inzwischen werden aber sogar kleine Tourneen durch ganz Schleswig-Holstein unternommen! Wer einmal eine Aufführung der Truppe erlebt hat, den wundert das nicht: Obwohl keiner der Darsteller jemals eine Schauspielschule von innen gesehen hat, spielt das gesamte Ensemble auf einem hohen Niveau: Rolle, Text und Pointen sitzen einfach. Und der Spaß, den alle haben, die da oben auf den Brettern, die die Welt bedeuten stehen, überträgt sich obendrein aufs Publikum.

Für einen Löwenanteil an diesem Erfolg ist sicherlich ein Herr verantwortlich, der dies niemals zugeben würde: Norbert Tank. Er gründete 1993 die Theatergruppe, gab ihr seinen Namen, führt seither in (fast) jeder Beziehung die Regie, spielt kleine, aber wichtige Rollen ... und schreibt auch noch viele der Stücke, die hier aufgeführt werden. Wie eben Penner Paul, eines seiner erfolgreichsten Werke, das sogar verlegt wurde – und somit auch anderen Theatergruppen zum Spiel zur Verfügung steht. Gelernt hat Norbert nichts von alledem; nie besuchte er Volkshochschulkurse à la Kreatives Schreiben, Regie für Anfänger oder Bühnenpräsenz I–III! Nein, Norbert ist einfach der perfekte Autodidakt: Er liebte (und liebt bis heute) das Theater an sich, wollte hier etwas selbst gestalten – und hat dann einfach mal gemacht!

So ähnlich erklären übrigens auch alle anderen Mitwirkenden von Tanks Theater ihr freizeitliches Bühnendasein: „... in der Schule Theater gespielt“, „... wieder Lust gehabt...“, „... dann einfach mal gemacht!“...

Und warum das alles ausgerechnet auf Plattdeutsch? Na, für viele hier ist Platt eben die eigentliche Muttersprache – und wird mit vertrauten Personen im Alltag bis heute gesprochen. Da läuft es einfach besser: Op Plattdütsch kann man eben anners snacken als auf Hochdeutsch! Was vielleicht auch ein Grund dafür ist, weshalb die Laienaufführungen von plattdeutschen Theaterstücken grundsätzlich etwas wahrhaftiger wirken, als die Interpretationen hochdeutscher Klassiker ... Die vielen Norddeutschen, die das Platt nicht mehr mit der Muttermilch aufgesogen haben, sollen sich nun aber keinesfalls aus dem plattdeutschen Laientheaterleben ausgegrenzt fühlen – im Gegenteil. Sogar im Ensemble von Norbert Tank gibt es einen Hochdeutschen, der seine platten Texte noch immer wie eine Fremdsprache auswendig lernen muss. Wie fast alle Norddeutschen versteht er zwar das meiste, seine Zunge kann die Laute nachbilden, die Alltagsfloskeln gehen ihm fließend von derselben, aber manchmal macht er halt Fehler in der Grammatik oder verwechselt Vokabeln. Geduldig korrigiert ihn dann der Regisseur bei den Proben, sodass er spätestens bei der Premiere den Text draufhat wie ein waschechter Plattsnacker.

Ja, liebe Leser, die Ihr nun darüber grübelt, ob Ihr nicht auch Euren großen, alten, geheimen Traum vom wilden Theaterleben umsetzen solltet ... Hier ist das Zauberwort: Einfach mal machen! Ihr habt bestimmt Spaß dabei, macht Euren Mitbürgern eine Freude – und erwerbt ganz nebenbei auch noch Ehren in Sachen Erhalt der lebendigen, norddeutschen Sprache.

Gleich morgen Freunde, Bekannte, Gleichgesinnte zusammentrommeln – und los geht’s!

50 Dinge, die ein Norddeutscher getan haben muss

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