Читать книгу Endstation Salzhaff - Ulrich Hammer - Страница 7

Kapitel 3 Chili con Carne

Оглавление

Dr. Brandenburg saß mit seiner Frau Anna im Wohnzimmer beim Abendbrot. Eine App schickte die gewünschte Musik für den Hintergrund auf das Soundsystem.

»Erstaunlich, was die kleinen Dinger so leisten«, sagte er vermischt mit Schmatzgeräuschen bei vollem Mund.

»Was für Dinger?«, entgegnete seine Frau.

»Na, die Lautsprecher da!«, mampfte er zurück.

»Woher soll ich wissen, was du meinst?«

»Wir reden die ganze Zeit nix und hören Musik. Gerade eben Leonard Cohen »You want it darker.« Die Bässe, unglaubliche Wiedergabe. Du hast eben sogar erstaunt innegehalten, als er sang »I’m ready my lord.« Da ist es doch klar, was ich meine!«

»Das hättest du wohl gern?«

»Was?«

»Dass ich immer sage ›hier my lord und da my lord und I’m ready my lord‹?«

»Quatsch, ich bin einfach begeistert.«

»Warum nicht einfach mal von mir? Oder von meinem tollen Essen, was ich meinem Lord bereitet habe?«, gab sie spitz zurück.

»Du hast recht, Anna.«

Er sah sie an und fand wie oft ganz kleine Details an ihr, die er lange nicht wahrgenommen hatte. »Meine Sensibilität ist mal wieder runtergefahren«, stellte er in sich gekehrt fest. »Ich bin in letzter Zeit zu oft einfach zu schnell und unüberlegt mit dem, was ich sage und mit dem, was ich nicht sage. Vieles muss gesagt werden! Zum Beispiel, dass ich jetzt gerade genieße, dass wir hier zusammen sind. Ich weiß bloß schon wieder nicht, ob es der richtige Zeitpunkt ist, das zu sagen.«

»Mein lieber Karsten, dafür kann es keinen falschen Zeitpunkt geben«, gab sie mit warmer Stimme zurück und beide ließen ein Glas Rotwein klingen. Dann wechselte sie das Thema mit einer Frage nach seinem Freund Torte.

»Sag mal, Torsten Torte Tengler, du sagtest neulich, dass er mit seiner Frau auch viel Kajak fährt. Vielleicht könnten wir mal gemeinsam mit ihnen etwas unternehmen?«

»Wie kommst du denn jetzt darauf?«

»Ich musste gerade so an flache und tiefe Wasser denken.«

»Die haben einen Zweier und einen Einer«, entgegnete er.

»Einen Dreier würde ich auch nicht wollen«, sagte Anna.

»Wie?«

»Keinen Dreier!«, rief ihm seine Frau zu.

»Na, sag ich doch, einen Zweier.«

»Schreibt man Kayak oder Kajak?«, fragte sie ernst.

»Was?«

»Na, mit Ypsilon oder mit Jott?«

»Weiß ich nicht, hört sich doch gleich an. Wahrscheinlich geht beides«, rief er in der Küche in den offenen Gewürzschrank, weil ihm das Angebot auf dem Tisch nicht reichte. Dann ging er zurück. Anna hatte inzwischen noch einige Teelichter verteilt und nach endlosen Knipsversuchen mit dem nie richtig funktionierenden Anzünder entflammt.

Leonard Cohen war derweil in einer unglücklich gemixten Playlist von Wincent Weiß abgelöst worden: »Ey, da müsste Musik sein« rief oder sang er einige Male. Das Soundsystem hatte nicht mehr viel zu leisten, Bässe konnte BRB in dem Titel nicht ausmachen. Ja, es müsste Musik sein, dachte BRB. Beide kamen zur Ruhe. Die letzten Happen ließen sie sich wortlos auf den Zungen zergehen. Die Kerzen schickten kleine Licht- und Schattenspiele an die Wände, weil sich ihr Licht an getönten Gläsern brach und verspielte. Die von Heinz Bochmann gemalte Silhouette des Wismarer Hafens bekam eine besondere Wärme.

»Lass uns mal den morgigen Tag besprechen«, sagte Anna.

»Morgen ist Sonntag«, antwortete er.

»Ja doch, ich meine natürlich Montag, wenn du es genau wissen willst. Ich kann nicht gut in den Sonntag gehen, wenn ich nicht weiß, wie der Montag wird!« Beide merkten in diesem Moment, wie sehr ihr Leben durchgeplant war, wie sehr man an Zeiten und Terminen hing, ja, wie sehr man von ihnen abhängig war.

»Ich muss ins Amtsgericht.«

»Nach Rostock?«

»Ja, Zochstraße. Dort einen Parkplatz zu finden, wird wieder ein Problem. Vier Angeklagte, zwei Straftaten in unterschiedlicher Beteiligung, Körperverletzung, alle wohl mehr oder weniger alkoholisiert. Berechnung der Blutalkoholwerte nach Trinkmengenangaben. Keine Laborwerte. Zehn Zeugen. Das wird ein langer Tag.«

»Musst du dich vorbereiten?«

»Nein, ich hatte die Akte nicht. Es muss ohnehin alles auf den Tisch, was für den Prozess wichtig ist. Ich werde fragen und fragen und nochmals fragen, um alle Grundlagen für mein Gutachten zusammenzubekommen.«

»Wann geht’s los?«

»Um neun Uhr.«

»Ok, ich habe Sprechstunde ab acht Uhr und dann den ganzen Tag.«

So ließen beide den Abend ausklingen. Der Sonntag dazwischen war kein Thema und versprach Entspannung.

Endstation Salzhaff

Подняться наверх