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Schöne Tänzerin – nicht schön eigentlich, wie gesagt, schön nicht, nicht so richtig. Diese Klotznase, die hat er dir auch zu groß, zu klumpig ins Gesicht gemalt. Könntest schon noch schöner sein. Aber, ich weiß auch nicht – ungeheuer! Irgendwie ungeheuer. Mit deinem schwarzen, pechschwarzen Blick, und den rechten Arm schnurgrad schräg nach unten und angelehnt an die Armlehne von deinem dunkelroten, völlig verbauten Sessel – hat sich dein Beckmann wieder was zusammengepinselt! Die linke Hand wie im Dings, im Ballett fingerzeigend, ja noch mal, zwingt einen sozusagen in die Knie irgendwie, – da steht man und macht nichts mehr. Rein gar nichts.

Hätt nicht gedacht, Gunnar, alter Junge, dass dich eine so aus der Fassung, hartgesotten wie du bist, noch aus der Fassung bringen könnt. Dachte, so was wär mir abhanden gekommen, so diese Aufregung.

Heh Tänzerin, wie alt ist dein Klecksmax geworden? Sechsundsechzig? Hat er grad rechtzeitig den Arsch zugekniffen. Noch nichts mit Rente. Trotzdem, vielleicht hat er sie trotzdem gekannt schon, diese Angst vor diesen Rentnertagen, vor jedem neuen neu diese Angst: Auch der Tag ist wieder ein Idiot. Ich hab sie schon vor Augen gehabt, diese Angst, völlig ungeschminkt. War doch absolut nicht sicher – mit fast 50 ist man schließlich auch nicht mehr der Jüngste, und wo jetzt der Fuß ab war – war absolut nicht sicher, dass ich noch 'ne Arbeit find. Auf See jedenfalls nicht. Dabei guck ich für mein Leben gern, guck raus ins Offene, in die Weite bis zum Horizont, aber Essig! Also gut, da kam mir das mit den Bildern hier grad zupass. Einigermaßen. Konnte ja nicht ahnen, dass mir so eine hier übern Weg laufen würd.

Mann, bei mir, schöne Tänzerin, hättste's verdammt nicht schlecht, würdst nicht dauernd angepeilt von diesen schwachsinnig schwindsüchtigen Linsern mit ihren verranzten Bratäpfeln unter der Stirn. Die müssen dir doch auf den Zwirn gehn, jeden Tag und jeden Tag! Ich weiß überhaupt nicht, ob das wirklich ein Fächer ist, den de dir vor deinen Balköner hältst. Ich meine, wenn ich mir diesen ganzen Bohei hier im Museum – oder Halle ja, Halle von der alten Fischmehlfabrik, die der Kunstforeningen extra für die Ausstellung angemietet hat, jau, weiß ich, also: Halle, – wenn ich mir den Bohei hier in der Fischmehlfabrikhalle angucke, dies ganze Gebrabbel um dich rum, könnt man meinen, dein Max hat gar nicht 'en Fächer, hat vielleicht doch 'ne Narrenklatsche gemeint.

Jedenfalls, sieht man sofort, wie's dich anstrengt, seit zig Jahren so daneben gucken, neben's Gesülze von diesen spitzen Köpfen und Blicken, ins Nichts nach rechts gucken dauernd. Dass du nicht mal einem von diesen Glotzern und Gelehrten mitten ins Gesicht deinen ganzen Spottblick klatschen kannst. Darfst ja schließlich deinem Dings, deinem Schöpfer das Geschäft nicht vermasseln, musst still halten, die Kundschaft nicht verprellen. Bei mir könntste dich mal gehn lassen auch mal.

Warte mal! '25! Jahrgang 1925. Tatsächlich. Bist zwei Jahre älter als ich. Aber zwei Jährchen, was sind schon zwei Jährchen! Außerdem hast du mit den Jahren ja eh nichts am Hut. Gleich mit 28, Tschuldigung, vielleicht auch mit 23 geboren worden, und dann kein eines Jahr mehr verstreichen lassen. Seit 'nem halben Jahrhundert ein und dasselbe Jahr. Obwohl, hast viel verpasst, könntste bei mir nachholen. Könntst mit mir alt werden und jung bleiben. Und würdest endlich aus deiner unsterblichen Langeweile entlassen.

Der Letzte macht das Licht aus

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