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Schon wieder 'ne Dings, 'ne Führung. Kann man denn hier nicht mal einmal in Ruhe bloß aufpassen, einfach nur sitzen und wachen?! Bei meinem einen mir verbliebnen Fuß! Wenn ich eins hasse, dann sind das Museumsführungen. Irgendso 'ne akademische Trulla – aus Oslo am Ende noch! – brabbelt was von wegen, an dieser Stelle wolle sie Beckmann selbst mal zu Wort kommen lassen: »Möchte gern etwas von dem Zucken, dem magnetischen Zusammenreißen der Geschlechter hineinbringen. Diese immense Pracht der Natur.«

Also dein Pinselschwinger, ehrlich! »Diese immense Pracht der Natur«? Bei all der Hässlichkeit, die der gemalt hat! Bisschen hochgegriffen, Meister Beckmann. Mal ehrlich mal. Aber – »Zucken der Geschlechter«, das schon, muss man zugeben. Sag mal, du, ich meine, kannst du mit diesen Bildern was anfangen, schöne Frau? Also wenn de mich fragst, ich find se zu allererst und fast alle dreckig irgendwie. Also als er noch jung war, dein Beckmänne, so ganz am Anfang, konnt er ja ganz or'ntlich noch malen, dass man auch was erkennen konnt, richtige Gesichter und so und nicht so schlampig, verbeult und verbogen, nicht so falsch. Also, ich weiß ja nicht, ob ich's besser, aber, ich mein, der konnt's doch mal besser! Hat dich doch auch zustandegebracht. Schließlich. Also Brüste malen, das konnt er, satt! Der hat fantastische Dirnenbirnen gemalt, ha, rund und fest und gradaus. Mann, und du? Unterm lila Kleid, hinterm Fächer? Den Fächer, mal ehrlich, könntste mal für 'en Augenblick zur Seite fallen lassen, mal für 'en menschlichen Augenblick nur. Ich mein ja nur.

Und die Schlaubergerin kramt weiter in ihren Beckmann-Karteikärtchen: »Salz leckst du, armer größenwahnsinniger Sklave, und tanzt lieblich und unendlich komisch in der Arena der Unendlichkeit unter dem tosenden Beifall des göttlichen Publikums. Je besser du's machst, um so komischer bist du.«

Also ich kapier gar nichts mehr. »Größenwahnsinniger Sklave«, wen meint dieser Beckmax? Und macht sich lustig und lacht unterm tosenden Beifall des göttlichen Publikums, und ich bin der Dings, der Gelackmeierte oder wer. Göttlich jedenfalls kann ich das Publikum wahrhaftig nicht finden, bei aller Liebe. Die Kunsttante zum Beispiel, wie die ständig ihre Brille auf der Nase zurechtrückt und Beckmannverse predigt: »Am traurigsten der absolute Wollüstling, weil er Pech säuft statt Wasser. – Halten wir uns an die Verachtung.«

Unmöglich, dein Schöpfer, war doch 'n gebildeter Mensch, 'nen Kunstprofessor sogar, denk ich, und dann: Verachtung! Nur weil einer so viel Pech hat.

Kaum ist die Uni-Truppe abgezogen, ist dieser Kiebitzkerl wieder da. Und schielt unter dein lila Kleid. Schamlos. Mann, dass das aber auch so hochgerutscht sein muss, kann der ja bis sonst wohin und geil glotzen. Nur gut, dass du die Beine übernandergeschlagen hast. Der würd dir glatt reinpeilen, direktemang. Der Sphinx spinxen durch 'en Spalt bis zum Blinddarm. Kennt der nix. Gut gut, wahrscheinlich käm er nur bis zum Stoff. Und so 'n Tüllunterrock oder was, wie Balletteusen so anhaben, scheinste ja nicht drunter zu haben. Aber 'ne jungfrauweiße Balletthose.

Würd der garantiert völlig ungeniert hinschielen, ob kein Blutsfleck, kein Ausfluss nicht zu sehn ist. Würd mit seinen verquasten Kiekerlingen nachfahrn den Umriss, wie sich die Balletthose einkerbt, – 'ne Unterhose haste da bestimmt nicht drunter, ist jedenfalls nichts von zu sehn, kein Saumabdruck oder was – würd den feinen Schattenstrich nachfahrn, das Schwein, Ferkel das! Würd der fertig bringen, glatt und ohne rot zu werden. – Gut wirklich, dass du die Beine überkreuzt, bisschen auf Eleganz hältst. Bitter notwendig der Fächer, bitter.

Gunnar, altes Haus, merkst du eigentlich überhaupt nicht, wie diese Frau da grad dabei ist, dich komplett um den Finger zu wickeln. Pass auf, pass bloß auf!

Der Letzte macht das Licht aus

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