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Demokratie in England

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In England verlief der Weg zur modernen Demokratie über die Staatsform einer konstitutionellen Monarchie. Schrittweise wurde die Macht des Parlaments gestärkt und allmählich das allgemeine Wahlrecht erweitert. Bis auf die Zeiten der Magna Charta von 1215 geht in England die Idee zurück, dass keine Steuer ohne gemeinsame Beratung im Königreich erhoben werden durfte. Der König benötigte den Rat, also die Zustimmung von Männern aus seinem Reich, um seine Finanzen zu sichern.

Aus dieser Tradition entwickelte sich um die Mitte des 13. Jahrhunderts die Institution des Parlaments, das laut Statuten mindestens einmal jährlich tagen sollte. Während zunächst in diesen Parlamenten vor allem adlige Großgrundbesitzer vertreten waren, bildete sich seit dem 14. Jahrhundert die Vorstellung des Parlaments als einer Vertretung aller Kreise und Gemeinden des Königreiches heraus. Daher erhielten nun auch die Bürgerlichen, die Commons, Zugang in die parlamentarische Vertretung.

Später entwickelte sich so das „House of Commons“, das Unterhaus. Natürlich war dieses Parlament noch keine demokratische Vertretung. Erst die Wahlrechts- und Parlamentsreformen des 19. und 20. Jahrhunderts führten zur vollen Parlamentarisierung der konstitutionellen Monarchie in England. Nicht von ungefähr entwickelte sich das Inselreich durch diese austarierte Machtbalance für Jahrhunderte zu einer führenden Weltmacht.

„Alle Menschen sind von Natur aus in gleicher Weise frei und unabhängig und besitzen bestimmte angeborene Rechte, und zwar den Genuss des Lebens und der Freiheit, die Mittel zum Erwerb von Besitz und Eigentum und das Erstreben und Erlangen von Glück und Sicherheit.“ Mit diesem Katalog von Rechten beginnt die „Bill of Rights“, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776. Die Bewohner der 13 englischen Kolonien hatten sich damals von der Krone Englands losgesagt und ihre Unabhängigkeit erklärt. Ausgelöst durch willkürliche Steuererhöhungen, hatten sich die Kolonisten gegen das Mutterland jenseits des Atlantiks erhoben.

Die „Bill of Rights“ war die erste moderne Grundrechteerklärung. Leben, Freiheit und Eigentum, ja sogar das Streben nach Glück, galten als unveräußerliche, natürliche Rechte und markierten die Grenzen politischer Macht. Sie durften weder von der Regierungsgewalt noch von der wahlberechtigten Mehrheit verletzt werden.

Repräsentanten und andere Inhaber öffentlicher Ämter sollten nur kurze Amtszeiten haben. Die politischen Gewalten von Legislative und Judikative wurden geteilt, die Organe kontrollierten sich gegenseitig. Damit entstanden zum ersten Mal demokratische Verfassungen, die auf der Souveränität des Volkes beruhten. Ein neuer Typus von Demokratie, die Verfassungs- und Grundrechtdemokratie, war geboren.

In Europa herrschte zu dieser Zeit dagegen noch finsterster Absolutismus. Im gleichen Jahr der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung verkaufte der Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel den Engländern 12.000 Untertanen als Soldaten für den Kampf in Nordamerika. Mit den dafür eingestrichenen 450.000 Talern finanzierte er seine prunkvolle Hofhaltung. Aber auch die Fürsten von Braunschweig, Hessen-Hanau, Ansbach-Bayreuth, Waldeck und Anhalt-Zerbst exportierten ihre menschliche Ware. Insgesamt kämpften 30.000 Deutsche in den roten Röcken der Engländer gegen die aufsässigen amerikanischen Kolonien – also auch gegen Demokratie und Menschenrechte.

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