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3. Zeichen über Zeichen – Semiotische Landschaften 3.1 Massenmedien und interpersonale Kommunikationsformen

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interpersonale Kommunikationsformen

Schriftliche Kurznachrichten wie in Kap. 2 behandelt gehören zu einer der beiden großen klassischen Gruppen technisierter Kommunikation, nämlich zu den interpersonalen Kommunikationsformen. Dazu zählen beispielsweise auch – mündlich – Telefongespräche sowie – schriftlich – Briefe und E-Mails. Typischerweise kommunizieren hier je zwei Partner miteinander (one to one). Meist funktioniert das immer noch monomodal, entweder mündlich oder schriftlich. Doch nach und nach kommen bi- oder multimodale Kanäle hinzu, z.B. bei Multimodal Messaging MMS und Skype.

Massenmedien

Die andere große Gruppe stellen die Massenmedien. Das sind all diejenigen Medien, welche die Kommunikationsformen tragen, die in Tabelle 1 in Kap. 1 mit einem „+“ in den beiden Spalten „öffentlich“ und „Einweg“ gekennzeichnet sind: Bücher, Presse, Hörfunk, Fernsehen, Kinofilme, Teile des World Wide Web und viele der im Alltag allgegenwärtigen Nebenbei-Medien wie Plakate, Schilder und Warenverpackungen. Hier schickt eine Institution oder Personengruppe Botschaften an eine große Zahl anonymer Empfänger (one to many). Anders als interpersonal ausgetauschte Informationen werden massenmedial verbreitete Botschaften von einer regulierenden Institution und/oder Redaktion verantwortet und mehr oder weniger sorgfältig geplant, verfasst und redigiert. Monomodale Botschaften kommen hier nur dann vor, wenn weiterhin funktionale Gewohnheiten alter Textsorten das nahelegen (z.B. bei Romanen und Leitartikeln).

Mischformen

Doch je weiter sich die kommunikationstechnologischen Möglichkeiten ausdifferenzieren, desto mehr schwinden die hergebrachten Gegensätze zwischen interpersonaler und massenmedialer Kommunikation, und Mischformen entstehen. Soziale Netzwerke wie Facebook enthalten Elemente sowohl interpersonaler als auch massenmedialer Kommunikation. Blogs und Twitter können von jedem Computernutzer beschickt werden; und diese Mitteilungen werden manchmal von vielen, oft aber auch nur von wenigen Personen rezipiert, die jedoch wie in Massenmedien meist anonym bleiben. Gleiches gilt für individuelle Homepages. Chats und Wikis schließlich sind vielfach als Many-to-many-Kommunikation einzuordnen.

medialer Sprachgebrauch

All das hat jeweils spezifische Folgen für die sprachliche Form. Traditionelle Massenmedien waren und bleiben (je nach Anbieter und Format) mehr oder weniger intensiv redigiert, bespielen ein breites thematisches und formales Spektrum und nutzen vergleichsweise aufwendige multimodale Potentiale und Inszenierungen. Je stärker die Herstellungskosten sinken und die Konkurrenz auf liberalisierten Märkten wächst, desto umfangreicher und vielfältiger wird das Angebot, desto differenzierter die adressierten Publikumsgruppen (audience design) und entsprechend abwechslungsreicher die immer massenhafter erzeugten sprachlichen Konstrukte: Alles ist möglich. Gleichzeitig bauen Nutzerinnen und Nutzer massenmediale Angebote immer stärker in ihren Alltag ein: Man hört Radio beim Autofahren, Musik beim Joggen, unterhält sich beim Essen über mitlaufende Fernsehsendungen und andere Themen und wäre im schrift- und bildfreien Supermarkt hilflos, wenn Einkaufen auch nur einen Tag lang ohne bedruckte Verpackungen und sichtbare Werbung rein mündlich zwischen Käufer und Verkäufer abgewickelt werden müsste.

persönliche und mediale Kommunikation

Konsequent verwischen auch früher klare Grenzen zwischen interpersonalem und massenmedialem Sprachgebrauch. Zwischenmenschliche Kommunikation (z.B. im persönlichen Dialog oder in E-Mails) nimmt Modewörter (z.B. „Selfie“) aus Massenmedien auf (vgl. z.B. <www.wortwarte.de>), aber auch länger haltbare Floskeln (z.B. „Tschüss und Auf Wiedersehen“) und Strukturen (z.B. „in 2014“). Umgekehrt passen sich viele massenmediale Formate (von Hörfunkmagazinen über Talkshows bis zu Nachrichten) ganz bewusst umgangssprachlichen Sprachgebrauchsweisen an oder beziehen sie ein, eben um den tatsächlich bestehenden Unterschied zwischen persönlicher und medialer Kommunikation geringer erscheinen zu lassen. (Decipimur specie recti: Wir lassen uns vom Anschein des Richtigen täuschen.)

Einführung in die Medienlinguistik

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