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3.3 Medien und Linguistik

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linguistic landscape

Seit einigen Jahren kümmert sich die Linguistic-Landscape-Forschung um Sichtbarkeit und Stellenwert von Sprachen auf öffentlichen und kommerziellen Schildern u.Ä. an bestimmten Orten (Landry/Bourhis 1997: 23; vgl. Scollon/Scollon 2003, Shohamy et al. (eds.) 2009 & 2010). Das betrifft einen wichtigen Teilaspekt der weltweiten Mediatisierung öffentlicher Kommunikation. Wenn aber, wie dargestellt, Medien sämtliche Bereiche öffentlicher und privater Kommunikation erfassen, können solche Themen nicht auf wissenschaftliche Spezialgebiete beschränkt bleiben. Im Gegenteil könnte man sogar argumentieren, dass sich die gesamte Sprachwissenschaft zu einer Medienlinguistik wandeln müsse, wenn doch der größte Teil sprachlicher Kommunikation von Medien getragen, beeinflusst und mitgeprägt wird.

Linguistik

Das aber wäre ein Fehlschluss. Linguistik nämlich ist die Wissenschaft von der Sprache und den Sprachen in ihrer Gesamtheit und unter allen nur denkbaren Gesichtspunkten. Die verschiedenen Subdisziplinen konzentrieren sich jeweils auf eine sprachliche Ebene (z.B. Syntax), einen Gesichtspunkt (z.B. Soziolinguistik) oder eine Methode (z.B. Korpuslinguistik). In einem ganzheitlichen Blick gehören alle Ebenen, Gesichtspunkte und Methoden zusammen. Angesichts des bereits erreichten Wissensstandes kann heute keine auch noch so große Forschergruppe auf sämtlichen Feldern zugleich neue Erkenntnisse gewinnen. Deshalb müssen sich die verschiedenen Subdisziplinen allerdings ihrer jeweiligen Spezialisierung bewusst sein und nach außen anschlussfähig bleiben.

Medienlinguistik

In diesem Konzert wissenschaftlicher Zugriffe richtet die Medienlinguistik ihren Blick auf die Frage, in welcher Weise mediale Bedingungen die Verwendung von Sprache beeinflussen oder gar prägen. Je nach dem Zweck der einzelnen Untersuchung können dabei zum Beispiel soziolinguistische Variablen (z.B. Alter, Beruf, Schichtzugehörigkeit der Sprecher) und korpuslinguistische Methoden eine Rolle spielen, wenn es etwa um syntaktische Merkmale in Video-Telefonaten geht. Tatsächlich sind die ergiebigsten medienlinguistischen Untersuchungen so eingerichtet, dass sie auf theoretischer Grundlage und mit empirischen Mitteln den Zusammenhang medialer und anderer Einflussgrößen erschließen.

drei Faktorengruppen

Dabei ist das Geflecht aller beteiligten Faktoren äußerst komplex. In einem sehr grobkörnigen Überblick könnte man drei Gruppen unterscheiden. Aus linguistischer Sicht in einem umgebenden Makro-Bereich sind historische, kulturelle, ökonomische, soziale, politische und gesellschaftliche Konstellationen zu berücksichtigen. Seit wann, in welcher Form, warum und wozu beispielsweise gibt es überhaupt Werbung, wer bezahlt sie, wer hat welche Vor- oder Nachteile davon? Davon beeinflusst im mittleren Bereich liegen die Kommunikationsmedien, Kommunikationsgewohnheiten und Sprachgebrauchsweisen. Welche Medien und Kommunikationsformen also nutzt Werbung mit welchen semiotischen und sprachlichen Mitteln? Letztere schließlich schöpfen aus den allgemeinen sprachlichen Ressourcen (Wortschatz und Grammatik), die den Untersuchungsgegenstand der klassischen Sprachwissenschaft ausmachen. Welche Wechselwirkungen gibt es also etwa zwischen Sprachgebrauch in der Werbung und der Gemeinsprache?

Die noch junge Medienlinguistik bewegt sich derzeit vorwiegend auf dem mittleren Plateau, beschäftigt sich also mit Kommunikationsgewohnheiten und Sprachgebrauch in Medien. Anschlüsse nach oben (Zusammenhang zwischen Gesellschaft und sprachrelevanten Kommunikationsgewohnheiten) und unten (Einflüsse des Sprachgebrauchs in Medien auf das sprachliche System) sind bisher noch nicht sehr gründlich erforscht worden. Es wäre zum Beispiel wünschenswert, empirische Multimodalitätsforschung in eine Theorie des kommunikativen Handelns einzubinden, wie Bucher (2010: 65) es vorschlägt, und in umgekehrter Richtung daraus auch auffällige Erscheinungsformen von Sprache in multimodaler Umgebung zu erklären.

Für Studierende bedeutet das alles, dass es nicht sinnvoll ist, einen eng begrenzten Kern von Medienlinguistik für sich ganz allein zu studieren. Vielmehr sollten medienlinguistische Aspekte stets in andere sprachwissenschaftliche und interdisziplinäre Kontexte eingeordnet werden.

Einführung in die Medienlinguistik

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