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5. Mono- und multimodale Kommunikation über Medien 5.1 Modus und Technik

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fünf Modi

Modus bezeichnet die Art der Präsentation und Wahrnehmung, genauer die sinnliche Gestalt, in der Zeichen übermittelt werden. Streng genommen müsste Modus sich auf den genutzten Sinneskanal beziehen (also auditiv, visuell, olfaktorisch, gustatorisch und haptisch). Von besonderen Fällen (z.B. Blindenschrift) abgesehen dominieren in menschlicher Kommunikation aber die ersten beiden so sehr, dass man als Modi insbesondere die fünf Kommunikationsträger gesprochene Sprache, geschriebene Sprache, stehendes Bild (z.B. als Foto), bewegte Bilder (medial z.B. als Film) sowie (nichtsprachliches) Audio (Musik und Geräusch) unterscheidet, weil sie auf unterschiedliche Weise erzeugt und rezipiert werden.

ursprünglich multimodal

Menschliche Kommunikation verläuft ursprünglich multimodal. Kleine Kinder nehmen gesprochene Sprache immer im Zusammenhang mit Mimik und Gestik der Partner sowie mit visuellen und akustischen Elementen der Situation wahr; sonst könnten sie Sprache gar nicht erlernen. Auch nicht-technisierter Sprachgebrauch von Erwachsenen ist stets in nichtsprachliche Zeichen eingebunden, die für das wechselseitige Verständnis relevant sind. Multimodalität ist die übliche Standardform menschlicher Kommunikation: „All interactions are multimodal.“ (Norris 2004: 9; vgl. Norris 2012, Kress 2010:1)

technisch monomodal

Erst technische Einschränkungen lassen monomodale Kommunikate entstehen. Schrift überträgt akustische Sprache in visuelle Gestalten, löst Kommunikation aus der gemeinsam erlebten Situation und erzwingt deshalb durchdachte Textplanung, Versprachlichung komplexerer Informationen und ausgefeilte grammatische Formen. Schriftlich monomodale, monologische und in sich geschlossene Ganztexte (z.B. Briefe, Essays, Aufsätze, Seminararbeiten, Romane) gelten zwar weithin immer noch als die Königsklasse sprachlicher und überhaupt geistiger Leistungen; denn hier wird Kommunikation auf den Wortlaut reduziert und vom Verfasser deshalb höchste Konzentration verlangt. Doch dank technischer Entwicklungen war es im Laufe der Geschichte immer leichter und billiger möglich, schriftliche Texte mit Bildern, Zeichnungen, Fotos und anderen Illustrationen anzureichern. Heute verknüpfen die meisten sichtbaren Kommunikate Schrift und Bild in vielfältiger Weise, z.B. in Zeitungen, Zeitschriften, Büchern, im Internet und im öffentlichen Raum – mit jeweils spezifischen Folgen für die sprachliche Form.

Das Telefon ermöglicht zwar, mündliche Gespräche über große Distanzen hinweg zu führen. Dafür sind diese Gespräche aber, wenn man von eher nebensächlichen Geräuschen absieht, monomodal: Die Botschaften müssen auf den gesprochenen Text konzentriert werden; und man kann sich nicht auf unterstützende Mimik, Gestik und selbstverständliches Wissen aus einer gemeinsam geteilten Situation verlassen, wie das bei herkömmlichen Face-to-face-Gesprächen der Fall ist.

Verschiebung der kommunikativen Potentiale

Generell führen technische Medien zu einer Verschiebung der jeweiligen kommunikativen Potentiale. Einerseits gehen sie weit über die Möglichkeiten natürlicher (nicht-technisierter) Kommunikation hinaus: Je nach Medium erlauben sie Austausch über beliebig große Entfernungen (z.B. Telefon) oder gar völlig unabhängig von Raum und Zeit (z.B. die meisten schriftgebundenen Medien). Oft speichern sie Daten für lange Zeit (z.B. dank Buchdruck und Computertechnologien). Und häufig lassen sie massenhafte Vervielfältigung und Verbreitung zu (sämtliche Massenmedien). Andererseits aber schließen sie Leistungen natürlicher Kommunikation aus, insbesondere körperliche Kopräsenz und ursprüngliche Multimodalität.

Die Geschichte der Kommunikationsmedien lässt sich zu einem guten Teil so beschreiben, dass anfangs jeweils technisch erzwungene Einschränkungen nach und nach immer weiter zurückgenommen werden und gleichzeitig die technisch errungenen Vorteile bewahrt werden konnten. So wurde und wird zunächst massenmediale und später auch interpersonale Kommunikation immer durchgängiger bi- und multimodal. So erschienen immer mehr Bilder in Drucksachen; parallel wurden beispielsweise Zeitungen immer intensiver visuell durchgestaltet; und wer will, kann heute bildtelefonieren. Es liegt auf der Hand, dass geschriebene bzw. gesprochene Sprache andere Formen annimmt, wenn sie nicht der einzige Informationsträger ist, sondern in weitere Modi eingebettet übertragen wird.

Einführung in die Medienlinguistik

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