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c) Psychologische Wirkungen der Regeln der Kapitalerhaltung

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Nach dem Gesagten gilt es, unter psychologischen Aspekten zwei Dinge im Kopf zu behalten:

aa) Ab dem Zeitpunkt Z3 sind die Anreize für die Geschäftsführer (und die Gesellschafter), unangemessen riskante Geschäfte durchzuführen, am größten, weil sie ab diesem Zeitpunkt de facto nur noch mit dem Geld der Gläubiger wirtschaften (denn bei einer Liquidation stünde ihnen ja nichts mehr zu). Wenn man so will, „gehört“ ab diesem Zeitpunkt das Unternehmen wirtschaftlich bereits den Gläubigern. Sie sind jetzt die alleinigen „Kapitalgeber“, da die Passiva die Aktiva übersteigen und nicht umgekehrt.

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bb) Wenn der Zeitpunkt Z3 wirklich eingehalten wird und in diesem Moment das Insolvenzverfahren beginnt, dann wirkt das auf die Überlegungen der Gesellschafter zurück, wieviel Eigenkapital sie in der Satzung als Grund- oder Stammkapital festlegen und demzufolge in die Gesellschaft investieren. Der Grundsatz der Eigenkapitalerhaltung stellt sicher, dass die Gesellschafter im Zeitpunkt Z3 tatsächlich Geld verloren haben. Denn was sie sich zuvor während einer Unterbilanz herausgenommen haben, müssen sie ja zurückzahlen.

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Lösung zu Fall 11: I – G auf Zahlung von 10.000 € aus § 31 Abs. 1 GmbHG

Voraussetzung dafür ist zunächst, dass eine Zahlung an G in Höhe von 10.000 € vorliegt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nicht allein auf die Geldzahlungen von 2 mal 5.000 € abgestellt werden kann, sondern die Beratungsleistung aus dem Beratungsvertrag mit in den Blick zu nehmen ist. Eine „Zahlung“ liegt im Falle eines Austauschvertrags nur dann vor, wenn Leistung und Gegenleistung sich wirtschaftlich nicht entsprechen. Das ist hier allerdings der Fall, da G für die 10.000 € keine nennenswerte Leistung erbracht hat.

Diese Zuwendung ist nur dann den „Vorschriften des § 30 zuwider geleistet“, wenn sich die GmbH zum Zeitpunkt der Zuwendung in der Unterbilanz befunden hat. Auch dies ist nach dem Sachverhalt anzunehmen, da die Unterbilanz erst nach den Zahlungen beseitigt wurde. Selbst wenn die Unterbilanz aber bereits Ende des Jahres 2004 beseitigt worden wäre, könnte ein Verstoß gegen § 30 GmbHG mit der Begründung bejaht werden, dass bereits mit Abschluss des Vertrags ein zivilrechtlich (nicht: kapitalerhaltungsrechtlich) wirksamer Anspruch des G gegen die X-GmbH entstanden war, der – weil ihm kein wirtschaftlich wertentsprechender Gegenanspruch der GmbH gegenüberstand – das Vermögen der GmbH um 10.000 € minderte.

Der Anspruch aus § 31 GmbHG könnte jedoch am Ende des Jahres 2005 (mit der Beseitigung der Unterbilanz) wieder entfallen sein. Diese Frage ist umstritten und der BGH hat im Laufe der Zeit unterschiedliche Antworten gegeben. Dazu folgendes Schaubild:


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Der BGH hatte sich bereits zweimal mit genau dieser Fallkonstellation zu befassen.

BGH 1987:[22] Wenn die Unterbilanz später (nach der Zuwendung) wieder überwunden wird (z.B. durch Gewinne der Gesellschaft), können die Gläubiger durch die frühere Auszahlung nicht mehr nachteilig betroffen sein. Also entfällt der Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft aus § 31 Abs. 1 GmbHG.

BGH 2000:[23] Der einmal entstandene Erstattungsanspruch der GmbH aus § 31 könne durch „derartige Überlegungen“ nicht wieder wegfallen.

In der zweiten Entscheidung fällt die rein formale Argumentation des BGH auf. Der BGH will offenbar etwas für den Gläubigerschutz in der GmbH tun. Je nachdem, für welche Auffassung man sich entscheidet, ist der Anspruch des I gegen den G zu bejahen oder zu verneinen.

Teil 3 Gläubigerschutz§ 5 Grundfragen und Prinzip der Kapitalerhaltung › VI. Details zur Kapitalerhaltung

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