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3. Darlehensgewährung an Gesellschafter und Aktiventausch
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Solange der Darlehensnehmer kreditwürdig, das Darlehen gesichert und der Zinssatz marktüblich ist, liegt keine Zuwendung vor und damit keine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Vielmehr hat die Gesellschaft nur Aktiva (Bargeld) gegen andere Aktiva (Rückforderung der Valuta aus dem Darlehensvertrag) getauscht. Das meint das Gesetz mit „vollwertigen Rückgewähranspruch“ in § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG.
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Aktiventausch bilanziell gesehen:
Bilanz vorher: | Aktiva | Passiva | |
500.000 (Geld) | 100.000 (SK) | ||
400.000 |
Bilanz nachher: | Aktiva | Passiva | |
450.000 (Geld) | 100.000 (SK) | ||
50.000 (Forderung) | 400.000 |
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Die Frage der Kapitalerhaltung und der bilanziellen Betrachtung bei Darlehen an Gesellschafter ist höchst problematisch.[25] Das Problem ist einerseits, dass der Gesellschaft durch Darlehen zwar nicht notwendig Vermögen, wohl aber Liquidität entzogen wird. Dieser Abzug von Liquidität kann gegen das Gesellschaftsinteresse verstoßen, wenn die Gesellschaft im konkreten Fall auf die Liquidität angewiesen war. Deshalb hatte der BGH noch im Jahr 2003 solche Darlehen als „Auszahlung“ behandelt.[26] Mit der Neuformulierung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG (und entsprechend auch des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG) hat der Gesetzgeber freilich eine Behandlung als Aktiventausch quasi vorgeschrieben, daraufhin hat der BGH seine Rechtsprechung geändert.[27] Zum zweiten kann in dem Darlehen auch bei bilanzieller Betrachtung durchaus eine Vermögensminderung zu sehen sein. Das ist sofort offenbar, wenn ein zu geringer (unter dem marktüblichen) Zinssatz vereinbart wird. Die Zuwendung liegt dann aber nur im Zinsunterschied.[28]
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Darüber hinaus kann ein Vermögensabzug vorliegen oder später entstehen, wenn der Gesellschafter selbst nicht ausreichend zahlungsfähig oder überschuldet ist oder später wird, so dass die Rückzahlung des Darlehensbetrags gefährdet ist, soweit das Darlehen nicht ausreichend besichert ist. All dies kann zwar theoretisch in einer Bilanz berücksichtigt werden. Das setzt aber voraus, dass die Gesellschaft täglich die Forderung gegen den Gesellschafter neu bewertet, seine Kreditwürdigkeit überprüft und die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung des Kredits feststellt. Genau dies wird praktisch nicht geschehen, schon weil es zu aufwendig ist. Gleichwohl hat der BGH in dem angesprochenen Urteil solches für die Rechtslage in der AG von dem Geschäftsleiter verlangt (lesen!).[29] Der BGH nimmt nunmehr schon dann einen bloßen Aktiventausch an, wenn die Kreditwürdigkeit im Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens an den Gesellschafter nicht zweifelhaft ist. Hier im Fall ist die Kreditwürdigkeit aber mehr als zweifelhaft, siehe dazu unten Rn. 221.
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Hinweis:
In einer Klausur muss ein Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG geprüft werden und im Rahmen dieses Anspruchs der Verstoß gegen § 30 GmbHG incidenter, d.h. im Rahmen des Tatbestands des § 31 Abs. 1 GmbHG, erörtert werden (Zahlungen, die § 30 zuwider geleistet sind).