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Die Verpflegungstüte

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Einmal holten mich meine Pflegeeltern erst am Sonnabend ab. Darüber war ich nicht traurig. Im Gegenteil, denn am Freitag hatte ich schon die Verpflegungstüte erhalten. Sie hatte jedes Mal den gleichen Inhalt: eine lange harte Wurst, 250 Gramm Butter und ein ganzes Brot. Diese Tüte erhielten neuerdings alle Kinder, die an den Wochenenden zu Pflegeeltern fuhren.

Bald darauf hatten fast alle Kinder Pflegeeltern. Ich glaubte nicht an die plötzlich aufkommende Kinderliebe, sondern daran, dass es an den Tüten lag, dass sich so viele Eltern fanden.

Mit meinen drei besten Freundinnen versteckte ich mich im Gebüsch, und wir rissen gierig die Tüte auf. Es machte wahnsinnigen Spaß, einfach in das Brot zu beißen. Endlich konnten wir uns mal richtig satt essen.

Wir bettelten oft vor Hunger bei den Küchenfrauen um Essen. Zwei von ihnen, Tante Meta und Tante »Lapaloma« (sie sang immer das Lied »La Paloma, ohé«), steckten uns manchmal etwas Essbares zu. Sie waren lustige dicke Frauen, die im Notfall aber auch ernst und streng sein konnten. Das restliche Küchenpersonal wechselte genauso häufig wie die Erzieher. Tante Meta und Tante Lapaloma gehörten zu uns, deswegen mochten wir sie sehr.

Am nächsten Tag sagte ich zu meinen Pflegeeltern, es habe keine Verpflegungstüte gegeben. Meine Pflegemutter fragte nicht bei den Erziehern nach. Von diesem Tag an hockten wir öfter mit den Tüten im Gebüsch. Jede von uns musste einmal ihre Tüte opfern.

Weinen in der Dunkelheit

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