Читать книгу Weinen in der Dunkelheit - Ursula Burkowski - Страница 34

Toro

Оглавление

Nach dem Krieg waren Frauen aus Überzeugung in das Kinderheim gekommen, um uns mit Liebe und Fürsorge zu helfen. Kurze Zeit erlebte ich in der ersten Klasse eine wirklich barmherzige Erzieherin.

Frau Nöte kümmerte sich besonders um einen Jungen, der als einziges Kind im Heim ein Farbiger war. Er hieß Toro. Seine Mutter, eine Deutsche, hatte ihn gleich nach der Geburt im Krankenhaus gelassen. Sie wollte das schwarze Kind nicht und flüchtete in den Westen. Infolge seiner Hautfarbe genoss er eine Sonderstellung bei den Erwachsenen. Für sie war er das niedliche Krausköpfchen. Er wurde ständig bevorzugt, und das brachte einige Kinder so in Wut, dass sie eines Tages aus ihm einen Weißen machen wollten. Sie klauten aus der Küche Mehl und bestäubten ihn damit von Kopf bis Fuß. Obwohl ich es gemein fand, musste ich bei seinem Anblick lachen. Wäre nicht Frau Nöte rechtzeitig gekommen, wer weiß, was die Großen mit ihm noch gemacht hätten. Sie trug ihren Namen »Nöte« nicht zu Unrecht.

In den späteren Jahren wechselten die Erzieher häufig. Es trafen die ersten Pädagogen mit dem Examen von den Lehrerinstituten in der Tasche ein. Die wenigsten von ihnen interessierten sich wirklich für uns. Sie wollten nur ihre »Pflichtjahre« bei uns abarbeiten, wodurch sie eine Aufenthaltsgenehmigung für Berlin erhielten. Hatten sie ihre drei Jahre absolviert, verschwanden sie wieder. Wir wurden älter und die Erzieher ständig jünger. Alle unternahmen den Versuch, uns zu sozialistischen Persönlichkeiten zu erziehen, scheiterten aber an ihren eigenen menschlichen Schwächen.

Als junge Mädchen bemerkten wir jede Veränderung an unseren Erziehern. Es dauerte nicht lange, und wir wussten, welcher Lehrer mit welcher Erzieherin kramte. Mit der Zeit betrachteten wir sie nur noch als Notwendigkeit, die eben zum Heim gehörte.

Weinen in der Dunkelheit

Подняться наверх