Читать книгу Hexenzauber, Göttinnen und weiße Magie - Ursula Karven - Страница 7

Оглавление

Vorwort 31. Dezember 2020


Langsam rücken die Zeiger der Uhr nach vorn. Noch 30 Minuten bis Mitternacht, noch 20 Minuten, jetzt sind es nur noch fünf Minuten. Dann steht der Jahreswechsel an. Silvester ist ein Fest, das mich schon immer fasziniert hat – im guten Sinne in Form von Ausgelassenheit und Loslassen wie auch manchmal im schlechten Sinne in Form von gruppendynamischem Zwang. Ein Ritual, das rund um den Globus Milliarden von Menschen vollziehen.

Gut, es gibt Ausnahmen, nämlich bei all jenen, die einem anderen Kalender folgen, als wir es tun. Unsere Zeitrechnung verdanken wir übrigens einem römischen Mönch, der vor rund 1500 Jahren lebte und sich ganz der Aufgabe widmete, den genauen Zeitpunkt von Jesu Geburt auszurechnen. Er kam aufs Jahr 754 nach der Gründung von Rom und schlug dieses Datum als Ausgangspunkt für die neue Zeitrechnung vor. Allerdings legte er auf Jesu erstes Lebensjahr die Zahl Eins – aus dem schlichten Grund, dass in der römischen Zählweise keine Null vorkommt. Daran erkennen wir schon, dass wir den Zahlen nicht wirklich vertrauen dürfen. Ohnehin stellt jede Kultur ihre eigene Rechnung auf: Für das Judentum schreiben wir jetzt, da ich diese Worte auf Papier bringe, das Jahr 5781. Muslime befinden sich im Jahr 1442. Und zu der Zeit, als mein Blick dem Zeiger der Uhr folgte, zeigte das Kalenderblatt das Jahr 2020 an. In fünf – jetzt nur noch vier – Minuten würde es auf das Jahr 2021 wechseln. Überall auf der Welt knallen dann die Sektkorken. Menschen liegen sich in den Armen und wünschen sich fürs neue Jahr das Allerbeste. Aber jetzt hier in Berlin steht das Brandenburger Tor ganz verwaist da. Ich selbst bin auch auf keiner Party, sondern mit meinen Tieren zu Hause. Sie werden von diesem seltsam stillen Silvester 2020 profitieren. Die große Knallerei fällt aus – was für die Tiere und die Umwelt eine enorme Erleichterung ist. Uns Menschen dagegen wird dieses erste verbindende Ritual des neuen Jahres fehlen, weil ein Virus unser Leben verändert hat. Ich bin gespannt, was das Virus noch alles mit uns macht.

Doch in diesem Jahr ist alles anders.

Stehen Rituale wie Silvester überhaupt noch für etwas, oder pflegen wir sie nur aus Gewohnheit? Vielleicht stellen wir im Laufe des Jahres fest: Moment mal, da fehlt uns wirklich was! Wie ist es mit den ausgefallenen Osterprozessionen, den Begräbnissen, bei denen Familien nicht anwesend sein dürfen, und all den verschobenen Hochzeiten? Wie ist das mit dem Mann oder der Frau, die nach dreißig, vierzig Jahren Arbeit in den Ruhestand gehen, und niemand ist da, der diesen wichtigen Übergang mit ihnen begeht?

In diesem Moment rückt der Zeiger auf Mitternacht vor. Die erste Minute des Jahres 2021 beginnt. Und in genau diesem Augenblick fasse ich einen Entschluss: Ich werde mich im kommenden Jahr intensiv mit Ritualen und Essenzen beschäftigen. Die Zeit will es so, und ich will es auch: Ich möchte herausfinden, welche Rituale uns noch wichtig sind, welche wir vergessen haben und wie Rituale uns helfen können, durch eine Zeit zu kommen, die so anders ist als alles, was wir kennen. Was können wir im kleinen Kreis oder privaten Rahmen tun, wenn ein Massenritual wie Silvester buchstäblich ausfällt?

Stehen Rituale noch für etwas, oder pflegen wir sie nur noch, weil wir es gewohnt sind?

Das sind die ersten Fragen, die mir durch den Kopf gehen – und so sehen mich die ersten Minuten des neuen Jahres am Tisch sitzen, mit einem Block vor mir und einem Kugelschreiber in der Hand.

In den letzten Monaten war schon zu spüren, dass sich etwas Grundlegendes in unserem Land, ja auf der ganzen Welt veränderte. Die Pandemie hatte zur Folge, dass unser ganzes System ins Wanken geriet. Vieles, was wir zeitlebens gekannt und auf das wir uns verlassen hatten, war nun neu, anders und nicht mehr verlässlich. Für zahlreiche Menschen brach eine Zeit noch nie dagewesener Unsicherheit an, die uns bis ins Mark erschütterte.

Wie gehen wir zuversichtlich ins Ungewisse?

Wenn ein System kippt, kann es nicht so leicht wieder zurückgekippt werden – damit beschäftigt sich gerade die gesamte Wissenschaft. Was können wir selbst tun? Die Vergangenheit zu beklagen hilft uns nicht weiter. Eine unsichere Zukunft zu planen ebenfalls nicht. Jetzt heißt es mehr denn je, in der Gegenwart zu leben. Das »Jetzt«, das »im Moment sein«, »den Augenblick genießen« – das sind unsere Rettungsanker, wenn sich ein System verabschiedet und ein neues System beginnt. Was dieses bringen wird, weiß niemand, auch wenn es in diesen Tagen viele Propheten gibt, die das behaupten. Wer allerdings ganz und gar in der Gegenwart lebt, der braucht diese Propheten gar nicht. Der weiß und spürt von tief innen heraus, auf was es jetzt gerade ankommt.

Mir kommt in den Sinn, dass mich Menschen, die mich gut kennen, so manches Mal »Heilerin« nennen, weil sie wissen, wie sehr mir die Verbindung mit magischen Pflanzen- und Tierwelten am Herzen liegt und wie sehr ich an die heilenden Kräfte der Pflanzen glaube. Wie auch all jene Frauen, die Jahrhunderte vor mir an Pflanzenheilkräfte glaubten und die es nicht so gut hatten wie ich, weil sie von Hexenjägern – wie dem aus Rottweil stammenden Johannes Spreter – gequält und umgebracht wurden. Einer der Schlimmsten seiner Sorte war der Dominikanermönch Heinrich Kramer, der den »Hexenhammer« verfasste. Mit diesem »malleus maleficarum« folgte er einem Befehl von Papst Innonzenz VIII., der 1484 die Inquisition von Personen befohlen hatte, die der Hexerei verdächtigt wurden. Von nun an war der Denunziation Tür und Tor geöffnet. In dieser Zeit großer sozialer Unterschiede, mit existenzbedrohenden Ereignissen wie Missernten, wirtschaftlichen Krisen und Seuchen, waren es vor allem die Armen, die Bettler oder nicht der Norm entsprechenden Personen, die unter Verdacht gerieten, mit dem Teufel im Bunde zu sein. Manchmal genügte es, eine Frau mit grünen Augen zu sein, eine Heilerin, eine Hebamme oder einfach nur schön zu sein, wie Simone de Beauvoir schon feststellte. Die Folge war die »peinliche Befragung«, also die Folter, und der Tod durch das Feuer.

Gott sei Dank ist diese schreckliche Zeit vorbei, doch ich spüre den großen Wunsch, die Kraft der alten Bräuche, Rituale und Essenzen wiederzuentdecken und in unserem modernen, schnellen Leben zu nutzen. Ich wünsche mir, dass dieses Wiederentdecken diesem Buch Kraft und Energie schenken wird. Denn so viel sei schon verraten: Dafür ist das Wissen ja da, das uns die alten Göttinnen, ihr Zauber und ihre weiße Magie schenkten: Sie wollten uns helfen, uns leiten und uns Halt geben.

Aus diesem Grund habe ich auch beschlossen, dieses Buch im Jahreskreis aufzubauen. Es soll uns jeden Monat, jede Woche und jeden Tag daran erinnern, wo wir gerade stehen. Sie können das Buch von vorn bis hinten durchlesen, und Sie können die wichtigsten Dinge auch in den jeweiligen Monaten immer wieder nachschlagen.

Ich bin im Sternzeichen der Jungfrau geboren, und man sagt mir einen gewissen Ordnungssinn nach. Bei mir führt er dazu, dass ich heute schon darüber nachdenke, was morgen alles zu tun ist. Übertragen auf das Buch möchte ich Ihnen gern ans Herz legen, falls Sie die Kapitel nicht auf einen Rutsch durchlesen: Schauen Sie trotzdem schon mal nach, was im nächsten Kapitel auf Sie zukommt. Das lohnt sich auch deshalb, weil Sie dadurch vorbereitet sind. Manchmal brauchen Sie nämlich etwas Bestimmtes für ein Ritual, und es wäre doch schade, wenn dann Hektik ausbricht. Was Sie übrigens immer parat haben sollten, sind schöne Kerzen.

Kerzenmagie fürs ganze Jahr

Kerzenschein und Kerzenglanz werden uns das ganze Jahr über begleiten, denn ich liebe Kerzen und die Magie, die sie verbreiten. Deshalb schaffe ich mir Anfang des Jahres immer zwölf besonders ausgewählte Kerzen an. Meine sind in einer Größe, von der ich weiß, dass die Kerze einen Monat lang hält, wenn ich sie täglich entzünde. Ich wähle die Farbe Weiß, weil ich die Kerze farblich dem jeweiligen Monat anpassen möchte. Es macht große Freude, diese Kerzen bunt wie einen Regenbogen zu gestalten: Meine Mai-Kerze wird oft grün, die im August male ich meistens gelb an, im März wähle ich die Farbe Rot. Das soll aber keine Regel sein: Nehmen Sie einfach die Farben, nach denen Ihnen der Sinn steht. Mit Kerzenmalstiften, die es im Bastelladen gibt, schreibe ich zu Beginn des Monats ein Wort auf die Kerze, das mich wie ein Motto durch die Tage begleitet. Zum Beispiel wähle ich das Wort »Loslassen« für den Januar, »Mut« für den Februar und »Neuanfang« für den März, da sich bei mir in diesem Monat die Lebensgeister wieder besonders zu regen beginnen.

Hexenzauber, Göttinnen und weiße Magie

Подняться наверх