Читать книгу Warum ich nicht mehr fliegen kann und wie ich gegen Zwerge kämpfte - Ursula Strauss - Страница 17

WO DIE ZWERGE WOHNEN

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Der Krampus, dieses lebendig gewordene Teufelsbildnis, war meine persönliche Hölle. Der Krampus mit dieser Larve, der rasselnden Kette, und diese schrecklichen Geräusche, die sie alle immer machen mussten, um die »Krampushaftigkeit« zu verstärken. Ein Horror. Ich hatte wahnsinnige Angst!

Wenn der Krampus kam, flippte ich in einer Art und Weise aus, die für alle, die dabei waren, höchst befremdlich gewesen sein muss. Wahrscheinlich fürchtete sich sogar der Krampus selbst vor meinem Geplärre, denn um mich zu beruhigen, zog er seine Maske vom Gesicht. Ich sah dann, dass ein Mensch aus der Siedlung dieser Krampus war, und der Krampus eigentlich nur eine Maske. Das war aber wurscht, völlig sinnlos in meinem Fall, weil meine Fantasie mit mir Amok lief: Der Mensch, der da vor mir stand, hielt jetzt die Maske in der Hand, war also ein geköpfter Krampus. Somit war er zwei Personen, ein Krampus und ein Mensch, der ein Krampus ist, sich überdies nach Belieben den Kopf abreißen kann, was alles nur noch schlimmer machte. Ab diesem Zeitpunkt war mir auch der Mensch im Krampus suspekt.

Den Nikolo mochte ich auch nicht. Sein erster Fehler bestand darin, dass er den Krampus dabeihatte. Sein zweiter Fehler war, dass er im Kindergarten Schokobrezeln brachte, die mir überhaupt nicht schmeckten. Ich konnte diesem Mann nur misstrauen. Meine Gefühle für ihn entsprachen ungefähr dem Gesichtsausdruck, den ich auf dem Foto habe.

Beide, sowohl Krampus als auch Nikolo, gehörten neben sehr vielen anderen zu jenen Wesen, mit denen ich als Kind kämpfte. Das war lange Zeit gar nicht gut. Schon von frühesten Kindesbeinen an war mein kleines Ich mit einem Vorstellungsvermögen ausgestattet, das mir selbst mitunter zu viel wurde. Womit ich heute mein Geld verdiene, war für mich als Kind eine absolute Qual. Sogar mit Kindermaßstäben gemessen, war ich außerordentlich begabt darin, Dinge zu sehen, von denen die anderen – Erwachsene natürlich, Kinder weniger, aber auch – behaupteten, das bilde ich mir ein. Von wegen! Ich habe diese Dinge ja gesehen. Sehr deutlich ereigneten sich vor mir die irrsinnigsten Sachen. Meine Umgebung lebte – und ich bebte.

Bis zu meinem zwölften Lebensjahr wurde ich regelmäßig Punkt Mitternacht munter, und dann kamen sie. Alle haben mich besucht. Jede Nacht.

Das erste Problem war, ich musste ins Schlafzimmer meiner Eltern. Der Weg dorthin war dunkel. Sehr böse waren zum Beispiel die Gorillas im Kleiderschrank meiner Eltern, überdimensional groß und wahnsinnig brutal. Sie wurden abgelöst von Dracula, der sich über mich beugte, mich beißen wollte und den ich nur durch ständiges Augen-Auf-und-Zumachen vertreiben konnte.

Es gibt ein Gedicht von Christine Nöstlinger, das sie für mich geschrieben haben muss, es heißt Vua lauter Aungsd.

Warum ich nicht mehr fliegen kann und wie ich gegen Zwerge kämpfte

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