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Ist der Gegenspieler nur »negativ« oder nur »böse«?

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Urteilen Sie selbst, liebe Leserinnen und Leser: Ich empfahl einer Frau, die Augen zu schließen, den Atem zu beobachten und auf den Gegenspieler zu warten. Noch hatte ich bis dahin keinem Imaginanden vorgeschlagen, sich in der Auseinandersetzung mit ihm vom Verbündeten begleiten zu lassen.

Ich empfahl der Frau, die alles andere als eine Versagerin war, gemeinsam mit ihrer Verbündeten dem Gegenspieler dorthin zu folgen, woher er gekommen war. (Erkennen wir den Ursprung einer destruktiven Kraft, verliert sie bereits ein Stück weit an Energie.) Sie hatte auf einem Berggipfel gestanden, der Gegenspieler auf einem ihr gegenüberliegenden Gipfel. Er hatte sie verspottet und verhöhnt: »Ich lasse dich nicht los. Du entkommst mir nicht. Du bist eine Versagerin. Versagt haben schon deine Eltern. Was denkst du denn, mit wem du es zu tun hast usw.?« (So oder ähnlich lauten fast alle Anklagen des Gegenspielers, ob sie uns bewusst werden oder nicht.)

Während sie ihm nachging, drehte er sich immer wieder um, um zu sehen, ob sie ihm auch folgte und Zeuge seines Elends war. Sein Gang wurde immer schleppender. Zunehmend verlor er an Kraft. Er zeigte sich in seiner ganzen Armseligkeit. Vor allem aber: Er deutete an, dass er von seinem unseligen Hass aufs Leben befreit sein wollte. (Heute sagte mir eine Imaginandin: »Der Gegenspieler kann sich nicht freuen, und er kann nicht traurig sein. Er kann nur ›miesmachen‹.«)

Ich frage: Kann es sein, dass der Gegenspieler, diese Personifizierung der Destruktivität in uns, Zeugen braucht für sein eigenes Unglück? Kann es sein, dass er letztlich von seinem Hass aufs Leben befreit sein möchte? Kann es sein, dass ihm eine geheime Sehnsucht nach Bejahung von Leben innewohnt? Und wenn das so wäre, was würde das über den persönlichen Bereich hinaus bedeuten: gesellschaftlich, politisch? Es würde sich lohnen, dieser Frage gründlich nachzugehen.

Der innere Gegenspieler

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