Читать книгу Giftiges Blut - Uwe Trostmann - Страница 11
ОглавлениеErkenntnisse
Zwei Wochen später führte der Weg die beiden Inspectoren erneut in die Forensische Abteilung. Kincaid war immer noch mit der Untersuchung des Skeletts beschäftigt, das um die dreißig Jahre in der Erde gelegen hatte.
„Kommen Sie rein. Schauen Sie mal. Der größte Teil ist ganz gut erhalten.“ Er schlüpfte in einen weißen Kittel, zog sich Gummihandschuhe über und entfernte ein Tuch, das über das Untersuchungsobjekt gelegt war. Foster warf nur einen kurzen Blick darauf. Ihr Magen begann zu rebellieren.
„Wissen wir schon etwas Genaueres zum Alter der Person?“
„Ich möchte es auf ungefähr 27 Jahre schätzen, plus minus ein, zwei Jahre. Haben Sie schon einmal bei Zahnärzten nachgefragt? Ach richtig, ich wollte Ihnen noch eine bessere Aufnahme vom Gebiss mitgeben. Und, Roberta, hier habe ich noch einen interessanten Fund: Die junge Frau kaufte einiger ihrer Kleidungs- und Wäschestücke bei einem Laden namens „Top Fashion“, die Etiketts sind noch gut lesbar. Schauen Sie mal.“
Dr Kincaid berichtete noch weitere Einzelheiten, die die beiden Inspectoren zum derzeitigen Zeitpunkt nicht als relevant ansahen.
Foster ging alleine ins Büro zurück, Brennan verließ das Haus. Fein, dann kann ich in Ruhe recherchieren, dachte sie und begann im Internet zu suchen. „Top Fashion“-Läden gab es mehrere im Umkreis von fünfzig Kilometern. Diesen Radius hatte sie sich erst einmal gesetzt. Mit sechs Firmennamen auf ihrem Notizblock ging sie online ins Handelsregister. Es musste eine Firma sein, die schon vor dreißig Jahren existierte, kombinierte sie. Das Resultat ihrer Suche war gleich null. Keine der Firmen oder Läden war schon so alt.
Also gut, Roberta. Dann eben bei denjenigen, die nicht mehr existieren, sagte sie sich. Nach weiteren zehn Minuten wurde sie fündig. „Top Fashion in Coventry“, das passte von der Entfernung. Die ehemalige Besitzerin war eine Eve Porter. Hoffentlich lebte die noch. Foster fand die Adresse, legte Brennan eine kurze Notiz auf den Schreibtisch und setzte sich in ihren Wagen.
Sie drückte den Klingelknopf an der Haustür. Erst einmal tat sich nichts. Sie drückte noch einmal. Von innen kamen Geräusche:
„Ja, ja, ich komme.“ Es hörte sich nach einer älteren Dame an.
„Was wünschen Sie?“ Eine kleine ältere Dame mit bläulichschimmernden Dauerwellen öffnete die Tür einen Spalt. „Ich kaufe nichts“, sagte sie.
„Ich bin Inspector Roberta Foster von der Kriminalpolizei in Birmingham. Hier ist mein Ausweis.“
Die vorsichtige Eve Porter nahm den Ausweis, schloss die Tür hinter sich und verschwand im Haus. Nach zwei Minuten öffnete sie wieder.
„Was wollen Sie wissen? Kommen Sie wegen dieser Nachbarin?“
„Nein, Ms Porter. Wegen etwas ganz anderem. Gehörte Ihnen früher der Laden Top Fashion?“
„Ja, aber das ist schon lange her.“
„Darf ich reinkommen? Ich denke, wir können uns in Ihrer Wohnung besser unterhalten.“
Eve Porter zögerte, doch sie ließ Foster hinein.
„Wir suchen eine frühere Kundin von Ihnen. Sie war vor dreißig Jahren etwa fünfundzwanzig Jahre alt, hatte vermutlich mittellange blonde Haare und hat außer Unterwäsche auch ein blaues Kleid bei Ihnen gekauft, das in etwa so aussah …“ Foster zeigte ihr ein Bild, das Tess ihr zur Verfügung gestellt hatte.
„Oh, wir hatten viele Kundinnen, die solche Kleider kauften.“
„Ich denke, es war jemand, der öfters kam. Sie hat ja auch die Unterwäsche bei Ihnen gekauft.“
„Woher wissen Sie das?“
„Von den Etiketten in ihren Kleidern. Die mögliche Kundin von Ihnen wurde ermordet. Und zwar schon vor etwa 30 Jahren.“
„Oh Gott.“ Eve Porter setzte sich erst einmal. Sie sah länger zum Fenster. Foster ließ sie überlegen.
„Das könnte Claire Glenn gewesen sein. Ich erinnere mich an sie. Sie kam öfters und dann eines Tages überhaupt nicht mehr. Ich erinnere mich auch deshalb, weil sie eine Bluse bestellt und nicht abgeholt hat. Ich habe mich noch gewundert und später eine Nachbarin von ihr gefragt. Und die hatte sie auch nicht mehr gesehen. Aber weggezogen war sie nicht.“
„Wo wohnte diese Claire Glenn?“
„Drüben in der Duke Street, in einem Eckhaus. Die Nummer weiß ich nicht. Das bekommen Sie aber bestimmt heraus.“
Foster verabschiedete sich und lief in die Duke Street. Das Eckhaus hatte die Nummer sieben. Sie läutete bei der ersten Wohnung. In der zweiten Wohnung wurde ihr geöffnet.
„Ja, wir erinnern uns. Wir sind damals neu eingezogen, die junge Dame wohnte über uns. Sie war immer schick gekleidet. Sie hat in Birmingham gearbeitet“, erzählten sie.
Foster setzte sich gut gelaunt in ihr Auto. Endlich hatte sie Anhaltspunkte, die sie überprüfen konnte. Fast schon überschwänglich betrat sie das Großraumbüro und lief sofort zu ihrem Schreibtisch. Im Einwohnermelderegister von Coventry wurde sie schnell fündig. Als Nächstes besorgte sie sich vom National Heath Service den Namen des Zahnarztes von Claire Glenn. Es gab einen Nachfolger, der sich bereit erklärte, das Archiv nach den Unterlagen von Claire Glenn zu durchsuchen.
Brennan stand unruhig hinter Foster, die noch telefonierte. Sie spürte Brennans Nervosität. Er wollte unterrichtet werden.
„Steve. Sie wollen sicherlich wissen, was ich herausbekommen habe.“
„Wird auch Zeit“, knurrte er.
„Bei unserer Toten könnte es sich um eine Claire Glenn handeln. Sie stammte aus Coventry. Ich habe den Laden entdeckt, bei dem sie offenbar ihre Kleidung gekauft hat. Auf den Rückruf des Zahnarztes warte ich noch. Falls die Unterlagen noch vorhanden sind, muss ich noch den Abgleich machen, mit dem, was Kincaid sieht.“
„Oh, sehr gut. Passt alles.“ Brennan ergänzte seine Notizen.
„Und ich habe noch etwas in den alten Unterlagen entdeckt“, fügte Foster mit einem Lächeln hinzu: „Vor 27 Jahren wurde ihr Wagen, abgestellt in der Nähe einer Bushaltestelle, gefunden.“
„Und niemand hat die Frau aufspüren können. Schauen Sie, was Sie weiter über sie herausbekommen.“ Brennan setzte sich wieder an seinen Schreibtisch und suchte halbherzig nach früheren Fällen mit einer ähnlichen Kennzeichnung der Opfer. Zwei Stunden später gab er auf, nahm Tasche und Mantel und fuhr nach Hause. Um sechs Uhr abends kam er sonst nicht oft in sein Haus zurück.